In Niederösterreich besuchen 36 Prozent der Schüler der fünften Schulstufe eine AHS. 1980 waren es noch 20 Prozent. In stark wachsenden Gemeinden in der Nähe von Wien geht den Gymnasien der Platz aus. Auch Bildungsdirektor Johann Heuras kritisierte die derzeitige Situation – mehr dazu in Heuras: „Zu viele Kinder in falscher Schule“ (noe.ORF.at; 01.09.2019).
Im Gymnasium Perchtoldsdorf (Bezirk Mödling) werden 100 Schüler in Containern unterrichtet. Was als Übergangslösung gedacht war, ist mittlerweile seit zehn Jahren Alltag. Die Schüler sehen im Unterricht in den Containern Vor- und Nachteile: „Im Winter ist es kalt, ziemlich kalt, da muss man mit Jacke drinnen sitzen. Im Sommer ist es heiß, aber da gehen wir dann für den Unterricht hinaus“, sagt etwa ein Schüler aus Maria Enzersdorf (Bezirk Mödling). „Es ist viel besser, weil man mit den Schuhen und mit der Jacke reingehen kann. Man kann alles anlassen und muss sich nicht extra Hausschuhe kaufen“, findet eine Schülerin aus Perchtoldsdorf.
Viele Standorte mit gleichem Problem konfrontiert
Nicht nur die Schüler sind von den Umständen betroffen, sondern auch ihre Lehrerinnen und Lehrer. Dagmar Frick, Klassenvorstand einer ersten Klasse in Perchtoldsdorf, schildert den Schulalltag im Container folgendermaßen: „Es gibt weniger Platz und einen fürchterlichen Geruch in diesen Containerklassen. Die Schüler sind wesentlich schwerer zur Ruhe zu bringen und sie sind auch wesentlich unentspannter.“ Im Juni habe es zudem um die 40 Grad, weshalb man den Unterricht oft nach draußen verlege.
5.190 Erstklässler starteten 2017 in der ersten Klasse eines Gymnasiums. Vor dreißig Jahren war es noch etwa ein Fünftel weniger. Mit Platznot kämpft man nicht nur in Perchtoldsdorf. In Gänserndorf zieht das Konrad-Lorenz-Gymnasium für zwei Jahre in ein Containerdorf. Das Schulgebäude wird saniert und vergrößert.
Auch das Gymnasium Keimgasse in Mödling ist ab diesem Schuljahr eine Baustelle. Dort entstehen 18 neue Klassenräume. In Mödling und im Gymnasium in Bruck an der Leitha wurde heuer wegen der vielen Anmeldungen eine zusätzliche erste Klasse aufgenommen. In Schwechat (Bezirk Bruck an der Leitha), in Purkersdorf (Bezirk St. Pölten) und in Bruck bekam eine geringe Anzahl an Schülern keinen Platz mehr.
Anmeldungen werden weiter steigen
In Bruck an der Leitha handelte es sich dabei um jene Schüler, die aufgrund ihrer Noten in der vierten Klasse Volksschule eine Aufnahmeprüfung ablegen mussten. „Wir haben da von Anfang an gesagt, dass sie die Prüfung bei uns machen können, wir aber keinen Platz mehr haben“, sagt Sabine Puchinger, die seit 1. August das Gymnasium in Bruck leitet. In Schwechat hätten sich fast ausschließlich Schüler angemeldet, die das Aufnahmekriterium von maximal zwei „Gut“ im Zeugnis der vierten Volksschule erfüllt haben, sagt Direktor Heinz Lettner. Deswegen habe man auch weniger Bewerber abweisen müssen.
Die Direktorinnen und Direktoren der Gymnasien erwarten, dass die Anmeldungen in den nächsten Jahren weiter steigen werden. Eine weitere AHS im Speckgürtel um Wien sei dringend notwendig, sagt auch Wolfgang Faber, Direktor in Perchtoldsdorf: „In diesem Bereich findet ein großer Zuzug statt, es wachsen die Gemeinden. Dementsprechend ist die Notwendigkeit für neue Schulplätze gegeben und die müssen geschaffen werden.“ Laut Bildungsdirektion laufen die Planungen für einen weiteren Standort im Großraum Wien – wo genau, sei aber noch nicht entschieden. Bis dahin werden wohl noch einige erste Schultage stattfinden.