Johanna Mikl-Leitner
ORF/Robert Salzer
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Wahl 23

Mikl-Leitner: „Wahlziel sind 40 plus“

Im ORF-NÖ-Interview zeigt sich ÖVP-Chefin Johanna Mikl-Leitner überzeugt, dass das nötige Personal für das Kinderbetreuungspaket gefunden wird. Zudem bestreitet sie Vorwürfe, die Wahl 2018 zu Ungunsten der FPÖ manipuliert zu haben.

Mikl-Leitner setzt im Wahlkampf als zentrale Botschaft erneut auf das „Miteinander“. 2018 hatte die ÖVP noch 29 von 58 Mandate im Landtag und damit die absolute Mehrheit erreicht, laut Umfragen dürfte diese aber am 29. Jänner nicht zu halten sein. Das Wahlziel beziffert Mikl-Leitner im Interview in „NÖ heute“ mit ORF-NÖ-Chefredakteur Benedikt Fuchs am Freitag mit „40 plus“.

Die studierte Wirtschaftspädagogin ist seit 1998 in der Politik. Sie war ÖVP-Landesgeschäftsführerin, Nationalratsabgeordnete und Landesrätin, von 2011 bis 2016 Innenministerin, bevor sie 2017 vom Landtag zur Landeshauptfrau von Niederösterreich gewählt wurde. Ein wichtiges Anliegen in den vergangenen Jahren war ihr die Stärkung des Wirtschaftsstandortes. Im Interview nimmt sie u.a. zum im Herbst präsentierten Kinderbetreuungspaket, einem Lösungsansatz gegen den Kassenärztemangel und Vorwürfen rund um ORF-NÖ-Landesdirektor Robert Ziegler Stellung.

Frau Landeshauptfrau, die ÖVP ist in diesem Wahlkampf immer wieder mit schweren Korruptionsvorwürfen konfrontiert. Gestern, Donnerstag, hat FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer ihren Rücktritt gefordert. Er wirft Ihnen und dem damaligen ORF-NÖ-Chefredakteur und jetzigen Landesdirektor Robert Ziegler, gegen den seit Wochen Vorwürfe im Raum stehen, vor, eine Absprache in der Causa Liederbuch vor der Landtagswahl 2018 abgehalten zu haben. Es sollte, so der Vorwurf, Druck auf die FPÖ ausgeübt werden. Gab es diese Absprache?

Johanna Mikl-Leitner: Ich kann Ihnen sagen, das ist Unsinn. Ich weiß schon, dass es damals für den Herrn Landbauer eine schwierige Situation war – die Vorwürfe mit den antisemitischen Liedertexten. Ich habe ihn damals wegen seines Stils kritisiert, weil er tagelang auf Tauchstation war, den Kopf in den Sand gesteckt hat. Auch der Herr Bundespräsident hat ihn kritisiert und wahrscheinlich viele andere auch, wie wir nach wie vor im Gedächtnis haben.

Klar ist aber, dass weder der Bundespräsident noch ich noch sonst jemand den ORF dazu gebraucht hat, zu beraten, sondern es liegt auf der Hand, dass man in so einer Frage weiß, was man tut. So wie ich damals den Herrn Landbauer im Stil kritisiert habe, kritisiere ich auch jetzt den Stil der FPÖ, wo der Herr Kickl (FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl; Anm.) meint, er muss den Krieg ins Feindesland tragen und wenn er von Feindesland spricht, meint er Niederösterreich. Diesen Stil brauchen wir nicht.

Die Spitzenkandidaten im TV-Interview

Von 16. bis 20. Jänner gibt es in „NÖ heute“ (19.00 Uhr, ORF2-N) Interviews mit den Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der fünf im Landtag vertretenen Parteien

Ist für Sie dann eine Zusammenarbeit nach der Wahl mit der FPÖ aus jetziger Sicht mit diesen Punkten vorstellbar?

Mikl-Leitner: Ich möchte auch in der neuen Legislaturperiode eine Zusammenarbeit mit allen politischen Parteien haben, sowohl im Landtag, aber auch in der Landesregierung. Denn gerade in den letzten fünf Jahren haben wir 99 Prozent der Beschlüsse in der Regierung gemeinsam einstimmig gefasst, im Landtag 98 Prozent mit zumindest einer anderen politischen Partei. Wir haben hier gut gearbeitet. Im Stil sind wir natürlich total unterschiedlicher Meinung. Aber ich will dieses Miteinander weiterleben. Auch werde ich dieses Miteinander nicht wegen eines Herrn Landbauer aufgeben.

Wie wollen Sie es schaffen, dieses Miteinander wieder herzustellen? Derzeit sind die Fronten der Parteien sehr verhärtet, es gibt viel Hickhack im Wahlkampf, ein Fairnessabkommen, das die ÖVP im Vorjahr vorgeschlagen hat, haben alle Parteien abgelehnt. Wie wollen Sie dieses Miteinander wieder finden?

Mikl-Leitner: Sie haben vollkommen recht, dass dieser Wahlkampf von Angriffen, Untergriffen und anonymen Anzeigen geprägt ist und dass die Gräben jetzt schon tief sind. Ich bin fest davon überzeugt, dass sie in den nächsten Tagen noch tiefer werden. Ich will diese Gräben nach dem 29. Jänner zuschütten. Ich möchte alles dafür tun, alle politischen Parteien wieder zusammenzuführen, um dieses Miteinander auch weiterleben zu können, weil ich fest davon überzeugt bin, dass das für Land und Leute am besten ist. Das sieht man daran, dass wir mit diesem Miteinander besser durch die Krise gekommen sind wie so manch andere Länder.

Johanna Mikl-Leitner
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„Will das Miteinander weiterleben“: Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner im Interview mit ORF-NÖ-Chefredakteur Benedikt Fuchs

Aktuelle Meinungsumfragen sehen die ÖVP bei rund um 40 Prozent, manche mehr, manche liegen darunter. Wo liegt aktuell Ihr Wahlziel? Ein Vierer vorne oder die Mehrheit in der Landesregierung?

Mikl-Leitner: Das Wahlziel ist dieses Miteinander auch nach dem 29. Jänner leben zu können. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass dieses Land jetzt in diesen herausfordernden Zeiten Verlässlichkeit, Stabilität und Sicherheit braucht. Ich werde alles tun, um Blau-Rot zu verhindern, wo es dann um das Gegeneinander geht.

Ist die Mehrheit in der Landesregierung ein Ziel oder wären Sie da schon zufrieden?

Mikl-Leitner: Wenn Sie mich nach einer konkreten Zahl fragen, würde ich sagen 40 plus.

Sie haben beim letzten Wahlkampf 2018 mit der ÖVP die Wahlkampfobergrenze von sechs Millionen Euro überschritten. Wird sie dieses Mal eingehalten?

Mikl-Leitner: Der Herr Landesgeschäftsführer (Bernhard Ebner, Anm.) hat den Auftrag, die Wahlkampfkosten im Blick zu haben und diese auch einzuhalten.

Auf Bundesebene liegt diese Grenze bei sieben Millionen Euro, sechs Millionen Euro sind es in Niederösterreich. Ist das zu hoch aus Ihrer Sicht oder gerechtfertigt?

Mikl-Leitner: Man sieht, wenn man durchs Land fährt, dass jede politische Partei informiert und unterwegs ist, um zu überzeugen. Wir sind in 573 Gemeinden präsent, haben Tausende von Funktionären und wollen natürlich auch alle darüber informieren, wofür wir stehen und um was es geht. Deswegen auch diese Obergrenze.

Kommen wir zum Thema Kinderbetreuung. Sie haben im Vorjahr ein sehr weitreichendes, ambitioniertes Paket präsentiert, das einen weitreichenden Ausbau in Niederösterreich beinhaltet. Die Grenze für den Kindergarteneintritt wurde auf zwei Jahre gesenkt. Es braucht hunderte Gruppen mehr, sehr viel Personal mehr, aber es gibt schon jetzt einen Personalengpass. Wie will man dieses Personal finden?

Mikl-Leitner: Zum Ersten ist es uns wichtig, dieses Kinderbetreuungsnetz noch enger und dichter zu knüpfen. Wir haben in den letzten Jahren viel getan. Wir haben über 200 Kleinkindergruppen für die Null- bis Zweieinhalbjährigen gebaut und es dadurch geschafft, über 3.000 kleine Zwerge betreuen zu können. Auch im Jahr 2007 haben wir über 600 Gruppen im Kindergartenbereich gebaut und konnten alles personell besetzen.

Sie haben natürlich recht, dass das nicht nur infrastrukturell eine ganz große Herausforderung ist, wo wir sehr viel Geld brauchen, es ist auch personell eine ganz große Herausforderung. Wir haben aber schon einige Maßnahmen gesetzt, dass wir an die Schulen gehen und für den Kindergartenbetrieb als auch für Kleinkindergruppen werben. Wir werden bezahlte Praktika einführen. Das heißt, wir haben die Rahmenbedingungen geschaffen, um wirklich gutes Personal zu akquirieren. Ich kann auf alle Fälle alle Kritiker beruhigen. Wir haben jetzt schon 60 Elementarpädagoginnen aufgenommen, diese 60 Gruppen müssen erst gebaut werden. Wir werden das schaffen.

Sie sind also davon überzeugt, dass es sich ausgehen wird – auch mit dem Personal?

Mikl-Leitner: Ja, selbstverständlich.

ÖVP-Spitzenkandidatin Johanna Mikl-Leitner im Interview

Bei ORF-NÖ-Chefredakteur Benedikt Fuchs ist diesmal ÖVP-Spitzenkandidatin Johanna Mikl-Leitner zu Gast. Sie spricht über die bevorstehende Landtagswahl.

Sie haben vor fünf Jahren im Wahlkampf eine Landarztgarantie eingeführt. Die Situation hat sich nicht wirklich verbessert. Mit Stand Mitte Dezember des Vorjahres sind 53 Kassenarztstellen unbesetzt, das ist immer wieder politisches Thema in Niederösterreich. Warum hat das nicht funktioniert und was haben Sie jetzt vor, um dieses Problem zu lösen?

Mikl-Leitner: Die Landarztgarantie war von unserer Seite nur eine Übergangslösung, weil die Gesundheitskasse und vor allem die Ärztekammer keine Lösung zustande gebracht haben. Deswegen sind wir in Vorlage getreten und haben gesagt, unsere praktischen Ärzte aus den Kliniken sollen in Ordinationen Dienst machen, die nicht besetzt sind. Dann kam Corona und dann wurden diese Ärzte auch in den Kliniken gebraucht.

Gott sei Dank gibt es jetzt einen neuen Präsidenten seitens der Ärztekammer (Harald Schlögel; Anm.). Mit der Ärztekammer und der Gesundheitskasse ist es gelungen, eine noch bessere Lösung zustande zu bringen, dass es in Zukunft einen Ärztepool gibt. Dieser Ärztepool macht Dienst an den Ordinationen, die nicht besetzt sind, solange bis sie wieder fix besetzt sind.

Vier Prozent der Ordinationen in Niederösterreich sind nicht besetzt. Ich weiß, das klingt zwar wenig, aber ich bin froh, dass es jetzt diese Lösung gibt. Denn jede Ordination, die nicht besetzt ist, ist eine zu viel. Mit dieser Lösung, glaube ich, schaffen wir es, dass wieder alle Ordinationen besetzt sein werden.

Ab wann gibt es diesen Ärztepool?

Mikl-Leitner: Mit Ende März.

Johanna Mikl-Leitner
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2018 war es die Landarztgarantie, nun soll es ein Ärztepool richten: Mikl-Leitner zum Kassenärztemangel in Niederösterreich

Thema Teuerung: Sie haben letztes Jahr zahlreiche Hilfen präsentiert – Strompreisrabatt, Heizkostenzuschuss, Pendlerhilfe u.a. Es gibt ein milliardenschweres Öffi-Ausbaupaket. Uns schreiben sehr viele Menschen, die sich fragen, woher all dieses Geld für diese Maßnahmen kommt. Wie sehr schlägt sich das auf das Budget des Landes nieder?

Mikl-Leitner: Sie wissen, dass wir uns in dieser Legislaturperiode vorgenommen haben, ein Nulldefizit zu erreichen. Genauso wie andere Länder mussten wir aber leider aufgrund der Krisen – sowohl der Pandemie als auch des Krieges in der Ukraine – von dem Pfad abkommen. Deswegen war es wichtig und notwendig, in so einer Ausnahmesituation den Menschen zu helfen, finanziell zu helfen, sowohl den Haushalten, aber auch der Wirtschaft. Deswegen werden wir nach der Krise wieder den Weg in Richtung Nulldefizit einschlagen.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 20.1.2023

Eine Frage noch zur Teuerung: Viele Menschen kämpfen mit ihren gestiegenen Strompreisrechnungen. Die Lage am Markt beginnt sich aber etwas zu entspannen. Die EVN ist im Mehrheitsbesitz des Landes. Sehen Sie Möglichkeiten, noch mehr gegen die Preiserhöhungen einzugreifen – abgesehen vom Strompreisrabatt?

Mikl-Leitner: Ja, selbstverständlich. Das Land Niederösterreich ist zu 51 Prozent beteiligt (an der EVN; Anm.). Wir alle wissen, dass es für ein gesellschaftliches, aber auch für ein wirtschaftliches Zusammenleben gesetzliche Regulative braucht und dass sich jede und jeder daran halten muss. Klar ist, dass die EVN eine Aktiengesellschaft ist, wo der Eigentümer eben nicht in die operativen Geschäfte eingreifen darf. Das heißt, der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung dürfen nicht beeinflusst werden. Auch die Vorstände sind nicht an Weisungen gebunden. Das ist ein Faktum. Jede oder jeder, der etwas anderes sagt, verspricht etwas, das er nicht halten kann.

Das heißt aber nicht, dass wir uns zurücklehnen, sondern wir stellen ganz konkrete Überlegungen an, um zu helfen. Das haben wir mit unserem ‚blau-gelben Strompreisrabatt‘ getan. Ich lade jeden ein, auf die Plattform der E-Control zu gehen, seinen Stromverbrauch einzugeben und zu schauen, was er letztendlich zahlt. Dann wird jeder Haushalt feststellen, dass gerade die niederösterreichischen Haushalte die günstigsten Strompreise haben – unter Berücksichtigung des ‚blau-gelben Strompreisrabattes‘ als auch der Strompreisbremse seitens des Bundes. Wir sind hier die günstigsten, andere Bundesländer haben wesentlich höhere Preise, vier bis fünf Mal so hoch.