Der Eingang zur Schlosspfarrkirche in Sierndorf.
Nikodemus Colloredo-Mannsfeld
Nikodemus Colloredo-Mannsfeld
Chronik

Sierndorf: Schlossherr sperrt Pfarre aus

Der Besitzer des Schlosses Sierndorf (Bezirk Korneuburg), Nikodemus Colloredo-Mannsfeld, hat der Pfarre verboten, in der Schlosskirche weiterhin Gottesdienste abzuhalten. Grund dafür soll ein Streit über Restaurierungspflichten sein.

Zu Ostern wurde die vorerst letzte Messe der Pfarre Sierndorf im Schloss gefeiert. Beim Gottesdienst am Ostersonntag verlas Pfarrer Wolfgang Brandner ein Schreiben von Schlossbesitzer Colloredo-Mannsfeld, in dem dieser ankündigte, das Gotteshaus künftig nicht mehr für Messen der Pfarre zur Verfügung zu stellen.

Zudem soll er den Schlüssel zurückverlangt und das Betreten des Gebäudes bis auf Weiteres nur mit seinem vorhergehenden Einverständnis gestattet haben, wie zuvor die „NÖN“ berichtet hatten.

Schlossherr: „Erhaltungspflichten nicht erfüllt“

Auf Anfrage von noe.ORF.at begründete Colloredo-Mannsfeld seine Entscheidung wie folgt: „Die kirchlichen Feiern in der Schlosspfarrkirche sind ausgesetzt, da die katholische Kirche der langjährig gelebten Vereinbarung der Erhaltungspflichten in der Schlosskirche nicht mehr nachkommt, die Kirche aber weiterhin uneingeschränkt genützt wurde.“

Fristen seien wiederholt nicht eingehalten worden, Vorsprachen bei der Pfarre und der Erzdiözese Wien sowie mehrere Vorwarnungen hätten ebenfalls keine Wirkung gezeigt, so der Schlossherr.

In der Pfarre Sierndorf wundert man sich unterdessen über den Brief und dass dieser gerade zu Ostern übermittelt wurde, sagte Pfarrer Brandner gegenüber noe.ORF.at. Unstimmigkeiten hätten sich jedoch bereits lang vor Ostern angebahnt. „Aus heiterem Himmel war es nicht, denn an und für sich sind wir das dritte Jahr daran, einen Nutzungsvertrag zustande zu bringen.“

Alte Vereinbarung nicht mehr auffindbar

Beide Seiten betonen, dass bereits seit dem Jahr 2020 in Zusammenarbeit mit der Erzdiözese Wien versucht werde, ein neues Nutzungsübereinkommen zu formulieren. Die letzte derartige Vereinbarung zwischen Pfarre und Schloss stammt noch aus dem 19. Jahrhundert: 1894 wurde ein Übereinkommen zur Benützung der Schlosskirche verfasst, das heute jedoch weder in der Pfarre noch in der Diözese oder im Landesarchiv auffindbar sein soll.

Bis Mitte der 1970er Jahre war zudem der damalige Schlossbesitzer Rudolf Colloredo-Mannsfeld als Patron für die Instandhaltung der Kirche und der im Eigentum der Pfarre stehenden Objekte verantwortlich. Diesen Posten legte er 1974 zurück – die Erzdiözese wurde damals laut Brandner mit 40.000 Schilling entschädigt. Nach Angaben der Pfarre blieb das Nutzungsrecht von 1894 dennoch bestehen.

Im aktuellen Streit geht es darum, wer für die Instandhaltung der in die Jahre gekommenen Objekte verantwortlich ist. Der Schlossbesitzer sieht die Pfarre in der Verpflichtung, das Inventar zu restaurieren, laut Brandner befinden sich die entsprechenden Gegenstände aber nicht im Besitz der Kirche.

„Die Vorstellung darüber, was die Pfarre hier leisten kann, scheinen sehr weit auseinander zu liegen“, so der Pfarrer. Der Grundherr möchte zu den Eigentumsverhältnissen aktuell keine Stellung beziehen, da sie ebenfalls im geplanten Übereinkommen geregelt werden sollen.

Pfarre weicht vorerst in Kapelle aus

Fest steht: Bis auf Weiteres werden keine Messen oder andere kirchliche Feiern in der Schlosskirche stattfinden. Mit der Peter-Brabenetz-Kapelle wurde allerdings bereits ein vorläufiger Ersatz gefunden. An einer Lösung für größere Feste, wie die anstehende Firmung im Mai, werde gearbeitet, so Pfarrer Brandner.

Seit dem Rauswurf fanden laut Brandner bisher keine weiteren Gespräche zwischen der Pfarre und Colloredo-Mannsfeld statt. Auch mit der Diözese Wien, die eine Schlüsselrolle bei der rechtlichen Abwicklung von Verträgen zwischen Pfarren und Dritten einnimmt, stehe man aktuell nicht in Kontakt.

Die Erzdiözese beschreibt die Lage als „komplexe Situation mit nicht immer ganz einfachen Verhandlungspartnern“. Dennoch hoffe die katholische Kirche, „dass letztlich doch noch eine Einigung zwischen Pfarre und Schlossherr zustande kommt“. Das sei auch im Interesse aller Beteiligten, heißt es in einem Statement der Diözese.