Chronik

Kinderbetreuung: Schlechtes Zeugnis für NÖ

Das Angebot an Kinderbetreuungsplätzen, die es Eltern ermöglichen, Vollzeit zu arbeiten, ist österreichweit sehr unterschiedlich. Niederösterreich zählt dabei zu den Schlusslichtern, wie ein Monitoringbericht zur elementaren Bildung der Statistik Austria zeigt.

Um als Einrichtung zu gelten, die es Eltern ermöglicht, Vollzeit zu arbeiten, müssen laut Vereinbarkeitsindikator für Familie und Beruf (VIF) verschiedene Kriterien erfüllt werden. Unter anderem muss an mindestens 47 Wochen, mindestens 45 Stunden wöchentlich, werktags von Montag bis Freitag und an vier Tagen wöchentlich mindestens 9,5 Stunden geöffnet sein. Außerdem müssen die Kinder mit einem Mittagessen versorgt werden.

Der am Dienstag von Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) und Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas präsentierte Monitoringbericht 2022/23 zur elementaren Bildung der Statistik Austria zeigt jedoch Verbesserungspotential – mehr dazu in Neuer Bericht zeigt Lücken auf (news.ORF.at, 23.4.2024). Wien hat das breiteste Angebot, der größte Aufholbedarf besteht in Oberösterreich. Und auch in Niederösterreich ist das Betreuungsangebot ausbaufähig.

41,6 % der unter Zweijährigen in VIF-konformer Betreuung

So wurden im Berichtsjahr 2022/23 in Niederösterreich 41,6 Prozent der null-bis zweijährigen Kinder, die eine Betreuungseinrichtung besuchen, auch in einer VIF-konformen Einrichtung betreut. Den höchsten Anteil wies der Bezirk Wiener Neustadt mit 79,5 Prozent auf, gefolgt vom Bezirk Mödling mit 65,0 Prozent. Den niedrigsten Anteil gab es im Bezirk Scheibbs.

Im Vergleich zum Berichtsjahr 2018/19 ist der Anteil der null- bis zweijährigen Kinder, der in VIF-konformen Einrichtungen betreut wird, gestiegen. Doch es zeigt sich: 2020 waren es sogar 51,1 Prozent der betreuten Kinder, die in VIF-komformen Kinderbetreuungen einen Platz hatten. Seither ist der Anteil wieder gesunken.

Vollzeitjob schwer mit über Dreijährigen vereinbar

Noch einmal niedriger sind die Zahlen bei den drei- bis fünfjährigen Kindern. Lediglich 26,4 Prozent der Kinder, die eine Betreuungseinrichtung besuchen, werden auch in einer VIF-konformen Einrichtung betreut. Den höchsten Anteil wies Tulln mit 50,7 Prozent auf. Waidhofen an der Ybbs (Stadt) sowie Scheibbs bildeten die Schlusslichter.

Auch bei den über Dreijährigen ist der Anteil an VIF-konformen Betreuungen seit 2018 gestiegen, doch auch hier war der Anteil 2020 mit 41,5 Prozent noch deutlich höher.

Besuchsquote bei Drei-bis Fünfjährigen hoch

Insgesamt besuchten im Berichtsjahr 2018/19 30,1 Prozent der Null- bis Zweijährigen eine Kinderbetreuung. Im Bezirk Horn liegt man mit 37,9 Prozent deutlich über dem Bundeslanddurchschnitt, der Bezirk Lilienfeld hingegen liegt mit 21,9 Prozent deutlich darunter. Die Besuchsquote hat im Berichtsjahr 2022/23 im Vergleich zu 2012/13 in fast allen Bezirken zugenommen.

Bei den drei- bis fünfjährigen Kindern liegt die Besuchsquote in Betreuungseinrichtungen in Niederösterreich bei 98,5 Prozent. Die Besuchsquote ist in sämtlichen Bezirken hoch. Auch hier gab es seit 2012/13 vielerorts Anstiege – wenn auch nur minimale.

Anteil der 3- bis 5-jŠhrigen Kinder in VIF-konformen Kindertagesheimen (mit VollzeitbeschŠftigung der Eltern vereinbar) in Prozent, Quelle: Statistik Austria;
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Schließtage nicht eingerechnet

Warum Niederösterreich in dem Bericht als eines der Schlusslichter abschneidet, erkärt man sich im Büro der zuständigen Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) auf Nachfrage unter anderem mit dem Erhebungszeitraum. So wurden im vergangenen Sommer etwa die Schließwochen von drei auf eine Woche verkürzt – das wurde im Bericht jedoch nicht miteinberechnet. Die Schließwochen fallen jedoch auch unter die Kriterien der VIF-konformen Einrichtungen.

Zudem verwies man auf die bestehende Kinderbildungs- und -betreuungsoffensive. Bis Ende 2027 stellen das Land, Gemeinden und Städte gemeinsam 750 Millionen Euro für Ausbaumaßnahmen zur Verfügung.

Kritik von NEOS und SPÖ

Der Bericht sorgte am Dienstag jedenfalls auch für Kritik von mehreren Parteien – etwa bei NEOS. „Die Untätigkeit der Landesregierung in den letzten Jahren müssen nun die Kinder und Eltern, aber auch die Betriebe, denen die Fachkräfte fehlen, ausbaden. Denn der Anteil der Betreuungsplätze, die mit der beruflichen Tätigkeit der Eltern vereinbar sind, ist zuletzt sogar gesunken. Klar ist auch: Je weiter weg Familien von Wien wohnen, desto weniger qualitätsvolle Kinderbetreuung gibt es“, so NEOS-Landesparteivorsitzende Indra Collini in einer Aussendung. Collini ortet „massiven Aufholbedarf“.

Auch SPÖ-Familiensprecherin Kerstin Suchan-Mayr stellt der ÖVP Niederösterreich ein „Nicht genügend" in puncto Kinderbetreuung aus. „Hinzu kommt, dass Kinderbetreuungseinrichtungen in unserem Bundesland am Nachmittag weiterhin unheimlich teuer und für viele Familien nicht leistbar sind! Wahlfreiheit in Niederösterreich? Fehlanzeige!“, so Suchan-Mayr in einer Aussendung.