Mehr Männerberatung gefordert

Die verheerende Amokfahrt eines 26-Jährigen in Graz hat gezeigt, wie wichtig es wäre, gewaltbereite Menschen möglichst früh psychologisch zu betreuen. Als Konsequenz fordern Fachleute nun einen Ausbau der Männerberatung.

Seit 2003 gibt es in Niederösterreich Männerberatungsstellen der Caritas. Im Zuge der Beratung werden gemeinsam mit den Klienten Lösungsansätze für unterschiedliche Problemsituationen erarbeitet. Im Jahr 2014 waren bei der Caritas St. Pölten an den unterschiedlichen Standorten 845 Männer in der Beratung. „Die Männer kommen her, um über ihre persönliche Lebenssituation zu reflektieren, ihre Rolle als Mann“, erklärt Matthias Geitzenauer, Fachbereichsleiter für Rat und Hilfe, „die Rollenbilder befinden sich stark im Wandel. Es geht um ihre Rolle in der Familie, um ihre Rolle als Partner und es geht um ihre Rolle als Väter.“

Sujet Männerberatung

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Zusammenarbeit mit Polizei funktioniert nicht immer

Etwa ein Drittel der Männer, die die Beratungsstellen aufsuchen, haben Probleme mit Aggressionen und familiärer Gewalt. „Es ist nicht mehr gesellschaftskonform, seine Aggressionen in Gewalttätigkeit auszuleben und das ist gut so. Diese veränderten Ansprüche an die Männer bewirken, dass sie sich auch von selbst Unterstützung holen, um ihr Verhalten zu ändern.“ Nur ein sehr geringer Anteil komme aufgrund einer Wegweisung, so der Experte, doch diesen Anteil müsse man steigern. „Man muss die Männer aktiv abholen und nicht warten, dass sie in die Beratung herfinden.“

Männerberatungsstellen der Diözese St. Pölten:

  • St. Pölten (0676/83 844 7378)
  • Amstetten (0676/83 844 7375)
  • Gmünd (0676/83 844 7382)
  • Horn (0676/83 844 7376)
  • Krems (0676/83 844 7376)
  • Melk (0676/83 844 7802)
  • Scheibbs (0676/83 844 7802)
  • Tulln (02272/611 44)
  • Waidhofen/Ybbs (0676/83 844 7375)
  • Waidhofen/Thaya (0676/83 844 7382)
  • Zwettl (0676/83 844 7382)

Im Jahr 2014 wurden in Niederösterreich 1.233 Menschen - meist Männer - von der Polizei weggewiesen und mit einem Betretungsverbot belegt - mehr dazu in Betretungsverbote: Zahl deutlich gestiegen (noe.ORF.at; 20.6.2015). Die Zusammenarbeit zwischen den Männerberatungsstellen und der Polizei funktioniere zur Zeit aber nur sehr eingeschränkt, sagt Geitzenauer, „es hängt stark davon ab, wie gut der Kontakt zur jeweiligen Polizei am Standort in der Region ist und es hängt ganz besonders davon ab, wieviel Kapazitäten wir haben. Wir können das, was an Wegweisungen in Niederösterreich stattfindet, nicht alles auffangen, da wäre viel mehr Arbeit notwendig.“

„Es braucht auch Arbeit mit den Tätern“

11 Männerberatungsstellen der Caritas gibt es im Raum der Diözese St. Pölten. Im Osten des Landes werden Männer an die Beratungsstelle in Wien verwiesen. „Die Arbeit am Thema Gewalt in der Familie ist von Fraueneinrichtungen in den vergangenen Jahren gut forciert worden. Der erste und wichtige Fokus war, dass die Opfer geschützt sind. Jetzt kommen wir soweit, dass wir sehen: Es braucht auch eine Arbeit mit Tätern.“ Denn einen Täter nur wegzusperren, könne keine langfristig sinnvolle Lösung sein.

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