100 Jahre NÖ Maul und Klausenseuche MKS Ringelsdorf 1973
Stadtarchiv Wiener Neustadt
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„100 Jahre NÖ“

Eine Tierseuche hält ganzes Land in Atem

Niederösterreich ist im Jahr 1973 im Bann der Maul- und Klauenseuche (MKS) gestanden. Tausende Tiere wurden notgeschlachtet, dutzende Orte unter Quarantäne gestellt. Am schlimmsten war das Weinviertel betroffen, wo sich auch Widerstand der Bauern bildete.

3. April 1973: Bei einem Landwirt in Ringelsdorf (Bezirk Gänserndorf) bestätigte sich ein Fall von Maul- und Klauenseuche – Schweine hatten sich mit dem Virus infiziert. Es war einer der ersten Fälle im Land, doch deren Tragweite konnte man damals noch kaum erahnen. „Keiner hat gewusst, dass das so eine Seuche ist“, erinnert sich der damalige Bürgermeister Karl Toch (ÖVP).

Doch mit der offiziellen Meldung durch den Tierarzt ging alles ganz schnell, erzählt Toch: „Der Tierarzt hat das bei der Gemeinde gemeldet, wir haben es an die Bezirkshauptmannschaft weitergegeben und dann habe ich mit dem Amtstierarzt den Betrieb besichtigt.“ Als Notmaßnahme mussten – auf Anordnung des Ministeriums – sofort alle Schweine und Rinder geschlachtet werden.

Die Seuche breitet sich aus

Doch es blieb nicht bei dem Einzelfall, ab sofort waren beinahe täglich weitere Betriebe betroffen, erinnert sich Toch: „Wenn ein Fall von Klauenseuche auftrat, wurde der gesamte Bestand an ’Klauentieren" gekeult und die Betriebe unter Quarantäne gestellt, damals hat aber noch keiner gewusst, was das heißt.“ Die Ställe mussten mit speziellen Mitteln gereinigt, der Mist speziell verpackt werden.

Zudem wurden an allen Ortseinfahrten Seuchenteppiche ausgelegt – eine Sandunterlage, die mit Desinfektionsmittel versetzt war. Wer den Ort verlassen wollte, musste sich selbst bzw. die Reifen der Fahrzeuge desinfizieren. Damit sollte verhindert werden, dass das Virus über die betroffenen Ortschaften hinaus verbreitet wird.

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Denn diese Seuche ist eine hochansteckende, akut verlaufende Viruserkrankung der Paarhufer (Rind, Schaf, Ziege, Schwein sowie Wildwiederkäuer). Der Mensch, falls er einem großen Infektionsdruck ausgesetzt ist, kann eine Infektion durchmachen, die aber in der Regel mild, ähnlich einem grippalen Infekt, verläuft und gefahrlos ist.

Der erste Fall der Tierseuche trat bereits Ende Jänner 1973 auf. In einem Betrieb in Margareten am Moos (Bezirk Bruck an der Leitha), waren zwei Rinder befallen. Vier Kühe, sieben Maststiere, sieben Jungrinder und 35 Schweine wurden am „verseuchten Hof“, wie die APA damals schrieb, umgehend getötet. Doch diese erste Welle hatte sich schnell gelegt, ehe im April die zweite, heftigere folgte.

Acht Tage Quarantäne

In Ringelsdorf wurde umgehend eine Seuchenkommission gebildet, um die durch die Notschlachtungen erlittenen Schäden zu schätzen. „Aber das war fast illusorisch, weil die Preise stark gestiegen sind“, sagt Toch. Nach drei Wochen traf es den Landwirt selbst: Seine zwölf Rinder, vier Kälber und ebenso viele Zuchtschweine wurden gekeult, acht Tage musste er in Quarantäne. „Wir sind dann über das Fenster mit Lebensmitteln versorgt worden.“

100 Jahre NÖ Maul und Klausenseuche MKS Ringelsdorf 1973
CC0

Doch trotz aller Maßnahmen breitete sich die Seuche entlang der March ins Marchfeld bis in die Nachbarbezirke Mistelbach und Korneuburg aus. Das Weinviertel sei dafür aber prädestiniert gewesen, erzählt Franz Karner, langjähriger Landesveterinär-Direktor und damals Student der Veterinärmedizin: „Das Problem lag in den geschlossenen Ortschaften, wo die Höfe dicht nebeneinander lagen und jedes zweite Haus Klauentiere hatte. Die Ausbreitung zu stoppen war unmöglich.“

Das verseuchte Gebiet

Das Weinviertel – mit Ausnahme des Bezirks Hollabrunn – wurde deshalb offiziell zum verseuchten Gebiet erklärt. Die Folge: Aus dem Gebiet durften somit keine lebenden Tiere in andere Teile des Landes gebracht werden und umgekehrt. „Wenn die Seuche nicht unter Kontrolle gebracht werden kann, lässt sich der volkswirtschaftliche Schaden derzeit gar nicht absehen“, betont Bruno Laber von der Landwirtschaftskammer.

Mehrere Bezirke zum Seuchengebiet erklärt

Um die Viruslast so gering wie möglich zu halten, blieb man bei der Anweisung, weiterhin auch sämtliche Verdachtsfälle zu töten. Unter den Landwirten sorgte das zunehmend für Widerstand – vor allem auch deshalb, weil die Rinder, die bereits Monate zuvor geimpft wurden und bis auf wenige Ausnahmen nicht von der Seuche befallen waren, ebenso betroffen waren. „Ich kann den Schaden nie wieder einnehmen“, klagte ein verzweifelter Landwirt.

„Die Immunität, die durch die Impfung erzeugt werden soll, ist nicht vollkommen, auch bei Rindern“, entgegnete damals Richard Geier vom Gesundheitsministerium. Viele konnten oder wollten die Gefahr nicht verstehen, ergänzt Karner, gibt aber zu: „Wer lässt gern prophylaktisch gesunde Tiere töten.“ Auch die vom Bund gebotenen Entschädigungen waren nicht allen bewusst, ergänzt Richard Pichler.

Landwirte klagen über die Maßnahmen der Regierung

Wie das Virus nach Ringelsdorf bzw. nach Österreich gelangt ist, ist bis heute nicht gesichert, erzählt Karner. Höchstwahrscheinlich wurde das Virus „über Kadaverteile von Wildtieren aus den Nachbarstaaten herübergetragen.“ Durch Haustiere wie Katzen oder die in der Luft befindlichen Viren wurde die Seuche dann weitergetragen.

Die Übertragung erfolgt vor allem durch Kontakt der Tiere im Stall, auf Weiden, auf Viehmärkten, Transporten oder Tierschauen. Eine indirekte Übertragung ist aber auch durch kontaminierte Gegenstände, Stallkleidung, Einstreu, Futter oder Stallstaub, der durch Winde über weite Strecken transportiert wird, möglich. Eine weitere Übertragungsmöglichkeit sind Fleisch oder tierische Produkte von infizierten Tieren (Speck, Milch, Käse, Innereien, Blut, Wolle etc.) und Jagdtrophäen.

Kosmetische und pädagogische Maßnahmen

Die Teppiche waren laut Karner eher eine kosmetische – oder pädagogische – Maßnahme für die Bevölkerung. „Damit sollte die Seuche sicher auch immer wieder ins Bewusstsein gebracht werden.“ Die Teppiche wurden von der jeweiligen Gemeinde betreut. Dem Veterinärdirektor zufolge mussten sie eine bestimmte Mindestlänge aufweisen und auch feucht gehalten werden. „Wenn die Sägespäne austrockneten, verloren sie ihre Wirksamkeit.“

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Die betroffenen Landwirte mussten ihre Ställe und Anlagen nach genauen Vorgaben gründlich reinigen

Große Probleme gab es schon damals mit der Tierkörperbeseitigung. Denn auf so eine Seuche „waren die Teams der Seuchenanstalt des Landes oder Bundes nicht vorbreitet“, schildert Toch. „Jeder Ort brauchte eine Seuchenkommission, eine Mannschaft, die die Tiere tötet, der Abtransport der Kadaver musste geregelt werden, wohin mit der plötzlich anfallenden Menge?“

Tiere landen in Pestgruben

Viele Tiere wurden deshalb einfach in „Pestgruben“, laut Karner Biodeponien, vergraben. Denn die ziemlich kälteresistenten MKS-Viren – sie können auch in tiefgekühltem Fleisch sehr lange überdauern – sind sehr Hitze empfindlich. Im Boden starben sie sehr rasch durch die Selbsterwärmung der Kadaver, die nach dem Eingraben auftritt. Zusätzlich wurden die Tierkörper zuvor mit Desinfektionsmitteln behandelt.

Erst mit Hilfe von zusätzlichen Seuchenfahrzeugen des Bundes konnten die von der Krankheit betroffenen noch lebenden Tiere abtransportiert werden, zudem wurde damals Oberösterreich und Kärnten um Hilfe gebeten, ihre landeseigenen Spezialfahrzeuge bereit zu stellen. Auch das Bundesheer stellte Soldaten ab, die bei der Verladung der Tiere helfen sollten. „Wir sind selber Bauern, und wissen, was das für die Landwirtschaft bedeutet.“

Bundesheer hilft bei Abtransport der befallenen Rinder und Schweine

Zugleich wurde begonnen in einem Umkreis von zehn Kilometern rund um die betroffenen Orte Seuchenschutzgürtel zu legen. „Und zwar von außen nach innen, damit sich das Virus nicht weiter verbreitet“, erklärt Tierexperte Karner, wobei erneut Widerstand unter den Landwirten entstand. Letztlich wussten jedoch alle, dass der wirtschaftliche Schaden enorm sei – und zwar im ganzen Land.

Folgen für ganze Bauernschaft

Zwar reagierte man im Ausland erst relativ spät auf den Seuchenzug der Maul- und Klauenseuche – so findet sich die Meldung „Keine Fleischlieferung Österreichs in BRD“ erst mit Datum vom 10. Mai 1973 im APA-Archiv. Doch die Folgen waren fatal. Am 18. Mai 1973 folgte Italien mit einem Einfuhrverbot für österreichische Paarhufer, weitere Länder folgten, und neben lebenden Tieren waren auch Fleischprodukte betroffen.

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ORF
Die Amtstierärzte hatten damals vom Land genaue Auflagen, wie sie mit positiven Tierfällen umgehen sollen

Besonders schmerzhaft traf das auch das Waldviertel, wo die Rinderbauern damals etwa erst die Rassenumstellung beendet und bis zu 15.000 Kälber gekauft hatten. „Wir waren mitten im Aufbau, die Bauern haben viel Geld ausgegeben und plötzlich stand alles still“, schildert Pichler, der damals für die Rinderbauern zuständig war. Der Weideauftrieb wurde gestoppt, sämtliche Viehversteigerungen wurden zunächst verschoben, später abgesagt.

Erneuter Ausbruch

Im Juli war der Seuchenzug weitgehend gestoppt, Einzelfälle gab es jedoch bis in den Oktober hinein. Im August waren etwa die Orte Würmla und Anzing (Bezirk Tulln) betroffen, die Behörden reagierten jedoch umgehend mit rigorosen Quarantänemaßnahmen, die Orte wurden abgeschirmt, selbst die Arbeit am Feld war verboten. 500 Bewohnerinnen und Bewohner waren betroffen.

Neuerlicher Ausbruch: Zwei Orte abgeriegelt

1.515 Gehöfte in 99 Ortschaften waren betroffen, mehr als 72.000 Tiere mussten geschlachtet werden: 4.494 Rinder, 75.627 Schweine, 245 Ziegen, 25 Schafe und ein Lama. 61 Ortschaften waren zeitweise total gesperrt, viele Großveranstaltungen im ganzen Land wurden abgesagt oder verschoben, wie etwa die Eröffnung der Landesausstellung „Die Römer an der Donau“ im Schloss Traun in Petronell-Carnuntum (Bezirk Bruck an der Leitha).

Die Bauern wurden schon damals für die entstandenen Verluste entschädigt. Ähnlich wie heute trat eine Schätzkommission auf und bewertete den Verlust für die Bauern. Insgesamt kostete der Seuchenzug von Maul- und Klauenseuche nach Einschätzung Karners etwa 150 Millionen Schilling – für 1973 eine exorbitant hohe Summe.

Ungeplanter Strukturwandel

Zugleich begann durch die Seuche ein ungeplanter Strukturwandel. Denn viele kleinere Landwirte im Weinviertel oder jene, die nahe der Pension waren, nahmen die Viehzucht nicht mehr auf oder legten den Betrieb überhaupt still, erinnert sich Ringelsdorfs ehemaliger Bürgermeister Karl Toch. Im Ort selbst blieb damals nur ein Betrieb von der Seuche verschont. „Wie wir das bewältigt haben, weiß ich bis heute nicht“, erzählt Toch, „aber alles ist vorübergegangen.“

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Privat
Die Kapelle bei Pönning erinnert an die Tierseuche 1981

Vorüber war die Seuche zumindest für die nächsten acht Jahre. Doch 1981 war die Angst zurück. Von Großbritannien über Frankreich breitete sich die Seuche in Europa wieder aus. Anfang März wurde ein Fall in der Gemeinde Kapelln (Bezirk St. Pölten) bekannt. Allerdings wurde damals umgehend reagiert, schildert Karner, die Ortschaften Thalheim und Pönnig wurden sofort abgeriegelt, niemand durfte hinein oder hinaus.

Das Bundesheer kontrollierte beinahe lückenlos – auch auf den Feldern. Selbst ein Gemüsehändler, der eigentlich zum Großmarkt Inzersdorf nach Wien wollte und nur kurz im Ort war, durfte eine Woche nicht ausreisen. Warum es dort zu einem Ausbruch kam, ist bisher ebenso unklar. In Kapelln war auch der bisher letzte Fall von MKS in Niederösterreich.

Die Maul- und Klauenseuche ist weltweit verbreitet, wobei die Erkrankung in einigen Gebieten Afrikas, Asiens und Südamerikas endemisch vorkommt und immer wieder Neuausbrüche zu verzeichnen sind. Einzelne Ausbrüche traten in der Vergangenheit auch in Europa auf. Die Schweiz war 1980, Deutschland 1988, Italien 1994, und Griechenland in den Jahren 1995, 1996 und zuletzt 2000 von der MKS betroffen.

Rinderwahn sorgt für anfängliche Panik

2001 waren die EU-Mitgliedsstaaten schließlich mit BSE – Rinderwahn – konfrontiert, das katastrophale Ausmaße erlangte. Ausgehend von Großbritannien, wo alleine über 1.300 Betriebe von der Tierseuche betroffen waren, wurden auch Betriebe in Irland, Frankreich und den Niederlanden erfasst. Erst durch Tötung von tausenden erkrankten und ansteckungsverdächtigen Tieren konnte die Ausbreitung zum Stillstand gebracht werden.

Fotostrecke mit 8 Bildern

ZU APA 195 CI – Eine Kuh im Stall der „Bundesanstalt fŸr veterinŠrmedizinische Untersuchungen“ heute in Mšdling. APA-Foto: Roland Schlager
APA
Im Jahr 2001 sorgte Rinderwahn – BSE – für Verunsicherung
ZU APA CI TEXT – Der Waldviertler Bauernhof (l.) in Gross-Hoebarten (Niederoesterreich) aus dem jenes Rind stammte, das mit dem BES-Erreger infiziert war. APA-Foto: Herbert Pfarrhofer.
APA
In Groß-Höbarten im Bezirk Gmünd wurde der erste positive BSE-Fall entdeckt
ZU APA TEXT CI – Tierarzt Roland Werk verpackt am Montag (20.11.2000) in Brensbach Odenwaldkreis eine RŸckenmarksprobe, die er gerade einem Rinderkopf entnommen hat, um diese auf BSE untersuchen zu lassen. APA-Foto: dpa/lhe
APA
Für die Analyse wurden den Tieren Rückenmarksproben entnommen und auf BSE untersucht
ZU APA 95 – Ein Laborant bereitet heute in einem Labor in Mšdling eine Gehirnprobe fŸ einen BSE Test vor.  APA-Foto: Roland Schlager
APA
Die Untersuchungen wurden in einem Labor in Mödling gemacht
ZU APA 213 CI – Aktivisten des „Verein gegen Tierfabriken“ (VgT),  unter ihnen die GrŸne Abg. Madleine Petrovic wŠhren einer Protest-Kundgebung heute Vormittag am Stock im Eisenplatz in der Wiener Innenstadt.   APA-Foto: VgT
APA
Aktivisten des „Verein gegen Tierfabriken“ protestierten damals gegen die Haltungsbedingungen
Vor Beginn einer Gro§demonstration an einer Jungrinder-Aufzucht- Anlage am Montag (11.02.2001) im sŠchsischen Saalhausen bei Freital stehen rund 16 Tage alte KŠlber im Stall unter einem Schild „Wir sollen sterben“. Die Tštung der Tiere wurde wegen eines BSE-Falles in der Herde angeordnet. dpa/lsn
dpa
–       ZU APA 506  CI     Feature                 Illustration zum Thema BSE :   Fleischgro§markt in Wien. APA-Foto: Hans Klaus Techt
APA
Der Konsum von Rinderfleisch war damals eine Zeit lang verpönt
Eine Metzgerin zeichnet am Dienstag (17.04.2001) in einer Frankfurter Metzgerei Fleisch in der Auslage aus. Die Preise im Gro§handel lagen trotz der massiven Verteuerung von Fleisch nur noch 3,3 Prozent hšher als vor Jahresfrist. Die BSE-Krise sowie die Auswirkungen der Maul- und Klauenseuche trieben die Fleischpreise in die Hšhe. Schweinefleisch verteuerte sich innerhalb von vier Wochen um 25,5 Prozent, lebende Schweine kosteten 18,3 Prozent und GeflŸgel 4,5 Prozent mehr als im Februar. Dies berichtete das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden. dpa/lhe (zu dpa 0087)
dpa
Die Fleischpreise für Rinder fielen 2001 in den Keller

In Niederösterreich wurde damals auch am Flughafen in Schwechat ein Seuchenteppich ausgelegt. In jedem Landesteil hatte ein Amtstierarzt rund um die Uhr und auch am Wochenende Rufbereitschaft. Viehmärkte wurden noch genauer als sonst überwacht und alle Tierärzte, Landwirte und Tierhalter waren verpflichtet, jeden, auch den geringsten Verdacht, umgehend bei der Bezirkshauptmannschaft und bei der Gemeinde anzuzeigen, betont Veterinärdirektor Franz Karner.

Peinlicher BSE-Fall im Waldviertel

Schließlich war auch ein Schlachtbetrieb im Bezirk Gmünd betroffen. Zunächst kam es dabei auch zu einer peinlichen Verwechslung, weil die Tierproben vertauscht wurden. Deshalb wurde zunächst ein Betrieb aus dem Bezirk Melk verdächtigt. „Das sorgte für viel Wirbel, auch weil der betroffene Betrieb mitgewirkt hat, dass das nicht ganz koscher war“, erinnert sich Pichler.

Als erste Maßnahme wurde erneut sofort der ganze Betrieb gekeult. „Das Wissen über BSE war zunächst nicht so ausgeprägt“, ergänzt Karner. Später fand man heraus, dass nur die von der Krankheit befallenen Tiere getötet werden müssen. Der Auslöser für BSE war, dass den Tieren Tierkörpermehl verabreicht wurde, dass nicht ausreichend erhitzt war, was mittlerweile verboten ist.

Obwohl es in Niederösterreich letztlich nur eine Handvoll Fälle gab, war die gesamte Landwirtschaft im Export erneut mit großen Einbußen konfrontiert. „Rindfleisch war damals eine Zeit richtig verpönt, man war bemüht, die Seuche so rasch wie möglich wieder loszuwerden“, weiß Pichler, der immer ein strenger Verfechter war Tierkörpermehl nicht zu verfüttern: „Das hatten wir nicht notwendig.“

„Schwergeburt“ sorgt für mehr Sicherheit

Mittlerweile würden Krankheiten bei Tieren darüber hinaus auch besser überwacht bzw. spielt Tiergesundheit eine wichtigere Rolle. Höhepunkt war laut Pichler die Gründung des NÖ Tiergesundheitsdienstes im Jahr 1996 – durch den damaligen Landesveterinär-Direktor Franz Karner. „Das war damals eine Schwergeburt, die Akzeptanz der Bauern und Tierärzte war enden wollend“, erzählt Pichler.

Im Lehr- und Versuchsgut Oberholz der VeterinŠrmedizinischen FakultŠt der UniversitŠt in Leipzig wird ein Schwein mit einer Impfpistole geimpft, aufgenommen am 21.08.2009. Wissenschaftler und Studenten der FakultŠt nutzen die Einrichtung fŸr aktuelle Forschungsprojekte am Schwein. Unter anderem werden die Tiere stŠndig auf verschiedene Infektionen wie Schweinegrippe ŸberprŸft und gegen verschiedene Salmonellen und Viren geimpft. Foto: Waltraud Grubitzsch dpa/lsn +++(c) dpa – Bildfunk+++
dpa-Zentralbild
Mittlerweile achten Landwirte bereits verstärkt präventiv auf die Gesundheit ihrer Tiere

Denn Tierärzte fürchteten zunächst um ihr Geschäft, wenn es weniger kranke Tiere gibt. Die Landwirte mussten fortan Kontrollorgane in ihren Betrieb lassen und dafür auch noch selbst bezahlen. Doch mit der Zeit konnte man sie überzeugen – auch weil solche präventiven Maßnahmen die wirtschaftlichen Risiken minimiert haben, dass Tiere sterben oder ihre Leistung gemindert wird. „Es muss immer etwas passieren, damit etwas passiert.“

Sendungshinweis

„Radio NÖ am Nachmittag“, 4.7.2022

Zudem stiegen infolge des EU-Beitritts Österreichs 1995 die Auflagen für die Bauern und auch für bestimmte Bio-Programme wurde die Teilnahme immer mehr zur Auflage. Und solche präventiven Maßnahmen seien auch notwendig, betont Pichler, denn obwohl die letzte große Krankheitswelle bei Tieren schon Jahre zurückliegen, besteht immer die Gefahr, „dass durch die offenen Grenzen eine Seuche eingeschleppt wird.“

Afrikanische Schweinepest

Aktuell sorgt vor allem die Afrikanische Schweinpest für besondere Aufmerksamkeit, die neben Wild- vor allem Hausschweine treffen würde. Derzeit sorgt die Krankheit in Ungarn, der Slowakei und Rumänien für große Schäden. „Da wir auch große Wildschweinpopulationen haben, kann jederzeit etwas passieren“, weiß Karner.

ABD0095_20180703 – BERLIN – DEUTSCHLAND: ARCHIV – 05.04.2016, Berlin: Wildschweine in einem Waldgebiet. Im Kampf gegen WildschŠden und die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest haben JŠger in Nordrhein-Westfalen im Jagdjahr 2017/18 so viele Wildschweine erlegt wie noch nie. Foto: Gregor Fischer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++. – FOTO: APA/dpa/Gregor Fischer
APA/dpa/Gregor Fischer
Heute sorgt die afrikanische Schweinepest, die von Wildschweinen übertragen wird, für besondere Aufmerksamkeit

Es reicht auch, dass infiziertes, verarbeitetes Wildfleisch aus einem der betroffenen Länder in Österreich etwa an einer Raststation entsorgt und von einem Tier gefressen wird. Die Jägerschaft ist deshalb verpflichtet, verendete Schweine beim Amtstierarzt zu melden, Proben werden dann genau untersucht. „Damit sich die Krankheit, wenn wo ein Fall auftritt, nicht wie ein Flächenbrand ausbreitet.“

Im Gegensatz zu 1973 – „wo man durch den Eisernen Vorhang kaum etwas aus den Nachbarländern erfahren hat, maximal gerüchteweise aus der Bevölkerung“ – gibt es laut Karner heute international einen regen Austausch. Bei jedem Seuchenfall in einem Nachbarland wird Österreich automatisch informiert.