Jon Fosse Literaturnobelpreisträger Schriftsteller
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Kultur

Hainburg ehrt Jon Fosse mit einem Platz

Dem Literaturnobelpreisträger Jon Fosse will die Stadt Hainburg (Bezirk Bruck an der Leitha) einen eigenen Platz widmen. Direkt an der Donaulände wird ein Park mit Blick auf den Nationalpark ab Sommer Jon-Fosse-Platz heißen. Der Autor wohnt seit zehn Jahren in der Stadt.

Links vom zukünftigen Jon-Fosse-Platz liegt der kleine Bootshafen, rechts schließt sich der Park mit den vielen Kastanienbäumen und den Parkbänken im dunklen alten Holz an. Man blickt über die langsam dahin fließende Donau hinüber in die Auen des Nationalparks. „Wir haben diesen Platz an der Donau gewählt, weil Jon Fosse stets betont, dass ihn die Donau und der Nationalpark sehr beim Schreiben inspiriert haben“, erklärte Stadträtin Michaela Gansterer (ÖVP), die die Idee zu dieser Platzbenennung hatte.

Es wird zwar keine Postadresse sein, das sei derzeit zu kompliziert, aber wenn Touristen an die Donaulände gelangen wollen, müssen sie in den Navigationsgeräten künftig den „Jon Fosse-Platz“ ansteuern. „Wir werden bei einer Kastanie eine transparente Tafel aufstellen mit Erläuterungen zu Fosse in deutscher und englischer Sprache. So erfüllen wir auch einen Bildungsauftrag“, ergänzte Gansterer beim Lokalaugenschein von noe.ORF.at.

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An diesem Platz, mit Blick auf die Donau, soll der künftige Jon-Fosse-Platz entstehen

Erstes Treffen zwischen Stadt und Autor

Am Donnerstag wurde Fosse bei einer unprätentiösen Zeremonie im großen Sitzungssaal der Stadt von Vizebürgermeisterin Silvia Zeisel (ÖVP) und einigen Stadträten über das Vorhaben informiert. Es war das erste Treffen zwischen offiziellen Vertreterinnen und Vertretern der Stadt und dem Schriftsteller, seit er den Nobelpreis empfangen hatte. „Ja, bisher gab es nur schriftlichen Kontakt. Wir haben ihm natürlich sofort gratuliert, aber nun können wir ihn endlich persönlich näher kennenlernen“, erzählte Zeisel.

„Es ist verrückt, seit ich den Literaturnobelpreis verliehen bekommen habe, könnte ich tausend verschiedene Einladungen wahrnehmen. Da wird es mit dem Schreiben schon ein wenig schwieriger“, gestand Fosse am Rande der Veranstaltung.

Hainburg: „Die passende Stadt zum Schreiben“

Seit zehn Jahren arbeitet und lebt Fosse als Zweitwohnsitzer in Hainburg. „Meine Frau stammt aus Bratislava. Da ich kein Slowakisch kann, dafür aber ein wenig Deutsch, war es naheliegend, dass wir uns in Hainburg niederlassen“, erläuterte Fosse im Gespräch mit noe.ORF.at. Doch das war nur ein Grund, ein anderer ist, dass sich Fosse hier in der Abgeschiedenheit zwischen den beiden Zentren Wien und Bratislava sehr wohl fühlt.

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Jon Fosse (re.) gemeinsam mit seiner Familie bei der Zeremonie in Hainburg

„Ich bin vor zehn Jahren hierher gekommen und ich habe schon sehr bald festgestellt, es ist ein großartiger Platz für mich zum Schreiben. Hainburg ist eine ruhige Stadt, eine schöne Stadt. Hier kann ich zur Ruhe kommen und mich konzentrieren. Es ist interessant, dass es Plätze gibt, wo das Schreiben funktioniert und Plätze, wo die Inspiration gehemmt wird. In Hainburg hat von Anfang an alles geklappt“, so Fosse. Diese Aussage lässt sich auch mit dem „Output“ belegen. Hier sind wesentliche Teile seiner aktuellen Roman-Heptalogie entstanden.

Die Sache mit der Anonymität

Fosse hat die Anonymität bisher sehr genossen. Hier in der Kleinstadt am Rande Österreichs konnte er ein Leben führen „as a normal person“, wie im Gespräch mehrmals betonte. In Norwegen sei er seit Jahrzehnten sehr bekannt, schließlich habe er vor 40 Jahren seine ersten Texte veröffentlicht.

„Bei der Nobelpreisverleihung hat mir ein Mitglied der Schwedischen Akademie versichert, dass es nun vorbei sei mit dem Leben als Unbekannter. Es gibt nun keinen Ort mehr auf der Welt, wo man dich nicht erkennen wird“, erzählte Fosse. Auch wenn er jetzt sehr viel mehr Bücher verkaufe, sei das schon ein wenig traurig, beteuerte Fosse.

Eine kleine Blitzumfrage von noe.ORF.at ergab zuletzt, dass keine und keiner der Befragten in einem belebten Hainburger Einkaufszentrum mit dem Namen Jon Fosse etwas verbinden konnte. Er wird also womöglich weiterhin die entsprechende Ruhe und somit optimale Bedingungen fürs Schreiben vorfinden.