Wirtschaft

Großer Ansturm auf Schuldnerberatung

So viele Menschen wie noch nie haben im Vorjahr bei der niederösterreichischen Schuldnerberatung Hilfe gesucht. Die Verschuldung betrug im Schnitt 74.000 Euro. Die Ursachen sind Arbeitslosigkeit, Teuerung und übertriebenes Konsumverhalten.

„Wir kommen an unsere Kapazitätsgrenzen“, gesteht der Geschäftsführer der Schuldnerberatung Niederösterreich, Michael Lackenberger. 9.071 betreute Menschen im Vorjahr bedeuten absoluten Höchststand. Positiv ist aber, dass sich die Menschen früher als bisher an die Beratung wenden. Dadurch ist die durchschnittliche Verschuldung leicht gesunken.

Die Zahl der Erstkontakte steigt aber auch heuer weiter an. Dadurch ergeben sich längere Wartezeiten in den fünf Geschäftsstellen. In Wr. Neustadt bekommen Betroffene den nächsten Termin für ein Erstberatungsgespräch erst Ende Juli, in St. Pölten und Horn muss man sich bis Ende Juni gedulden und in Zwettl und Amstetten beträgt die Wartezeit rund zwei bis drei Wochen.

Viele Betroffene „unverschuldet“ in Notlage

„Die meisten Betroffenen kommen unverschuldet in diese Lage“, erklärt Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP). Häufigste Ursachen seien Arbeitslosigkeit sowie geringeres Einkommen oder Scheidung bzw. Trennung. Aber auch übertriebenes Konsumverhalten lässt Menschen in die Schuldenfalle tappen. Das Land setzt verstärkt auf Prävention. „Gemeinsam mit der Bildungsdirektion und der Arbeiterkammer bieten wir in zwölf Pilotschulen das Projekt Finanz-Führerschein an. Jugendliche lernen so mit Geld umzugehen“, sagt Teschl-Hofmeister.

Schuldnerberatung Hauptverschuldungsursachen Grafik
ORF/Schuldnerberatung NÖ
Arbeitslosigkeit bzw. Einkommensverschlechterung ist eine der Hauptverschuldungsursachen

42,3 Prozent aller Menschen, die zur Schuldnerberatung kommen, haben ihren Arbeitsplatz verloren. Immerhin knapp 30 Prozent gehen einer Vollbeschäftigung nach. Bei jüngeren Menschen ist auch das Handy eine der Verschuldensfallen, hinzu kommt der Konsumzwang. Die jüngste Klientin war übrigens 18 Jahre, die älteste Klientin war 87 Jahre alt.

Verschuldung in NÖ:

  • Im Jahr 2023 hat die Schuldnerberatung 9.071 Personen betreut – das ist neuer Rekord
  • Jede Beraterin bzw. jeder Berater hat sich um 460 Klienten gekümmert
  • 42,63 Prozent aller Betroffenen haben zuvor ihren Job verloren

Häuslbauer vor großer Herausforderung

Zusätzliche Herausforderungen sind die Preisanstiege und hohen Inflationsraten. „Vor allem viele Häuslbauer hätten sich nicht gedacht, dass sie heute eine fast doppelt so hohe Rate zurückzahlen müssen“, so Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ). Sie betont, wie wichtig es sei, Prioritäten zu setzen und zunächst Grundbedürfnisse wie Miete und Strom abzudecken: „Es ist wirklich nicht einfach, aus der Schuldenfalle rauszukommen, daher ist eine professionelle Schuldnerberatung so wichtig.“ Denn Probleme mit Geld seien in weiterer Folge oft Auslöser für viele psychische Probleme.

Zu den Angeboten der Schuldnerberatung gehört auch das „Betreute Konto“, das derzeit 267 Menschen in Anspruch nehmen. Dieses Service soll Betroffenen helfen, Zahlungsprioritäten richtig einzuschätzen und dient dazu, ein Abrutschen in die Obdachlosigkeit zu verhindern. „Ziel ist es, den Menschen eine neue Perspektive zu geben“, so Lackenberger.