Mäusebussard, Sujetfoto
Johannes Hohenegger
Johannes Hohenegger
Umwelt

Wenn aggressive Greifvögel Läufer attackieren

Im Frühjahr kann es insbesondere am Waldrand zu Angriffen von Mäusebussarden auf den Menschen kommen, weil der Vogel seine Brut verteidigen will. Der Jagdverband bestätigt Erfahrungsberichte und spricht von seltenen Fällen, die aber mehr werden könnten.

Mit dem Frühling ist auch die Zeit da, in der viele Greifvögel brüten. So auch der Mäusebussard, der derzeit am häufigsten vorkommende heimische Greifvogel. Er fühlt sich in offenen, weitläufigen Ebenen am Waldrand wohl – dort sind, insbesondere in Siedlungsnähe, aber auch oft Läuferinnen und Läufer unterwegs.

Zwangsläufig kommt es deshalb immer wieder zu Begegnungen zwischen Mensch und Tier, die nicht immer glimpflich ausgehen, wie Kathrin Schiefer aus Wieselburg (Bezirk Scheibbs) gegenüber noe.ORF.at berichtet: „Ich bin meine typische Strecke gelaufen. Das erste Mal ist der Vogel schon ein paar hundert Meter vor dem Wald hergeflogen, da habe ich nur einen Luftzug gespürt. Beim dritten Mal hat er mich dann wirklich bei den Haaren gepackt.“ Seit 20 Jahren geht sie in der Gegend schon laufen, die Strecke im Wald meidet sie nun.

Greifvogel verteidigt Nachkommen

Gerade in der Brutzeit sei dies ein „natürliches Verhalten der Greifvögel, die ihre Jungen verteidigen wollen“, sagt Johann Blaimauer, Vorsitzender des Niederwildausschusses des niederösterreichischen Jagdverbands. Zwar kommen solche Fälle äußerst selten vor. Dennoch könnten solche Attacken mehr werden, weil der Mensch immer mehr Zeit in der Natur – und damit im Revier der Greifvögel – verbringt.

Insbesondere der Mäusebussard habe außerdem nur wenig natürliche Feinde und kann sich deshalb gut vermehren. Beim Blick auf das Greifvogelmonitoring des Jagdverbandes zeigt sich: Die Dichte der Mäusebussarde im Ganzjahresschnitt hält sich stabil, wenn man die Jahre 2009 und 2022 vergleicht. Auf 100 Hektar kommen demnach etwa 2,3 Mäusebussarde.

Dennoch schwankt die Häufigkeit sehr stark, je nach Bestand der Mäuse in diesem Jahr: Laut Bericht der Vogelrichtlinie von Österreich an die EU hat der Bestand im Zeitraum von 2013 bis 2018 österreichweit um zehn Prozent zugenommen.

Von Menschen aufgezogen und abgegeben

In der Eulen- und Greifvogelstation Haringsee landen jährlich 35 bis 45 Mäusebussarde, die verletzt sind. Angriffe auf Menschen sieht man bei der Station vor allem bei Greifvögeln mit einer problematischen „Fehlprägung“ – wenn sich junge Vögel, die von Menschenhand aufgezogen werden, auf Menschen prägen, diese als Artgenossen und somit auch als Feinde erkennen und eher angreifen.

„In Wirklichkeit ist dieses Verhalten ein Zeichen für einen schweren psychologischen Defekt dieser armen Tiere, der ihr ganzes Leben beeinflussen wird“, erklärt Sigrid Frey von der Eulen- und Greifvogelstation. In Österreich ist die absichtliche Handaufzucht von Wildtieren aufgrund der gravierenden Auswirkungen auf die Tiere sogar laut Tierschutzgesetz verboten.

Fläche am Waldrand mit Acker
ORF/Sarah Prankl
In offenen, weitflächigen Gebieten am Waldrand fühlt sich der Mäusebussard besonders wohl

Ein Feind dürften jedenfalls Fahrzeuge sein: Bei den Tieren, bei denen die Verletzungsursache in der Greifvogelstation nachgewiesen werden kann, wurde jeder dritte Mäusebussard durch einen Autounfall verletzt. Vereinzelt kommt es auch zu aktiven Angriffen des Menschen auf das Tier: Von rund 300 Mäusebussarden, die in den vergangenen acht Jahren abgegeben wurden, waren 13 angeschossen und 19 hatten eine Bleivergiftung, so die Auskunft der Greifvogelstation.

Wie verhalte ich mich richtig?

Wenn nun aber tatsächlich der Mensch zum Opfer wird und es zu einem Angriff kommt, sollte man laut Experten nicht weiterlaufen, sondern den Vogel im Auge behalten und aus dem Revier gehen. Mäusebussarde attackieren zudem den höchsten Punkt und somit den Kopf – mit einer Kapuze, einer Kopfbedeckung oder auch mit einem Regenschirm, den man in die Höhe hält, können Verletzungen vermieden werden.

In den meisten Fällen bleibt es zudem bei „Scheinangriffen“, bei denen der Greifvogel über den Kopf hinweg segelt. Diese sollte man allerdings als erstes Warnzeichen sehen und sich aus dem Gebiet entfernen, in dem der Vogel brütet.