Politik

FPÖ-Chats: Polizeibesetzung als Druckmittel

Chats zwischen FPÖ-Politikern sind publik geworden. Sie stammen vom Smartphone des ehemaligen FPÖ-Chefs und Vizekanzlers Heinz-Christian Strache. Diskutiert wird darin auch, wie man sich mit der Bestellung von Franz Popp als Landespolizeidirektor Niederösterreichs Zeit lassen will.

Im März 2019 ist die offene Stelle des Landespolizeidirektors Thema in den Chats der blauen Politiker. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) soll sich damals für Franz Popp eingesetzt haben, Strache wollte mit ihr kooperieren, berichtete die ZIB1.

Herbert Kickl, heute Bundesparteiobmann der FPÖ und damals Innenminister, war anderer Meinung. Er schrieb: „Ohne uns geht Popp nicht. Ich lass sie zappeln, es gibt auch noch andere Optionen. Wir sollten nicht vergessen, wie die Dame mit Udo umgegangen ist.“

Damit ist Udo Landbauer und die Liederbuchaffäre gemeint, die fünf Tage vor der Landtagswahl 2018 ausgebrochen war. Landbauer war Teil einer schlagenden Burschenschaft, ein Liederbuch enthielt antisemitische und rassistische Texte. Alle Verfahren zur Liederbuchaffäre wurden eingestellt. Mikl-Leitner schloss damals kurz vor der Wahl eine Zusammenarbeit mit Landbauer aus – worauf Kickl im Chat angespielt haben dürfte.

Weiter Wirbel um FPÖ-Chats

Wie hat die FPÖ ihre Arbeit in der Koalition mit der ÖVP angelegt? Hunderte Seiten an Chats geben Antworten auf diese Frage. Sie stammen vom Smartphone von Heinz-Christian Strache, Ex-FPÖ-Chef und Vizekanzler. Diskutiert wird darin nicht nur über Personalwünsche im ORF, sondern auch in anderen Bereichen.

Popp schließlich ein Jahr später ernannt

Strache antwortete auf Kickls Nachricht: „Du musst nur wissen, wenn Popp es nicht werden sollte, wird die Mikl explodieren.“ „Ich kenne ihre Position. Aber wir sind nicht ihre Erfüllungsgehilfen“, so Kickl wiederum. Popp wurde schließlich ein Jahr später, im Juli 2020, offiziell zum Landespolizeidirektor ernannt.

Eine Kommission im Innenministerium beurteilte ihn im Mai als geeignet. Zu diesem Zeitpunkt stand bereits Karl Nehammer (ÖVP) dem Innenministerium vor. Popp führte die Landespolizeidirektion schon seit 1. April 2019 interimsmäßig.

„Nicht dass der Amon das BMI prüft!“

Im Frühjahr 2019 ist auch ÖVP-Politiker Werner Amon Thema in den FPÖ-internen Chats. Amon wird damals vom Koalitionspartner ÖVP als Volksanwalt nominiert. Kickl schrieb an Strache: „Nicht dass der Amon dann das BMI prüft. Nogo! Bitte bei Entscheidungsträgern kommunizieren. LG“.

Auch die Hochzeit der damaligen Außenministerin Karin Kneissl, auf der Russlands Präsident Wladimir Putin zu Gast war, wird laut Nachrichtenmagazin „profil“ besprochen. Strache schrieb, er möchte 3.000 Euro aus der Parteikasse für zusätzliche Sicherheitskosten beisteuern. Ob das wirklich bezahlt wurde, blieb von der FPÖ laut ZIB1 unbeantwortet.

Reaktionen von FPÖ und ÖVP

Für die FPÖ bestätigen die Chats dagegen „die konsequente Amtsführung“ von Kickl „im Interesse der österreichischen Sicherheit“. Als damaliger Innenminister habe er lediglich die „unzulässigen Interventionen“ Mikl-Leitners abgewehrt, da Popp die Qualifikation eines abgeschlossenen Jus-Studiums nicht erfüllt habe, so Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer in einer Aussendung. Amon wiederum sei aufgrund einer Freundschaft „indirekt in die BVT-Affäre“ verstrickt gewesen.

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker wunderte sich ob der „hektischen Rechtfertigungsversuche am Ostersonntag“. Er fragte sich in einer Aussendung, was die FPÖ verschleiern wolle. „Wollte hier die FPÖ ihre Leute in Stellung bringen und verdiente und hochqualifizierte Polizeioffiziere ausschalten?“

Chats protokollieren Personalwünsche im ORF

Zuvor waren bereits FPÖ-Chats aus den Jahren 2017 bis 2019 öffentlich geworden. Die damalige Regierungspartei wollte beim ORF personell umrühren – ehe das im Mai 2019 veröffentlichte „Ibiza-Video" die Koalition platzen ließ. Die Chats stammen aus dem von der ÖVP initiierten Untersuchungsausschuss über „rot-blauen Machtmissbrauch“ und liegen mehreren Medien vor – mehr dazu in FPÖ hatte viele Personalwünsche im ORF (news.ORF.at; 29.3.2024).