Hände von Konzertpublikum
ORF/Novak
ORF/Novak
Kultur

Frequency: Von Politrock bis DJ-Sound

Am zweiten Festivaltag bewies das FM4 Frequency-Festival u. a. seine musikalische Vielschichtigkeit. Neben Hip-Hop und tanzbaren Rhythmen war auch Platz für härtere Töne. Von den Headlinern Prophets of Rage gab es Politrock vom Feinsten, DJ-Sounds kamen von der Swedish House Mafia.

Die Stücke kennt man, und eigentlich auch die Themen. Aber die Prophets of Rage sind selbst im Jahr 2019 höchst aktuell unterwegs. Die US-Supergroup, die aus Mitgliedern von Rage Against The Machine, Public Enemy und Cypress Hill besteht, beschloss auf der Green Stage den zweiten Frequency-Tag – und wie! Politrock vom Feinsten sorgte für ordentlich Stimmung vor der Bühne.

Rage Against The Machine-Klassiker aus den 90ern

Was kein Wunder war: Wer Hits wie „Testify“, „Bullet In The Head“ oder „Killing In The Name“ aus dem Köcher ziehen kann, muss sich eigentlich keine Sorgen machen. Die Rage-Klassiker aus den 90er-Jahren verfehlen ihre Wirkung auch heutzutage nicht, wissen mit markanten Riffs und einem unbarmherzigen Groove zu überzeugen und sind so ganz nebenbei immer noch wütende Anklage all dessen, was in unserer Welt ihrer Ansicht nach falsch läuft. Immerhin wurden die Prophets of Rage vor rund drei Jahren auch gegründet, um gegen Trump und Co ins Feld zu ziehen.

„Wir sind keine Nostalgieband“, stellte Gitarrist Tom Morello vor dem Auftritt im APA-Gespräch klar. Natürlich werden die Klassiker gespielt, aber: „Man muss ja auch bedenken, dass zu unseren Shows viele junge Leute kommen, die noch gar nicht auf der Welt waren, als Rage Against The Machine am Höhepunkt war. All das kennen sie erst jetzt, durch uns, durch Prophets of Rage. Aber wenn man eines von all unseren Gruppen mitnehmen kann, dann dass die Leute früher auch nicht intelligenter waren, mehr Macht oder Geld hatten als wir jetzt. Es liegt an jedem Einzelnen von uns, die Welt zu ändern. Gerade der Klimawandel ist ein historisches Event von solchem Ausmaß, dass es nur heißen kann: Jetzt oder nie!“

„Die Jugend ist unsere Hoffnung“

Nicht vergessen dürfe man dabei: „Unser erste Aufgabe ist natürlich, die Leute zu unterhalten“, erklärte Morello. „In dieser fantastischen Mischung aus Hip-Hop und Rock’n’Roll steckt aber eine Botschaft von Ermächtigung. Und die Jugend ist unsere Hoffnung“, zeigte sich der Musiker nicht zuletzt von der „Fridays for Future“-Bewegung angetan. „Das ist wirklich eine tolle Sache. Unsere Aufgabe als Künstler muss es sein, diese Kids zu unterstützen.“

Fotostrecke mit 12 Bildern

Besucher am Frequency
ORF/Novak
Besucher am Frequency
ORF/Novak
Besucher am Frequency
ORF/Novak
Besucher am Frequency
ORF/Novak
Besucher am Frequency
ORF/Novak
Besucher am Frequency
ORF/Novak
Besucher am Frequency
ORF/Novak
Besucher am Frequency
ORF/Novak
Besucher am Frequency
ORF/Novak
Besucher am Frequency
ORF/Novak
Besucher am Frequency
ORF/Novak
Besucher am Frequency
ORF/Novak

Und das heißt im konkreten Fall eben: Mehr als 20 Jahre alte Songs spielen, die an Schärfe und Pointiertheit wenig eingebüßt haben. Während die Instrumentalisten von Rage Against The Machine das Fundament lieferten, setzte DJ Lord von Public Enemy atmosphärische Akzente und lieferten sich sein Kollege Chuck D sowie B-Real von Cypress Hill an den Mikrofonen eine wahre Schlacht um die Vorherrschaft am Bühnenrand. Da mag das Durchschnittsalter zwar um die 50 liegen, aber so eine energiegeladene Show sieht man nur selten. Nur schien sich das nicht so ganz herumgesprochen zu haben, waren die Reihen doch nicht so dicht besetzt wie man vielleicht annehmen mochte. Die Vorfreude auf ein bevorstehendes Album (Morello: „Es gibt noch nichts Konkretes, aber wir arbeiten daran“) stieg dennoch.

DJ Sounds mit effektvoller Lichtershow

Klotzen, nicht kleckern war zur selben Zeit das Motto auf der anderen Seite des Festivalgeländes: Auch hier handelte es sich um eine Supergroup, nur nicht aus dem Rockzirkus, sondern der Electroszene. Die drei Schweden Axwell, Steve Angello und Sebastian Ingrosso sind schon für sich genommen überlebensgroße Stars, aber zusammen wird dann eben noch ein Schäuferl mehr abgeliefert. Gottgleich standen die drei DJs über den Dingen, jeder einen Thron für sich, und spielten mit der Menge. Tanzbar war da sowieso alles, aber man musste erstmal Zeit dafür finden – denn diese Licht- und Effektshow sorgte für offene Münder.

Wer sich ein DJ-Set als statische Sache vorstellte, wurde also schnell eines Besseren belehrt, dafür gab es viel zu viele Abschnitte, die abgeackert wurden, dramaturgische Bögen, die gespannt wurden, eingängige wie sperrige Tracks, die ihren Weg auf diese Festivalbühne fanden. Dabei musste es nicht nur melodisch zur Sache gehen, auch der gerade Beat mit ordentlich Wumms wurde gerne bedient. Als Abschluss und Kontrapunkt des zweiten Tages waren Swedish House Mafia jedenfalls eine kurzweilige Angelegenheit.

Von Hip-Hop bis Blasmusik

Bis zu den beiden Headlinern, die unterschiedlicher nicht sein könnten, konnten sich die Besucherinnen und Besucher bereits am Nachmittag von der Vielseitigkeit des Line-Ups überzeugen. Pan Kee-Bois servierte eine ordentliche Ladung zeitgenössischen Hip-Hops, bei dem weniger der Inhalt denn der Effekt im Vordergrund stand. Trettmann wusste mit seinen Dancehallsounds ein jugendliches Gefühl zu erzeugen, das man einem 45-Jährigen vielleicht gar nicht zutrauen würde. 187 Strassenbande und der österreichischen Rapperin Mavi Phoenix brachten wiederum Hip-Hop auf die Bühne, und der Fünfer Erwin & Edwin packte ganz einfach eine Portion Brassaction mit dazu. Die Band durfte genau beim heftigen Regen indoor ihre Instrumente bedienen. „Ich habe vorher noch auf Google nachgeschaut und dachte mir nur: Jawohl!“, lachte Rapper Alix über das locationtechnische Glück der Gruppe.

Fotostrecke mit 8 Bildern

FREQUENCY 2019: KONZERT – YUNGBLUD
APA/HERBERT P. OCZERET
Yungblud
FREQUENCY 2019: KONZERT – YUNGBLUD
APA/HERBERT P. OCZERET
Yungblud
FREQUENCY 2019: KONZERT – SWEDISH HOUSE MAFIA
APA/HERBERT P. OCZERET
Swedish House Mafia
FREQUENCY 2019: KONZERT – G-EAZY
APA/HERBERT P. OCZERET
G-Eazy
FREQUENCY 2019: KONZERT – G-EAZY
APA/HERBERT P. OCZERET
G-Eazy
FREQUENCY 2019: KONZERT – TRETTMANN
APA/HERBERT P. OCZERET
Trettmann
FREQUENCY 2019: KONZERT – MAVI PHOENIX
APA/HERBERT P. OCZERET
Mavi Phoenix
FREQUENCY 2019: KONZERT – MAVI PHOENIX
APA/HERBERT P. OCZERET
Mavi Phoenix

Aber Regen hin oder her: Jene, die bei Erwin & Edwin dabei waren, hatten sichtlich eine gute Zeit. Im ärgsten Gedränge waren beim hochgeschraubten Tempo sogar Krücken inmitten der Menge auszumachen. „Den hab ich auch gesehen, der Typ war krass“, schmunzelte Alix nach dem Gig im APA-Gespräch. Und Bandkollege Simon Gramberger ergänzte: „Man kann schon sagen, dass wir eine Festivalband sind. Unsere Musik kommt uns da natürlich zugute – das funktioniert meistens. Selten brauchen die Leute noch eine zusätzliche Motivation von unserer Seite.“

Abwechslung, Vielschichtigkeit, Durcheinander – alles traf in der ein oder anderen Form bisher auch auf das Frequency zu. Wo kurz mal die Gitarren jaulten (danke dafür an Yungblud und dessen zeitgemäße Teenage-Angst-Interpretation mit Feelgood-Factor), sich dann wieder die EDM-Chefs an den digitalen Plattentellern mit fremden Federn schmückten oder ganz einfach technoides Gestampfe für großen Jubel sorgte, merkte man schnell: Musik hat in St. Pölten in all ihren Spielarten eine Berechtigung. Für jeden was dabei, für jede etwas zu entdecken. Auch und vor allem das macht das Frequency 2019 aus.