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ORF/Birgit Zrost
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Wissenschaft

Ernährungs-Symposion: Jeder Zweite zu dick

Das heurige Symposion Dürnstein (Bezirk Krems) beschäftigt sich mit der Zukunft der Ernährung. Ernährungssicherheit sei eine Frage der Versorgung, hieß es am Freitag bei der Eröffnung. In Österreich sei jede zweite Person übergewichtig. Gleichzeitig sei man Bio-Europameister.

Mittlerweile ist auch in Österreich der Trend zu vegetarischem oder veganem Essen angekommen. Vor allem die junge Generation stellt heute geänderte Ansprüche an Lebensmittel. Unsere Ernährungsgewohnheiten werden sich daher in den kommenden 20 Jahren wohl deutlich ändern, war man sich beim von der Gesellschaft für Forschungsförderung Niederösterreich veranstalteten Symposion Dürnstein unter dem Titel „Was werden wir morgen essen?“ einig.

„Gerade, was die neuen Lebensmittel anbelangt, muss man sagen, es sind vor allem auch spannende Themen wie zum Beispiel Insekten, Soja oder Mikroalgen in der Ernährung“, sagt Ernährungswissenschafterin und Medizinerin Elisabeth Fabian. Mehr als 50 Prozent der österreichischen Bevölkerung seien nämlich übergewichtig. Der Begriff der Ernährungssicherheit sei daher nicht nur eine Frage der Versorgung, sondern auch der Inhaltsstoffe: So hätten durch intensivierte Produktionsmethoden Unverträglichkeiten zugenommen, erklärte Fabian.

Forderung nach mehr Öko

Artensterben, Klimawandel, Rückgang bäuerlicher Betriebe: „Das Boot ist leck geschlagen“, zog Franz Essl, Mitglied des Biodiversitätsrates und Wissenschafter des Jahres 2022, einen bildhaften Vergleich. Er urgierte einen politischen Kurswechsel. Dieses Umdenken beginnt beispielsweise damit, dass es für viele Konsumentinnen und Konsumenten selbstverständlich ist, Gemüse ganzjährig verfügbar zu haben. „Tomaten im Winter sind zwar nett, aber nicht sehr saisonal. Das sind Herausforderungen, die es schwieriger machen, den Bedarf zu decken“, so Franz Raab, Direktor der Landwirtschaftskammer NÖ.

Auch für Friedrich Faulhammer, Rektor der Universität für Weiterbildung Krems, sind Nahrungsquellen durchaus keine Selbstverständlichkeit und bedürfen eines achtsamen Umgangs. Die junge Generation habe heute geänderte Ansprüche an Lebensmittel, konstatierte Hubert Philipp Weber, Theologe und Rektor der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems.

Symposion Dürnstein
Klaus Ranger
„Was werden wir morgen essen?“ war das Thema des diesjährigen Symposions auf Stift Dürnstein

Die Debatten um krank machendes Essen erinnern Agrarökonom Franz Sinabell, Privatdozent an der Universität Wien, an die Diskussionen um die Schädlichkeit des Rauchens vor 40 Jahren. Österreich sei zwar „Bio-Weltmeister in der EU“, ergänzt Otto Gasselich (Bio Austria), doch schlage der Treibhauseffekt voll zu.

Klimawandel als Herausforderung für Landwirtschaft

Die Beschäftigung mit Essen sollte nicht als Religionsersatz dienen, meinte Petrus Stockinger, Propst des Stifts Herzogenburg. Ebenso erinnerte Rudolf Mallinger, Rektor der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften, daran, dass Ernährung eine „Querschnittsmaterie“ aus mehreren Bereichen darstelle. Er wies dabei auf die wachsende Bedeutung der Mikrobiom-Forschung hin.

Den soziopolitischen und kulturellen Aspekt betonte Ursula Baatz, Kuratorin des Symposions, in ihrem Statement ebenso wie die Übernutzung des Bodens durch die industrialisierte Landwirtschaft. Das Recht auf Nahrung ist ein Menschenrecht, unterstrich Baatz und wies darauf hin, dass sich in Österreich 600.000 Menschen keine angemessene Nahrung leisten könnten und 127.000 Kinder an Mangelernährung leiden würden.

Auch am Wochenende ging es darum, wie Globalisierung und Klimawandel unsere Ressourcen verändern, wie sicher unsere Lebensmittel sind und welche Rolle ethische Überlegungen bei Ernährungsfragen spielen. Thematisch im Vordergrund standen die Boden- und Wasserressourcen als Grundlage der Ernährung, aber auch die Transformation der Landwirtschaft, der Lebensmittelhandel, das Kaufverhalten sowie ethische Aspekte der Ernährung.