„Ein Ort am Wort“

Windkraft: Stürmische Debatte im Waldviertel

Am Sonntag können mehr als 10.000 Menschen im Waldviertel über den Bau von Windrädern abstimmen. Dass die Windkraft mitunter zu heftigen Debatten führt, zeigte sich auch beim ORF-NÖ-Diskussionsformat „Ein Ort am Wort“ in Schwarzenau (Bezirk Zwettl).

In Niederösterreich stehen aktuell 800 Windräder. Die meisten davon befinden sich im Osten des Landes, konkret in den Bezirken Mistelbach, Gänserndorf und Bruck an der Leitha. Dass jetzt auch im Bezirk Waidhofen an der Thaya in fünf Gemeinden 18 Windräder mit jeweils einer Gesamthöhe von 260 Metern gebaut werden sollen, sorgt in der Bevölkerung für Unmut.

Mit einer Unterschriftenaktion hatte man sich zuletzt gegen den Bau der Windräder stark gemacht, nun sind die Bewohnerinnen und Bewohner der betroffenen Gemeinden Waidhofen an der Thaya, Groß-Siegharts, Waidhofen an der Thaya-Land, Thaya und Karlstein (alle Bezirk Waidhofen an der Thaya) am Zug. Am Sonntag können sie bei einer Volksbefragung ihre Stimmen abgeben. Die Bürgermeister kündigten im Vorfeld an, das Ergebnis der Befragung ab einer Wahlbeteiligung von 50 Prozent als bindend betrachten zu wollen.

„In diesen Zonen, die derzeit speziell befragt werden, gibt es ausreichend Wind und es wäre schade, wenn wir die Möglichkeiten zur Nutzung dieser Energie nicht ergreifen würden“, so Arnold Kainz, Leiter für Projektentwicklung bei der Betreibergesellschaft W.E.B. Die Zonen, in denen Windräder gebaut werden dürfen, seien vom Land festgelegt worden.

Ein Ort am Wort Windkraft Waldviertel
ORF/Puchinger
Mehr als 170 Menschen nahmen an der Diskussionsveranstaltung im Waldviertel teil

„Sind für Windkraft, aber nicht im Wald“

Michael Moser, Sprecher der IG Waldviertel, kann Windrädern im Waldviertel nichts abgewinnen. Er verweist dabei auch auf den Natur- und Tierschutz. „Das heißt, wir haben hier Arten, die es sonst nirgendwo gibt. Es gibt eine Vogelart, die gibt es fünf Mal in Österreich und die gibt es hier bei uns im Waldviertel.“ Moser kündigt an, dass man die Projekte auch im Fall einer Umweltverträglichkeitsprüfung bekämpfen werde.

Auch Thomas Kainz von der Bürgerinitiative „Lebenswertes Waldviertel“ sprach sich gegen die Windprojekte im Waldviertel aus. „Wir sind nicht gegen Windkraft, das wird immer suggeriert. Wir sind für Windkraft, aber nicht im Wald.“ Ebenso führte er aus, dass Biodiversität mindestens genauso wichtig sei wie die Klimakrise. „Das wird immer unter den Tisch gekehrt“, so Kainz.

Othmar Schlager, der als Umweltmediator tätig ist, schilderte von seinen Erfahrungen, wie er sie oft bei Diskussionen erlebt habe. Das Argument, das dabei oft gebracht wird, sei: „Ich bin für die Windkraft, aber nicht bei uns. In Waidhofen haben sie gesagt, baut sie in Horn. Da ist es eh schon wurscht. In Horn haben sie gesagt, baut sie in Hollabrunn, da ist es wurscht. Dort wiederum haben sie gesagt, baut sie in Gänserndorf, da ist es eh schon wurscht, aber nicht bei uns.“ Christine Kiesenhofer aus dem Weinviertel sah das ähnlich: "Bei uns sind Windräder selbstverständlich. Gott sei Dank. Und ich finde es eigentlich schlimm, wenn das Waldviertel sagt: „Baut sie im Weinviertel, aber im Waldviertel nicht.’“

Waldwindkraft sei „Selbstverständlichkeit“

Manfred Maier, Obmann einer Umweltorganisation, meinte, dass die Windkraftgegner nur abgestempelt würden mit den Worten, sie seien dagegen. „So einfach ist das nicht, da müssen wir differenzieren“, forderte Maier. Auf die Frage, ob die Windräder im Waldviertel gebaut werden sollen, meinte er: „Nein, natürlich sollen sie nicht gebaut werden, weil eben die Windkraftstandorte im Wald nicht naturverträglich sind.“

Ein Ort am Wort Windkraft Waldviertel
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Zahlreiche Menschen meldeten sich in der Diskussion mit Werner Fetz zu Wort

Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft, wollte dieses Argument wiederum nicht gelten lassen. Er zeigte Verständnis für die Sorgen und Befürchtungen, allerdings verwies er auf bestehende Projekte. „Waldwindparks sind weltweit, in Europa und auch in Österreich eine Selbstverständlichkeit. Die gibt es seit Jahrzehnten. Wir haben in Niederösterreich, aber auch in Oberösterreich schon vor 20 Jahren Windkraftanlagen in den Wald gestellt“, so Moidl.

Stefan Zach, Unternehmenssprecher bei der EVN, wiederum reagierte auf die Sorge, dass die Netze schon jetzt instabil seien und durch neue Windkraftanlagen weiter belastet würden. „Diese Befürchtung ist unbegründet, wenn man rechtzeitig darauf schaut, dass die Netze auch entsprechend ertüchtigt werden. Da ist die Netz Niederösterreich mitten drinnen“, erklärte Zach.

Michael Bindlechner von der Bürgerinitiative „Der Gegenwind“ meinte: „Niemand von uns will in einer Welt leben, wo wir genug Strom haben für Tiktok, für 5G und für Kryptowährungen, aber keine Lebensräume mehr haben für uns und für die Natur.“ Peter Ozlberger formulierte es schließlich so: „Man muss sich überlegen, was bietet das Waldviertel, was zeichnet das Waldviertel gegenüber anderen Gegenden aus? Wir haben keinen Berg, wir haben keinen großen See. Eigentlich haben wir nichts und dieses Nichts ist aber das Besondere.“