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Region Marchfeld
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Verkehr

Anrufsammeltaxi „Marchfeld mobil“ vor dem Aus

Nach rund fünf Jahren Betrieb wird das Anrufsammeltaxi „Marchfeld mobil“ mit Ende März eingestellt. Stattdessen soll es Taxigutscheine für ausgewählte Zielgruppen geben. Dem bisherigen Betreiber ISTmobil ist das Projektende „völlig unverständlich“.

Seit April 2019 war das Marchfeld-Mobil in Betrieb. Zuletzt haben 19 der 23 Regionsgemeinden an dem Projekt teilgenommen. Ziel des Projekts war es, den öffentlichen Verkehr zu stärken und zu ergänzen – mehr dazu in Marchfeld: Taxis als Konkurrenz zum Auto (noe.ORF.at, 9.6.2019). Nun steht das Projekt in dieser Form jedoch vor dem Aus, beziehungsweise lasse man den Vertrag mit ISTmobil auslaufen.

Eine Analyse habe gezeigt, dass neben der Kostenfrage die Taxis nicht immer wie angegeben binnen 60 Minuten verfügbar gewesen seien. Zudem habe sich herausgestellt, dass das Angebot in vielen Fällen nicht von der gewünschten Zielgruppe angenommen wurde. So hätten auch Schülerinnen und Schüler das Taxi für den Schulweg genutzt, was aber so nicht vorgesehen gewesen sei, so der Gänserndorfer Bürgermeister und Regionsobmann René Lobner (ÖVP).

Projekt soll „nachjustiert“ werden

Das Projekt sei demnach nicht so treffsicher gewesen, wie erhofft. „Wenige haben sehr viele Fahrten genutzt“, sagt Lobner im Gespräch mit noe.ORF.at. Und das auf Kosten der Steuerzahler, so seine Kritik. Nun müsse also nachjustiert werden. Ab April soll es deshalb ein neues System geben – mit Taxigutscheinen. Vorbild sei das Tiroler Projekt „Calemo“. Die Gutscheine würde es vorerst nur für mobilitätseingeschränkte Personen geben.

Später soll dann aber auch dieses System auf weitere Zielgruppen ausgeweitet werden, in erster Linie für ältere Menschen. „Es sollen keine Ausflüge finanziert werden, sondern wenn Menschen zum Arzt, zum Einkaufen oder auch zu einem Treffen müssen“, erklärt Lobner. Dabei wolle man wieder mit lokalen Taxiunternehmen zusammenarbeiten, die Fahrten sollen voraussichtlich kostenlos für die Kundinnen und Kunden sein.

ISTmobil startet Eigeninitiative

Das Aus des bisherigen Systems sorgt für Kritik beim bisherigen Betreiber ISTmobil. Für Geschäftsführer Alexander Fellner-Stiasny sei das Projektende „völlig unverständlich“. In den vergangenen Jahren habe man knapp 120.000 Fahrgäste transportiert, diese wolle man jetzt „nicht im Regen stehen lassen“, sagt er gegenüber noe.ORF.at. Zuletzt habe er zahlreiche Anrufe erhalten, „tragische Einzelfälle“, die auf das Service angewiesen seien – nämlich sowohl Ältere, Geringverdiener, als auch Menschen ohne Auto.

Neben den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern würden aber auch die Taxiunternehmen leiden. Mindestens jeder zweite Arbeitsplatz würde wegfallen, so Fellner-Stiasny. Er will nun mit einzelnen Betrieben eigeninitiativ den Service fortführen und den Gemeinden anbieten, sich finanziell daran zu beteiligen. Fast alle Haltepunkte sollen weiterhin bestehen bleiben, zwei neue Gebiete sollen zudem neu angebunden werden. Derzeit werden die Tarife ausgehandelt. Der Unmut bleibt aber groß. Die Vorwürfe seien „falsch“ und „kreditschädigend für die Unternehmen“.

Neues System dürfte teurer werden

Eine der betroffenen Taxiunternehmerinnen ist Barbara Bäck-Hitz. Sie bestätigt, dass auch bei ihr 25 bis 50 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Projektende betroffen sein werden. Zudem hätten sich viele Kundinnen und Kunden ihr gegenüber betrübt zeigt. Viele würden künftig das Service nicht mehr in dieser Form nützen können. Das neue System werde zudem um einiges teurer.

Genutzt wurde das Marchfeldmobil auch von Bernadette Andrea Skoceks Sohn. Nachdem er nach der Schule rund zwei Stunden auf den Bus warten müsste, fährt er derzeit noch bis zu viermal pro Woche mit dem Taxi nachhause. Zwar sei Skocek klar, dass das Taxi für die Gemeinden nicht wirtschaftlich sei, doch insbesondere Jugendlichen und älteren Menschen habe es Unabhängigkeit gebracht. Diese würde man ihnen nun wieder nehmen. Das Aus für das Marchfeldmobil sei für sie nicht nur „irre schade“, sondern auch in Zeiten des Klimawandels nicht verständlich. Sie würde sich wünschen, das Thema noch einmal zu diskutieren – mit Bürgerinnen und Bürgern, Gemeinden und dem Land.

Land übernimmt keine Ausfallhaftung

Finanziert wurde das Projekt bisher von den Gemeinden und durch Landesförderungen. Die Kosten für das neue System sollen nun von den Gemeinden und der Wirtschaftskammer getragen werden. Seitens des Landes habe man keinen Einfluss darauf, wann und ob regionale Projekte eingestellt werden, so Sandra Wels-Hiller von der Abteilung Gesamtverkehrsangelegenheiten.

Das Land würde ein Grundangebot bieten, die Regionen können eigenständig Zusatzangebote stellen. Dafür würde keine Ausfallhaftung übernommen. Georgia Pokorny aus dem Büro Landbauer (FPÖ) ergänzt, dass das Land bestrebt sei, den Mikro-Verkehr bestmöglich umzusetzen, jedoch nicht jede Lösung finanziell möglich sei.