operklosterneuburg 2023 Don Carlo mit Karina Flores und Günther Groissböck
Lukas Beck
Lukas Beck
Kultur

Wie Günther Groissböck „Don Carlo“ sieht

Er hat an der Scala, an der Met und in Bayreuth gesungen, ab 8. Juli ist er in „Don Carlo“ in Klosterneuburg zu hören: Günther Groissböck. Der gebürtige Mostviertler ist einer der Stars im weltweiten Operngeschäft, nun kehrt er zu seinen musikalischen Wurzeln zurück.

Es ist in Klosterneuburg (Bezirk Tulln) erst die zweite Regiearbeit des weltweit gefragten Star-Basses Günther Groissböck. Seine erste Inszenierung im Bereich Musiktheater lieferte der 46-Jährige 2021 in der Wiener Kammeroper ab: „Tristan-Experiment“ hieß die gekürzte, umgedichtete kammermusikalische Version von Richard Wagners Liebesdrama „Tristan und Isolde“.

Geplant ist eine klassisch-moderne Inszenierung

Richard Wagners Opern sowie Giuseppe Verdis 1867 uraufgeführter „Don Carlo“ bezeichnet Groissböck als seine persönlichen Lieblingsopern. Aus alter Verbundenheit zu operklosterneuburg und Intendant Michael Garschall kehre er nun in den Kaiserhof des Augustiner-Chorherrenstifts zurück, vielleicht auch, um die Jubiläumsproduktion – nämlich Nummer 25 – zu „adeln“.

Seine Inszenierung werde klassisch-modern sein, mit historischen Kostümen, mit großem Respekt vor Werk und Komposition. Groissböck wird aber in Klosterneuburg nicht nur Regie führen, sondern auch als Philipp II. auf der Bühne stehen.

operklosterneuburg 2023 Don Carlo mit Günther Groissböck und Thomas Weinhappel vl
Lukas Beck
Günther Groissböck (l.) als Philipp II. und Thomas Weinhappel (r.) als Marquis von Posa

Von Klosterneuburg aus zu einer Weltkarriere

2003 sang Günther Groissböck als junger und damals noch unbekannter Sänger kurz nach Abschluss seines Gesangsstudiums seinen ersten Sarastro in „Die Zauberflöte“ in der Produktion von operklosterneuburg. Ewald Baringer, damals wie heute Kulturkritiker der Austria Presse Agentur, schrieb 2003: „Günther Groissböcks Sarastro beeindruckte mit kräftigem Bass.“ Ein Jahr zuvor war der Sänger einer der vier Könige in Richard Strauss’ „Die Liebe der Danae“ gewesen, danach wurde er Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper.

Die internationale Sängerkarriere begann dann sehr schnell: Ein Jahr nach dem Wiener Engagement kam dann Zürich, es folgten Auftritte in New York, Mailand, München, Berlin, Paris, Amsterdam, Madrid, Barcelona, Chicago, Los Angeles, San Francisco und Houston. Bei den Bayreuther Festspielen debütierte er 2011 als Landgraf Hermann im „Tannhäuser“, eine Rolle, die Groissböck auch heuer singen wird, denn er springt für Dmitry Belosselskiy ein, der vor einer Woche krankheitsbedingt absagen musste.

Günther Groissböck
Dominik Stixenberger
Günther Groissböck über seine „Don Carlo“-Inszenierung: „Ich freue mich auf die begeisterten Augen des Publikums, wenn alles so gelingt, wie wir es uns vorstellen.“

Groissböck: „Ein Plädoyer für Freiheit und Liebe“

noe.ORF.at: Was ist für Sie an „Don Carlo“ generell das Interessante, welche thematischen Schwerpunkte möchten Sie setzen?

Günther Groissböck: Ich sehe „Don Carlo“ vor allem als eine Art Plädoyer für Freiheit und Liebe im Spannungsfeld der höfischen und gesellschaftlichen Normen im Spanien des 16. Jahrhunderts.

noe.ORF.at: Worum geht es für Sie als Regisseur zentral in dieser Oper?

Groissböck: Der Dreh- und Angelpunkt wird für mich vor allem die Beziehung zwischen dem zerrissenen König und seinem wahren Freund Marchese di Posa sein, beziehungsweise dessen liberale Ideale. Dazu die hierarchischen Gegebenheiten im Wechselspiel mit der katholischen Kirche, die Freiheit und Liebe in unserem modernen Verständnis eigentlich unmöglich machen.

noe.ORF.at: Von Wagner zu Verdi: Was reizt Sie an „Don Carlo“?

Groissböck: Für mich persönlich ist „Don Carlo“ nicht nur musikalisch die packendste Verdi-Oper, sondern sie ist auch deshalb so großartig, weil es der Komponist meisterhaft schafft, den Zuhörer in eine andere Epoche zu entführen – und bei aller düsteren Grundstimmung auch große Momente der Freiheit und Liebe erstrahlen lässt. Also durchaus Wagner‘sche Tugenden in italienisch-spanischem Gewande.

noe.ORF.at: Sehen Sie das Inszenieren als Ihr zweites künstlerisches Standbein in Zukunft?

Groissböck: Eigentlich bin ich mit meinem Singen mehr als ausgelastet. Aber ich muss gestehen, es macht bei aller Arbeit großen Spaß, vor allem auch deshalb, weil ich dabei meinem kreativen „Sprudelhirn“ freien Lauf lassen kann und ich grundsätzlich gerne mit Menschen arbeite.

noe.ORF.at: Was erwartet das Publikum ab 8. Juli, warum sollte ich mir als Opernfan eine Eintrittskarte kaufen?

Groissböck: Es wird auf jeden Fall eine geschmackvolle, schöne, in der Ausstattung eher klassische Produktion, die, wenn alles so läuft wie geplant, perfekt in den wunderschönen Stiftshof passen sollte. Zudem werden wir die Möglichkeiten der Open-Air-Situation voll ausschöpfen, sprich, es wird eine feurige Angelegenheit …

Günther Groissböck und Michael Garschall
Roland Ferrigato
Intendant Michael Garschall (l.) und Regisseur Günther Groissböck mit dem Bühnenbildmodell zu „Don Carlo“

noe.ORF.at: Was verbinden Sie mit Klosterneuburg, was verbinden Sie mit dem Kaiserhof?

Groissböck: Jede Menge Erinnerungen, unter anderem an „Die Zauberflöte“ im Jahr 2003 und an die grundsätzliche Magie, die dieser faszinierende Ort für mich ausstrahlt.

noe.ORF.at: Worauf freuen Sie sich persönlich am meisten hinsichtlich „Don Carlo“?

Groissböck: Auf die begeisterten Augen des Publikums, wenn alles so gelingt, wie wir es uns vorstellen.

Garschall: „‚Don Carlo‘ im ‚österreichischen Escorial‘“

„Von einem ‚Don Carlo‘ im Kaiserhof des Stiftes Klosterneuburg – sozusagen im österreichischen Escorial – träume ich seit 25 Jahren. Heuer wird diese Vision Wirklichkeit, noch dazu mit einer sensationellen Besetzung!“ Drei Jahre arbeitete Michael Garschall an der Realisierung seiner Wunschproduktion, welche die 25. Opernproduktion seiner Intendanz sein wird und von 8. Juli bis 4. August gezeigt wird.

Hochkarätig – neben Groissböck als König Philipp II. – ist die Besetzung: Arthur Espiritu debütiert in der Titelpartie, Margarita Gritskova ist erstmals als Prinzessin Eboli zu erleben, Thomas Weinhappel gibt sein Rollendebüt als Marquis von Posa. Karina Flores, 2021 gefeierte Leonora in „La Forza del destino“, kehrt als Elisabeth in den Kaiserhof zurück (im Bild ganz oben mit Günther Groissböck). Die Partie des Großinquisitors wird von Matheus França gesungen. Christoph Campestrini dirigiert die Beethoven Philharmonie, Hans Kudlich zeichnete erneut für ein imposantes Bühnenbild verantwortlich, Andrea Hölzl entwarf die Kostüme.