Amtsleiterbüro in Kirchberg am Walde
ORF/Thomas Koppensteiner
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Chronik

Gemeinden kämpfen mit Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel trifft nicht nur Unternehmen, auch immer mehr Gemeinden kämpfen damit, Personal zu finden. Vom Amtsleiter bis zum Bauhofleiter: Für viele Stellen gibt es oft lange Zeit keinen Nachfolger. Mit höheren Gehältern soll sich das nun ändern.

In Heidenreichstein (Bezirk Gmünd) hat es nun im zweiten Anlauf geklappt. Die Suche nach einem Nachfolger für den Stadtamtsdirektor war im Dezember eigentlich schon beendet. Doch der Kandidat, für den man sich entschieden hatte, zog kurz vor seiner Präsentation aus persönlichen Gründen zurück. Somit musste man in eine zweite Runde gehen. Neuer Stadtamtsdirektor wird nun mit Matthias Bauer ein gebürtiger Heidenreichsteiner.

„Wir haben Gott sei Dank rechtzeitig begonnen, weil sich der Prozess dann doch länger gezogen hat, als wir ursprünglich geglaubt hätten“, sagt Bürgermeisterin Alexandra Weber (SPÖ) im Gespräch mit noe.ORF.at. „Man hört zwar generell rundherum auch bei Firmen, dass es sehr, sehr schwierig ist, qualifiziertes Personal zu finden. Dass es so lange dauert und so schwierig wird, hätte ich ehrlich gesagt nicht gedacht.“

Unterstützung von externer Recruitingfirma

Die erste Ausschreibung war bereits im Juni des Vorjahres erfolgt, damals noch unter Webers Vorgänger. Die Stelle wurde u.a. im Stadtmagazin, im Amtsblatt, auf der Amtstafel und auf der Homepage inseriert. „Wir mussten dann aber relativ schnell erkennen, dass wir doch professionelle Unterstützung brauchen und haben uns eine Recruitingfirma ins Boot geholt, die dann eine größere Anzahl an Bewerbungen gebracht hat“, so die Bürgermeisterin.

Der künftige Stadtamtsdirektor, Matthias Bauer, war zuvor im Bankensektor tätig und wird seinen neuen Job im August antreten. „Ich denke, dass die Rahmenbedingungen schon sehr gut sind. Ich erspare mir 40 Minuten Fahrzeit am Tag, ich kann mich in der Gemeinde einbringen, in der ich wohnhaft bin und ich werde auch greifbarer für meine Familie“, so der zweifache Vater gegenüber noe.ORF.at.

neuer Amtsleiter in Heidenreichstein, Matthias Bauer
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Suche abgeschlossen: Matthias Bauer wird neuer Stadtamtsdirektor in Heidenreichstein

Dass er gegenüber seinem vorigen Job Gehaltseinbußen in Kauf nehmen muss, ist für Bauer kein großes Thema. „Ich werde nicht am Hungertuch nagen. Es ist für mich so wie es ist absolut super. Ich schätze die Lebensqualität und darum war die Entscheidung für die Gemeinde.“ Mit dem Budgetvoranschlag für das nächste Jahr und die im Jänner anstehende Gemeinderatswahl kommen auf den neuen Stadtamtsdirektor jedenfalls gleich einige große Herausforderungen zu.

Die schwierige Personalsuche wird in Heidenreichstein aber wohl auch in Zukunft Thema bleiben. Die Stadtgemeinde beschäftigt etwa 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – von der Schule und dem Kindergarten über den Bauhof bis zur Verwaltung und den Reinigungskräften. „Wir haben in den nächsten Jahren sicher Bedarf, qualifiziertes Personal zu finden, weil auch unser Bauhofleiter und unser Kassenverwalter in Pension gehen werden. Hier wird sich einiges tun“, erzählt die Bürgermeisterin.

Frühe Suche in Kirchberg am Walde

Rund 20 Kilometer entfernt, in Kirchberg am Walde (Bezirk Gmünd), geht der Amtsleiter, immerhin seit fast 20 Jahren in dieser Funktion, zwar erst 2027 in Pension, die Gemeinde hat aber schon im Vorjahr die Suche nach einem Nachfolger eröffnet. „Wenn man vielen anderen zuhört, dann weiß man, dass es nicht einfach ist, die passenden Personen zu bekommen, auch im Bereich des Bauhofs und so weiter“, sagt Bürgermeister Karl Schützenhofer (ÖVP) gegenüber noe.ORF.at. „Früher gab es eine Liste von Bewerbungen, das gibt es heute nicht mehr.“

Die Gemeinde hatte ihr Glück zunächst über Anzeigen in Jobbörsen versucht, die Suche nach einem neuen Amtsleiter schließlich aber auch in die Hände einer Personalrecruitingfirma gelegt. „Anfangs ist nichts gekommen“, sagt der Bürgermeister, nach und nach seien einige Bewerbungen eingetrudelt, von denen nun etwa drei weiterverfolgt werden. Erste Gespräche hätten bereits stattgefunden.

Amtsleiter in Kirchberg am Walde
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Suche noch offen: Kirchbergs Amtsleiter Thomas Steininger geht 2027 in Pension, für ihn wird schon jetzt ein Nachfolger gesucht

Der Amtsleiter hat in der kleinen Gemeinde mit 1.300 Hauptwohnsitzern ein riesiges Aufgabengebiet: vom Ausstellen der Meldezettel über das Bauamt, die Buchhaltung bis hin zu Trauungen am Standesamt. Warum sich niemand Passender für seinen Job interessiere? „Weil momentan die Bezahlung oft wirklich nicht die beste ist“, sagt Amtsleiter Thomas Steininger. Das Positive an seiner Arbeit sei, dass man „immer wieder mit der Bevölkerung in Kontakt ist – ob positiv oder negativ. Man lebt mit den Vereinen mit, der Tagesablauf ist immer wieder ein anderer und bringt immer wieder neue Aufgaben mit sich.“

Höhere Einstiegsgehälter ab 2025

Auch in anderen Gemeinden in Niederösterreich ist der Fachkräftemangel ein Thema. Der Präsident des Österreichischen Gemeindebundes und Bürgermeister von Ardagger (Bezirk Amstetten), Johannes Pressl (ÖVP), spricht gegenüber noe.ORF.at von einem „großen Thema“, das aber „nicht in allen Gemeinden brennt“. Hauptsächlich betreffe es kleinere Gemeinden, die kaum Personalfluktuation hätten und in denen es daher teilweise zu Überalterung komme.

Pressl sieht das neue Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz als wichtige Maßnahme im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Es tritt Anfang 2025 in Kraft und legt höhere Einstiegsgehälter fest. Handlungsbedarf sieht er aber auch im Bereich der Ausbildung im Gemeindedienst, ebenso müsse man die Vorzüge im Gemeindedienst transparenter machen: nicht nur das Gehalt, sondern auch die geregelteren Dienstzeiten, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und klare Pausenregeln, so Pressl.

Der Präsident des Sozialdemokratischen GemeindevertreterInnenverbandes NÖ (GVV NÖ) und Bürgermeister von Ternitz (Bezirk Neunkirchen), Rupert Dworak (SPÖ), sieht den Fachkräftemangel als „Riesenthema in den Gemeinden“. Betroffen seien sämtliche Jobs – vom EDV-Bereich über die Buchhaltung bis zu den Wirtschaftshöfen und Abwasserverbänden. Dworak erwartet ebenfalls Verbesserungen durch das neue Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz. Die Löhne und Gehälter würden „um bis zu 20 Prozent angehoben“, damit könne man mit der Privatwirtschaft in Konkurrenz treten, so Dworak.