Es ist ein in Deutschland erfundenes System, das erstmals in Österreich angewendet wird – und zwar von Notruf Niederösterreich. Wenn eine Situation unklar sei, so erklärt es Projektleiter Christian Laucher von Notruf Niederösterreich, dann schicke der Disponent oder die Disponentin eine SMS an das Handy des Anrufers. Stimmt dieser zu, dann wird die Videofunktion direkt in die Leitstelle übertragen, eine eigene App ist dafür nicht nötig.
„Es gibt die unterschiedlichsten Fälle, für die eine Unterstützung durch die Kamera essenziell sein kann“, erklärt Laucher. „Das reicht vom Unfall mit der Gesamtlage des Geschehens bis hin zur Gesundheitsberatung, weil das Kind rote Punkte im Gesicht hat. Oft ist etwas viel schwieriger zu beschreiben als einfach herzuzeigen.“
Genaue Ortung des Patienten
Die Funktion lässt auch eine genaue Ortung zu – und, wie Notruf-Niederösterreich-Geschäftsführer Christian Fohringer erklärt, es sei möglich, „eine zusätzliche Person dazuzuschalten, etwa einen Notarzt oder einen Arzt aus einer Klinik, der dann entscheidet, in welches Spital der Patient oder die Patientin kommen soll“.
Als wesentlichen Fortschritt bezeichnet Josef Schmoll, ebenfalls Geschäftsführer von Notruf Niederösterreich, die Chatfunktion, die es ermöglicht, schriftlich in mindestens zwölf Sprachen zu kommunizieren.
Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) betont, dass es sich dabei keineswegs um einen Schritt Richtung „Big brother is watching you“ handle, sondern dass jeder Schritt nur mit dem Einverständnis des Anrufers oder der Anruferin stattfinden könne. Christoph Luisser (FPÖ), Vorsitzender des Niederösterreichischen Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS), lobt das System als Möglichkeit, ein präziseres Bild der Situation zu erhalten.
Die rund zwei Millionen Anrufe pro Jahr in den niederösterreichischen Notrufleitstellen werden trotzdem nicht generell mit dem Emergency Eye abgewickelt, es werde von Fall zu Fall entschieden, ob eine Anwendung nötig sei. Aber zumindest die Möglichkeit dafür besteht jetzt.