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Verkehr

Neue Straßenbahn nach Schwechat vorerst gestoppt

Die Verlängerung der Straßenbahnlinie 72 von Wien bis nach Schwechat (Bezirk Bruck a. d. Leitha) ist vorerst vom Tisch. Stattdessen sollen die Regionalbusse deutlich öfter fahren, kündigte heute Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) exklusiv gegenüber noe.ORF.at an.

Vor zwei Jahren wurde der Ausbau der Straßenbahnlinie 72 von der U-Bahn-Station Wien-Simmering bis nach Rannersdorf-Nord in Schwechat von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) angekündigt. Ab 2025 sollte die Straßenbahn in Betrieb gehen – mehr dazu in Neue Bim-Linie 72 bis nach Schwechat (wien.ORF.at, 18.3.2022).

Nach knapp zwei Jahren – im heurigen Jänner – zeigten sich die Bundesländer weder über die Aufteilung der Kosten noch über den Zeitpunkt der Umsetzung einig. Wiens Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) pochte auf eine rasche Umsetzung des Projekts, der seit der Landtagswahl 2023 neu für den Verkehr zuständige Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer forderte neue Zahlen aus Wien, um „Planungsgrundlagen zu schaffen“.

Seit Donnerstag ist der Ausbau der Straßenbahn auf unbefristete Zeit auf Eis gelegt. Stattdessen einigten sich Landbauer und Schwechats Bürgermeisterin Karin Baier (SPÖ) auf dichter getaktete Verbindungen der bestehenden Regionalbuslinien 217 und 218. „Wir sind sicherlich keine Verhinderer der Schienenvariante, aber wir wollen rasch und unbürokratisch eine optimale Lösung zum Wohle der Bevölkerung herbeiführen“, so Landbauer.

Grafik: Routenführung der Linie 72
ORF/Stadt Wien
Der Ausbau der Straßenbahnlinie 72 ist vorerst auf Eis gelegt

Busse im Zehnminutentakt

Die bisher im Halbstunden- bzw. Stundentakt geführten Linien 217 (Himberg – Rannersdorf – Simmering) sowie 218 von (Himberg – Zwölfaxing – Simmering) sollen ab Herbst 2026 bzw. Frühjahr 2027 unter Einbindung der Linien 272 und 279 im Zehnminutentakt geführt werden. Im Trasseneinzugsgebiet also Simmering, Schwechat, Rannersdorf, Mannswörth sowie Zwölfaxing, wären rund 130.000 Menschen Nutznießer der Angebotsverbesserung, heißt es.

„Für uns in Schwechat ist es existenziell wichtig, dass wir eine gute öffentliche Anbindung haben. Es hat sich lange bei der Straßenbahn nichts bewegt. Das Busangebot, das vom Land gekommen ist, gibt uns die Möglichkeit, in Aussicht stellen zu können, wann das Bussystem für Schwechat und die angrenzenden Katastralgemeinden besser wird, und da ist uns viel geholfen“, so Baier.

Dass man als SPÖ mit der FPÖ in Sachen öffentlicher Verkehr gemeinsame Sache mache und sich gegen die Pläne der Wiener SPÖ stelle, sei für Baier zweitrangig. „Ich bin nicht die größte Freundin von Farbspielen, wenn es um die Verbesserung des Lebens in Schwechat geht. Ich bin auf der Suche nach Verbesserungen für die Menschen, die hier leben“, so Baier.

Neues Bussystem soll evaluiert werden

Für das Land Niederösterreich ist das neue Bussystem laut Landbauer eine billigere Variante. Die jährlichen Betriebskosten mit 1,2 Millionen Euro für Dieselfahrzeuge bis 1,8 Millionen Euro für Elektrofahrzeuge seien vorerst deutlich geringer als die berechneten jährlichen Betriebskosten der Linie 72 in Höhe von rund 2,9 Millionen Euro, heißt es.

„Wir haben kurzfristig die beste Lösung für die Region gefunden. Sobald die neuen Busse fahren, wird erneut evaluiert und dann entschieden werden, ob der Bedarf für ein rund 150 Millionen Euro schweres Projekt gegeben ist oder nicht“, sagt Landbauer.

Sima: „Niederösterreich setzt falsches Signal“

Wiens Mobilitätsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) bezeichnet die Absage in einer Stellungnahme gegenüber dem ORF NÖ als „eine vergebene Jahrhundertchance“. „In Zeiten des Klimawandels, wo wir alle Anstrengungen unternehmen müssen, um die Menschen zum Umstieg auf umweltfreundliche Mobilität zu motivieren und das Angebot dafür massiv ausbauen müssen, ist das eine sehr bedauerliche Entscheidung und das absolut falsche Signal, das Niederösterreich da setzt“, so Sima.

Rund 400.000 Menschen pendeln jeden Tag nach Wien, heißt es in der Aussendung. Wolle man diese Zahl reduzieren, brauche es attraktive öffentliche Verkehrsmittel. „Diese Straßenbahn wäre das erste ‚grenzüberschreitende’ öffentliche Verkehrsmittel gewesen, das die beiden Bundesländer miteinander errichtet hätten und hätte der Anfang einer längeren Serie des Ausbaus von Straßenbahnen ins Umland sein können“, so Sima weiter.

Auch Grüne üben Kritik

Von den Grünen meldete sich der Landtagsabgeordnete und Verkehrssprecher der nö. Grünen, Georg Ecker, per Aussendung zu Wort: „Wenn die Landeshauptfrau den Bodenversiegler Nummer 1 in Niederösterreich, Udo Landbauer, zum Verkehrslandesrat macht, ist das Ergebnis wenig überraschend: dass die Millionen in die Enteignung von Bauern in Wiener Neustadt fließen, statt mit modernen Mobilitätslösungen Staus im Wiener Umland zu verhindern.“