Inklusion im Bildungsbereich – Bericht attestiert „kontinuierliche Verletzung der Menschenrechte im Bereich Bildung“
APA/dpa/Uwe Anspach
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Chronik

Inklusion scheitert an Ausgrenzung

Allen Menschen sollen die gleichen Rechte und Möglichkeiten offen stehen, daran erinnert der Tag der Inklusion am 5. Mai. In St. Pölten wurde anlässlich des Tages eine Aktionswoche abgehalten, denn Experten warnen vor Ausgrenzung.

An zahlreichen Stationen konnte man sich bei der Aktionswoche zum Tag der Inklusion an der FH St. Pölten in die Lebensrealität von Menschen mit Behinderungen hineinversetzten. Etwa mit Brillen, die Augenerkrankungen simulieren, einer Fahrt in einem Rollstuhl, oder mit Handschuhen, die die Nutzer durch Stromimpulse zittern lassen, wie man es sonst von Parkinsonpatienten kennt. Gestaltet haben den Aktionstag die Fachhochschule St. Pölten gemeinsam mit der Bertha von Suttner Privatuniversität und dem Büro für Diversität der Stadt St. Pölten.

Es würde zwar viel getan, sind sich bei der Eröffnung alle einig, aber eben noch nicht genug. In Österreich gibt es 1,5 Millionen Menschen mit Behinderungen, in der Öffentlichkeit sind sie in diesem Ausmaß aber nicht wahrnehmbar, stellt Behindertenanwältin Christine Steger klar.

Segration als Ursache für Unsichtbarkeit

Über die Ursache für diese Entwicklung sagt sie: „Österreich ist ja bekanntlich das Land der Berge. Aber Österreich ist auch das Land der Heime. Und es gibt einfach sehr viel Ausgrenzung und Segregation. Wir haben Sonderkindergärten, Sonderschulen und dann oft Tagesstruktur und Wohnheime“. Das Problem sei, dass diese Betreuung meist nicht inmitten der Gesellschaft stattfinde.

Hörsaal mit Kurs für Gebärdensprache
ORF/Matl
Mit dem Finger-Alphabet können sich gehörlose und hörende Menschen einfach verständigen, wie hier bei einem Workshop von Juho und Julia Saarinen in der FH St. Pölten gezeigt wird

Dem pflichtet auch die Referentin und Autorin Julia Saarinen bei: „Wenn Gehörlose im Alltag präsenter wären, gäbe es auch diese Scheu der Menschen nicht. Andererseits: Wenn ich mit meinem gehörlosen Mann Juho zusammen die Klassen besuche, sind die Kinder begeistert. Sie fragen ihm Löcher in den Bauch, verlieren jede Scheu.“ Daher hält sie auch Workshops für Gebärdensprache in Schulen ab.

Fingeralphabet und bildgestützte Kommunikation

Einfacher ist aber das Fingeralphabet, das man schnell erlernen kann. Doch es gibt auch relativ neue Möglichkeiten, Informationen zu transportieren mit gezeichneter Kommunikation. „Wir zeigen das oft in Veranstaltungen, wo es um das Thema Behinderung geht, weil ja dort auch unterschiedliche Menschen dabei sein sollen und teilhaben können sollen. Und dann mache ich meistens nach den Impulsvorträgen eine kurze Zusammenfassung mit Bildern sowie in einfachen Worten“, erklärt Petra Plicka, die Veranstaltungen mit bildgestützter Kommunikation unterstützt.

Viele Möglichkeiten, die die Verständigung untereinander und das Verständnis füreinander verbessern können. Das findet auch Juho Saarinen, der Regisseur und Choreograf ist seit Geburt gehörlos. „Im Vergleich zu früher ist es besser, damals waren wir sehr unterdrückt, sehr diskriminiert. Wir mussten unbedingt sprechen und das war leider keine schöne Zeit für gehörlose Menschen. Viele Gehörlose haben nicht gewusst, wo ihr Platz ist. Und insofern ist es schön, dass gehörlose Menschen jetzt ihre Gebärdensprache offen zeigen. Und da hat sich schon viel getan“, so Saarinen.