Gelber Enzian
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„La Vita“

Gelber Enzian: Pflanze mit großem Potential

Jedes Jahr wird von einer Expertenrunde die Arzneipflanze des Jahres gekürt. Heuer fiel die Wahl auf den Gelben Enzian. Beliebt ist er in Form von Enzian-Schnaps, in der Medizin ist er für seine Bitterstoffe bekannt. Forschungen zeigen: Die Pflanze hat viel mehr Potential.

Die Heimat des Gelben Enzians sind die Berge. Wild wachsende Pflanzen stehen unter Naturschutz, deswegen wird Gelber Enzian immer öfter auch angebaut, unter anderem für die medizinische Nutzung. „Der Gelbe Enzian enthält eine Vielzahl an sehr bitter schmeckenden Pflanzenstoffen. Deswegen wird der Gelbe Enzian auch schon seit langem in diversen Aperitifen verwenden. Er ist appetitanregend und verdauungsfördernd“, erklärt Dieter Kröner, Apotheker in Pernitz (Bezirk Wr. Neustadt).

Die meisten Wirkstoffe stecken in der Wurzel. Sie wird getrocknet und kann dann unter anderem als Tee getrunken werden. Laut Kröner braucht es bei Tee aus Wurzeln aber länger, bis die Inhaltsstoffe freigegeben werden. Der Tee sollte daher 10 bis 15 Minuten ziehen. Aber auch in alkoholischen Extrakten werden die Bitterstoffe gelöst und bei Verdauungsbeschwerden eingesetzt.

Gelber Enzian
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Die Heimat des Gelben Enzians liegt im Gebirge, wild wachsende Pflanzen sind naturgeschützt, immer öfter wird er aber für die Schnaps- oder Arzneimittelproduktion angepflanzt

Im Gegensatz zu synthetischen Stoffen enthalten Arzneipflanzen viele verschiedene Inhaltsstoffe, die auch verschiedene Wirkungen entfalten können, gibt Rudolf Bauer, Experte für Arzneipflanzen an der Universität Graz, zu bedenken. Bitterstoffe sind die am längsten bekannten. Erst vor kurzem haben Forscher herausgefunden, dass nicht nur im Mund, sondern im ganzen Körper spezielle Zellen, sogenannte Bitterstoffrezeptoren, sitzen. Auch in der Lunge. Wenn man etwa Bitterstoffe einatmet, können sie die Atemwege erweitern und die Reinigungsfunktion der Lunge aktivieren.

Was den Einsatz von Bitterstoffen bei Asthma angeht, laufen bereits Studien, sagt Christoph Mathis Schempp, Dermatologe am Universitätsklinikum Freiburg (Deutschland). „Unsere Arbeitsgruppe hat 2015 erstmals entdeckt, dass auch die Haut Bitterstoffrezeptoren hat. Wenn man auf Hautzellen Enzian aufbringt, fördern diverse Stoffwechselvorgänge die Regeneration der Haut. Das sind ganz neue Erkenntnisse." Große klinische Studien beim Menschen gebe es zwar noch nicht – "wir haben aber eine kleine Studie bei Neurodermitis gemacht mit Enzianextrakt und Süßholz“, so Schempp.

Zahlreiche Wirkungen vermutet

Die Inhaltsstoffe des Gelben Enzians haben im Tierversuch auch andere positive Wirkungen gezeigt. Bei Ratten mit Diabetes (Zuckerkrankheit) konnte Arteriosklerose (Arterienverkalkung) verhindert werden. Bei Mäusen wurde Adipositas (Fettleibigkeit) verhindert und Osteoporose (Knochenschwund) gestoppt. Auch bei verengten Blutgefäßen könnten künftig manche Inhaltsstoffe des Gelben Enzians wirksam sein. Im Reagenzglas durchgeführte Experimente hätten gezeigt, dass die Teilung von Zellen gehemmt werden könne.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 11.4.2022

„Nach einem Herzinfarkt oder einem Gefäßverschluss kann man die Engstelle ja öffnen. Die Problematik besteht darin, dass sich im Lauf der Zeit dieses Gefäß wieder verschließt, das nennt man Restenose. Dieser Vorgang kann möglicherweise durch diese speziellen Enzian-Inhaltsstoffe verhindert werden“, so Arzneipflanzen-Experte Bauer. Es gibt also eine Reihe von Wirkungen, denen man in klinischen Studien am Menschen nachgehen kann. Großes Potential hat der Gelbe Enzian mit seinen vielversprechenden Inhaltsstoffen auf jeden Fall.