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Experte zu KI: „Braucht mehr Bewusstsein"

Künstliche Intelligenz (KI) führt in vielen Branchen zu großen Umbrüchen. Oft kann nicht mehr unterschieden werden, wo KI zum Einsatz kommt und wo nicht. Deshalb brauche es mehr Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung, so Digitalisierungsexperte Deepak Dhungana.

Die Liste der Einsatzbereiche von KI ist lang: In der Landwirtschaft werden in Niederösterreich etwa bereits testweise Drohnen eingesetzt, um die Erkennung und Vernichtung von Unkräutern zu optimieren. In der Industrie versuchen viele Unternehmen damit, ihre Prozesse zu optimieren.

Ebenso verändert KI die Medizin. Apps können schon jetzt Hautveränderungen erkennen und eine Wahrscheinlichkeit berechnen, ob man einen Arzt bzw. eine Ärztin aufsuchen soll. KI kann uns aber auch im Alltag täuschen, beispielsweise wenn in sozialen Medien Fotos kursieren, die gar nicht echt sind. Und nicht zuletzt greift KI in die Bildung ein.

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Mit einer Drohne wird das Feld Meter für Meter abgeflogen und rund 1.500 Fotos von Unkräutern gemacht

Wenn kaum noch unterschieden werden kann, ob eine Hausaufgabe von einer KI oder einem Schüler geschrieben wurde, brauche es in den Bildungseinrichtungen neue Wege, sagt Deepak Dhungana, der Leiter des Instituts für Digitalisierung an der IMC Fachhochschule Krems im „Niederösterreich heute“-Interview. Außerdem brauche es mehr Bewusstseinsbildung, „da oft nicht mehr zwischen echt und unecht unterschieden werden kann“, so der Experte.

noe.ORF.at: ChatGPT kann Aufsätze schreiben, kaum zu unterscheiden von jenen der Schülerinnen und Schüler. Die einen sagen, das ist besorgniserregend, die anderen sagen Warum nicht? Künftig braucht es einfach anderes. Wie sehen Sie das?

Deepak Dhungana: Ich denke, die Rolle der Lernenden und die Rolle der Lektoren ändert sich in der Zukunft. Die Aufgaben ändern sich. Das heißt, die Schülerinnen und Schüler werden nicht mehr die Aufgabe bekommen, die ChatGPT lösen kann, sondern Aufgaben, wo viel mehr kritisches Denken und Hinterfragen im Vordergrund steht.

noe.ORF.at: Im Medienbereich sehen wir, dass künstliche Intelligenz jetzt schon Textbeiträge, Fotos oder gefakte Videos auf den Markt wirft, wo es schwer ist, zu unterscheiden, was echt ist. Braucht es da eine zusätzliche Regulierung?

Dhungana: Eine Regulierung braucht es wahrscheinlich schon, aber vor allem braucht es Bewusstseinsbildung und Maßnahmen, damit die allgemeine Bevölkerung, die diese Medien konsumiert, auch unterscheiden kann zwischen Fake und nicht Fake. Damit klar ist, dass Medien, die wir sehen und hören können, nicht echt sein können. Unsere Sinne sind jetzt nicht mehr in der Lage, zwischen echten und Fake-Medien zu unterscheiden. Diese Bewusstseinsbildung braucht es.

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Deepak Dhungana im Gespräch mit „Niederösterreich heute“-Moderatorin Veronika Berger

noe.ORF.at: Aber was könnte da helfen, dass man das unterscheiden lernt? Weil Video schaut oft nach Video aus.

Dhungana: Es könnten auch technologische Entwicklungen helfen. Es gibt Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in die Richtung, dass man eine andere KI entwickelt, die eine KI entlarvt als echt oder Fake. Und solche Unterstützungsmethoden können wir den Menschen zur Verfügung stellen, damit diese Unterscheidung noch einfacher wird.

noe.ORF.at: Jetzt haben viele Leute die Sorge, dass künstliche Intelligenz wahnsinnig viele Arbeitsplätze kosten wird. Sind Sie der Meinung, dass das berechtigt ist oder dass es trotzdem weiter Bereiche geben wird, wo künstliche Intelligenz noch lange nicht gefährlich wird?

Dhungana: Künstliche Intelligenz wird in vielen Bereichen eine Änderung hervorrufen. Sie wird die Art der Arbeit, die wir machen, verändern, aber auch die Rolle der Menschen in der täglichen Arbeit verändern. Bereiche, wo es ganz sicher noch lange in Zukunft Menschen braucht, sind eben Bereiche, wo Empathie im Vordergrund steht, wo es kritisches Denken braucht und man die Arbeit wirklich mit menschlichen Fähigkeiten erledigen muss. Und diese Bereiche sind ganz bestimmt in Sicherheit vor der KI.

noe.ORF.at: Sie beschäftigen sich mit sehr unterschiedlichen Bereichen von künstlicher Intelligenz. Wo sehen Sie da eine besonders große Chance oder Bereicherung?

Dhungana: Eine große Chance ist, wenn wir KI nutzen, um Menschen zu helfen. Ein Beispiel gebe ich Ihnen von einem querschnittgelähmten Mann, der nach einem Unfall nicht mehr gehen konnte. Und durch künstliche Intelligenz haben die Forscher aus der Schweiz und Frankreich jetzt ein System entwickelt, das Gehirnimpulse in Muskelbewegungen übersetzt. Und der Mann konnte wieder gehen. Und solche Beispiele geben mir Hoffnung, dass wir auf dem richtigen Weg sind.