Triel
Getty Images/iStockphoto/Slavisa Tomanovic
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Politik

Landesregierung hält an Bau der S8 fest

Die Klubchefs der Landesparteien von ÖVP, SPÖ und FPÖ haben am Mittwoch ein Bekenntnis zur Errichtung der Marchfeld Schnellstraße (S8) abgegeben. In der Vorwoche hatte sich das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem Projekt beschäftigt. Der Triel, eine äußerst seltene Vogelart, droht den Bau zu verhindern. Eine Entscheidung steht aus.

Das Verkehrsministerium hatte am 17. April 2019 den positiven UVP-Bescheid zur S8 ausgestellt. Dagegen wurden in Summe 18 Beschwerden eingebracht. Die mündliche Verhandlung des UVP-Beschwerdeverfahrens fand am Mittwoch und Donnerstag der Vorwoche statt. Ein Gerichtsgutachten kam zu dem Schluss, dass der Bau der Schnellstraße die Fortpflanzungsstätte des vom Aussterben bedrohten Vogels Triel beeinträchtigen würde. Dieser Meinung schloss sich auch der Gutachter der ersten Instanz an – er distanzierte sich damit von seiner bisherigen Expertise.

ÖVP-Klubobmann Klaus Schneeberger sah den Bau des 14,4 Kilometer langen Straßenabschnitts „am Scheideweg“. Bei einer Pressekonferenz sagte er am Mittwoch in St. Pölten, dass „es so zu sein scheint, als würde eine negative Entscheidung herbeigeführt werden“, sagte Schneeberger bei einer Pressekonferenz in St. Pölten. Die Regierungsparteien würden sich allerdings „gemeinsam und eindeutig“ zur Errichtung der S8 bekennen. Der Straßenabschnitt bedeute „ein Mehr an Lebensqualität, weil in etwa 20.000 Menschen direkt vom Durchzugsverkehr befreit werden und weil 35.000 Fahrzeuge aus den Ortschaften wegkommen“, rechnete Schneeberger vor.

Wirtschaft und Anrainerentlastung als Gründe für Bau

Die gemeinsame Pressekonferenz der Klubobleute sei ein „erstes Signal“, ein weiteres bilde ein Dringlichkeitsantrag, der in der Landtagssitzung am Donnerstag behandelt werde. Abzielen soll dieser laut ÖVP-Landtagsklubchef darauf, dass sich „die Landesregierung gestärkt durch die breite Zustimmung des Landtags“ bei der zuständigen Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) einsetzt, „um alles zu tun, dass dieser Verkehrsstrang errichtet wird und damit die Region eine entsprechende Aufwertung bzw. zusätzliche Lebensqualität erfährt“.

Schnellstraße S8
ORF
Die geplante Marchfeld Schnellstraße (S8) umfasst eine Strecke mit 14,4 Kilometern Länge

Gutachten verzögert Bauvorhaben

Reinhard Hundsmüller, Obmann des SPÖ-Landtagsklubs, verwies auf „diverseste Verfahren“ in der Causa S8. Es mache betroffen, dass nun „ein Gutachter sein positives Gutachten revidiert hat. Wir hätten schon gedacht, dass wir 2021 beginnen können und 2023 sagen können: Jetzt ist es so weit“.

Im Fall einer Ablehnung des Projekts durch das BVwG plädierte Hundsmüller dafür, dass sich die „relevanten Entscheidungsträger zusammenzusetzen haben und einen Plan B, eine Alternative ausarbeiten“. Ins Treffen geführt wurde bei der Pressekonferenz etwa eine Trassenänderung oder eine Umsiedlung des Triels. Gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts stehen grundsätzlich auch die Rechtsmittel der ordentlichen bzw. außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof offen. Dass sich die Situation des Triels bis dahin ändere, weil dieser sich etwa einen anderen Brutplatz suche, „wäre ein Weg“, sagte ÖVP-Klubchef Schneeberger.

FPÖ-Klub- und Landesparteiobmann Udo Landbauer sprach von „einer Verkehrshölle, die die Anrainer erleben müssen“. Das Projekt müsse schnellstmöglich gerettet werden: „Selbst wenn wir eine Trassenänderung zustande bringen können, würde uns das wieder zehn Jahren zurückwerfen.“ Landbauer appellierte zugleich an die ASFINAG, die Fortführung des Ermittlungsverfahren zu beantragen. Ein solcher Schritt „müsste sofort erfolgen“, konkretisierte Landbauer auf Nachfrage.

Bauvorhaben stößt auf Lob und Kritik

Seitens der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft wird allerdings vorerst „auf den schriftlichen Entscheid“ gewartet, wie eine Sprecherin auf APA-Anfrage mitteilte. „Dann werden wir uns den Entscheid anschauen, prüfen und danach entscheiden.“

Auch Wolfgang Ecker, Obmann des NÖ Wirtschaftsbundes, meldete sich am Mittwoch zur S8 zu Wort. Der Straßenabschnitt sei „unverzichtbar für den großstädtischen Raum. Wie wollen wir sonst leistungsfähige Infrastruktur in der Region Marchfeld sicherstellen?“, befand Ecker.

Kritik an der Herangehensweise der NÖ Landesregierung kam von den NEOS. Verkehrssprecherin Edith Kollermann ortete in einer Aussendung Planlosigkeit und kritisierte, dass sämtliche Zufahrtsstraßen zur S8 bei einem Nein des BVwG „ins Nirvana führen“ würden.

Aktuelles Projekt laut Gegnern „einfach nicht möglich“

Kritik kam außerdem von den Projektgegnern, die die S8 vor Gericht bekämpfen. „Die Errichtung und der Betrieb einer Schnellstraße in und um das Natura-2000-Gebiet Praterterrasse und Sandboden“ sei „aus fachlicher und rechtlicher Sicht einfach nicht möglich“, schrieb Anwalt Wolfgang List in einem offenen Brief. Er vermisse „eine Selbsteinsicht, dass über zehn Jahre falsch geplant wurde bzw. auf die seit Jahren absehbare Situation nicht reagiert wurde“. Eine Umsiedelung des Triels sei aus europarechtlicher Sicht nicht möglich, stattdessen brauche es einen stärkeren Schutz des Natura-2000-Gebiets. Eine andere Trassenführung, die weit genug entfernt ist, könne aber laut List eine Lösung darstellen.

Ähnlich reagierte auch Wolfgang Rehm, Sprecher der Bürgeriniative „Virus“. Man müsse den politischen Wunsch von der Frage abgrenzen, „ob ein Projekt realisiert werden darf.“ Ein Landtagsbeschluss dürfe jedenfalls keinen Gerichtsbeschluss ersetzen, sagte er gegenüber noe.ORF.at. Die positive Entscheidung eines Gerichts sei für die aktuellen Baupläne schlicht nicht möglich. Alternative Trassenführungen als „Win-Win-Lösung“ seien schon seit 2004 bekannt und könnten einen rechtskonformen Weg darstellen, der für alle akzeptabel sei.