100 Jahre NÖ Lenz Moser Weinbau Pionier Wachau Hochkultur
Lenz Moser
Lenz Moser
„100 Jahre Niederösterreich“

Vom „Weinfeind“ zum weltweiten Pionier

Der Name Lenz Moser ist heutzutage als Weinmarke zwar vielen Menschen ein Begriff. Doch der Name steht auch für einen Pionier, der nach der Übernahme des elterlichen Betriebs in Rohrendorf (Bezirk Krems) ab 1925 den weltweiten Weinbau revolutioniert hat.

„Er war kein Geschäftsmann im Anzug, sondern vielmehr ein Winzer, der in Arbeitskleidung im Weingarten getüftelt hat“ – so wird Lenz Moser III (1905-1978) heute beschrieben. Doch diese Eigenschaften führten dazu, dass er nach vielen Jahren mühevoller Arbeit und viel Probieren den nationalen als auch internationalen Weinbau veränderte.

Bis in die 1920er-Jahre waren die Reben mehr als 2.000 Jahre lang auf Pfählen gezogen und in einem sehr engen Abstand von ein bis 1,20 Metern gepflanzt worden. Der Stamm war gerade einmal 20 bis maximal 40 Zentimeter hoch, „also sehr nah am Boden“, erzählt Erhard Kührer, Leiter des Lehr- und Versuchsbetriebs an der Wein- und Obstbauschule Krems: „Diese Stockkultur war daher sehr handarbeitsaufwändig.“

Winzer litten unter Missernten

Gleichzeitig sei es mangels technischer Ausstattung und aufgrund von unzureichendem Pflanzenschutz häufig zu Missernten gekommen. Weil die Trauben sehr nah am Boden wuchsen, wurden sie auch schlecht belüftet, „weshalb sie anfälliger für Krankheiten waren“, sagt Kührer. Zudem ließ sich diese Form des Weinbaus wegen der eng gesetzten Pflanzen „schlecht mechanisieren“.

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1923 übernahm Lenz Moser den Betrieb von seinen Eltern, 1929 gründete er zudem die Lenz Moser Rebschule

Lenz Moser, der 1923 den Betrieb der Eltern in Rohrendorf übernahm, griff in den 1920er-Jahren alle technischen und wissenschaftlichen Neuerungen auf und prüfte, ob sie im Weinbau praxistauglich sind. Dafür sammelte er ab 1925 in kleinen Versuchsweingärten hunderte von Rebsorten und pflanzte sie in verschiedenen Reihenabständen. Auch die Beschattung bzw. Belichtung der Trauben wurde genau untersucht.

„Nichts dem Zufall überlassen“

Bis Moser schließlich die optimale Form des Anbaus entwickelte: Er pflanzte die Reben mit einem Reihenabstand von drei bis 3,5 Meter und zog die Rebstöcke auf eine Stammhöhe von 1,20 bis 1,30 Metern hoch. Für die Triebe spannte er auf einem Gerüst mehrere Drähte. Für Kührer war und ist die Hochkultur ein „ausgefeiltes System“, bei dem der Winzer "nichts dem Zufall überlassen hat.

Denn die Pflegearbeiten konnten damit viel leichter, in angenehmer Arbeitshöhe erledigt werden. Für die Winzer blieben im Wesentlichen nur noch zwei stockgebundene Arbeiten: der Rebschnitt und die Lese. Durch die bessere Belichtung und Belüftung der Rebstöcke stieg die Qualität der Trauben. Und durch die größeren Abstände zwischen den Rebstöcken konnte man auch mit Traktoren durchfahren. Moser trieb damit die Mechanisierung des Weinbaues voran.

Skepsis und „Weinfeind“

Trotzdem wurde Moser von Beginn an mit Skepsis betrachtet bzw. auch als „Weinfeind“ bezeichnet. Denn nach damaliger Meinung der Winzer mussten die Reben über den Winter zum Schutz gegen Winterfrost mit Erde bedeckt werden – was in einer Höhe von 1,20 Meter nicht mehr möglich war. Doch Lenz Moser bewies, dass diese Ansicht nicht stimmte.

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Nach der anfänglichen Skepsis stieg zumindest in der Region das Interesse

Im Jänner und Februar 1929 sanken die Temperaturen bis auf −31 °C. Die eng gepflanzten Weingärten waren zur Gänze erfroren. Von den hochgezogenen Sorten waren wesentlich weniger geschädigt. Aus dieser Erfahrung entstanden in Rohrendorf vermehrt Hochkulturen. Im Jahr 1938 waren es etwa 15 Hektar.

Minus 26 Grad bringen Durchbruch

Der große Durchbruch über die Wachau hinaus folgte 1956, nachdem es erneut einen „sehr kalten Winter“ gab, wie Lenz Moser in einem ORF-Interview schilderte: „Wir hatten hier am Rohrendorfer Berg -26 Grad. Die Hochkulturen überstanden das wesentlich besser als die niederen Kulturen – damit fiel das Argument weg, das immer gegen mich ins Treffen geführt wurde: ‚Wenn einmal ein kalter Winter kommt, werden die Reben erfrieren.‘“

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Der Durchbruch gelang Lenz Moser nach einem sehr kalten Winter 1956, woraufhin das Interesse auch international stieg

Ab diesem Zeitpunkt begann eine rasante Verbreitung der Hochkultur. Weingärten wurden zunehmend auch sortenrein ausgepflanzt und viele Winzer besuchten die Weingärten, die Versuchsanlagen und die Kellerei von Lenz Moser. Fast alle Weinbauvereine machten eine Exkursion nach Rohrendorf und auch das Ausland zeigte reges Interesse an der „Lenz Moser Erziehung“, wie sie weltweit auch heute noch bezeichnet wird.

Sendungshinweis

„Radio NÖ am Nachmittag“, 14.1.2022

„Nation der Säufer?“

In den 1970er- bzw. 1980er-Jahren stieg die Nachfrage nach Wein stark an. Auf die Frage eines ORF-Reporters, ob „wir eine Nation der Säufer geworden sind“, sagte Lenz Moser: „Nein, nicht eine Nation von Säufern, sondern die Leute gehen von den harten Getränken auf den Wein über – ein Trend, den man auf der ganzen Welt beobachten kann.“

Aus heutiger Sicht könnte man den Weinbau ohne Mosers Revolution „gar nicht mehr betreiben“, betont der Weinbaulehrer, „weil einfach die Arbeitskräfte fehlen würden.“ Denn bei der ursprünglichen Stockkultur waren auf guten Böden bis zu 2.800 Stunden pro Hektar und Jahr an menschlicher Arbeitskraft notwendig, rechnete Moser einmal vor, bei der Hochkultur waren es je nach Boden nur noch 400 bis 600 Stunden.

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Ein Denkmal am Fuße des Saubühels in Rohrendorf bei Krems erinnert an den 1978 verstorbenen Weinbaupionier

Weinbaupionier mit Weitblick

Mittlerweile hat sich aber auch die Hochkultur weiterentwickelt. Ab den 1990er-Jahren entstand die Spalierform, bei der die Abstände zwischen den Rebstöcken – vor allem dank moderner Maschinen – wieder enger wurden. Damit bringt man „auf der gleichen Fläche noch mehr Rebstöcke unter“, erklärt Kührer über die bis heute dominante Form des Weinbaus.

Doch das Grundgerüst – die Lenz Moser Hochkultur – wird heute noch auf mehr als 90 Prozent der Rebfläche Österreichs sowie in vielen Weinbaugebieten Europas und Übersee eingesetzt. „Er hat die richtigen Maßnahmen zur richtigen Zeit gesetzt und damit die Grundlage für den erfolgreichen Weinbau in Niederösterreich gelegt“, meint Kührer, der Moser als „Weinbaupionier mit Visionen und Weitblick“ bezeichnet.