Wirtschaft

Wiener Stadtwerke steigen bei EVN ein

Die Wiener Stadtwerke steigen mit 28,35 Prozent beim niederösterreichischen Energieversorger EVN ein. Sie erwerben den Anteil vom deutschen Energiekonzern Energie Baden-Württemberg (EnBW). Zu Details des Kaufvertrags wurde Stillschweigen vereinbart.

Der Abschluss der Transaktion muss noch von den österreichischen und deutschen Kartellbehörden genehmigt werden. Für die Wiener Stadtwerke sei der Einstieg bei der EVN „eine attraktive Anlagemöglichkeit durch ein Investment in das grundsolide Geschäft eines österreichischen Unternehmens“, so Generaldirektor Martin Krajcsir in der Pressemitteilung am Donnerstag. Sein Stellvertreter Peter Weinelt erklärte: „Wir freuen uns, dass wir künftig als Aktionär an der EVN beteiligt sein dürfen und sind optimistisch, dass unsere Investition eine positive Wertentwicklung zeigen wird“.

Die EnBW habe „die Gelegenheit genutzt, um uns zu wirtschaftlich attraktiven Konditionen aus unserer mittelbaren Beteiligung an der EVN zurückzuziehen. Gleichzeitig zahlt der Verkauf auf unsere Desinvestitionsziele im Rahmen unserer Strategie 2020 und dem damit verbundenen Portfolioumbau ein“, so EnBW-Finanzvorstand Thomas Kusterer.

Am Mittwoch war die Meldung der internationalen Finanznachrichtenagentur Bloomberg aufgetaucht, wonach die fast 29 Prozent der EVN-Aktien um mehr als 870 Millionen Euro den Eigentümer wechseln sollen. Die EnBW ist mehrheitlich im Besitz des deutschen Bundeslandes Baden-Württemberg und besaß früher knapp 35 Prozent der EVN-Aktien. In den vergangenen Jahren wurden die Anteile am niederösterreichischen Energieversorger sukzessive verkauft – mehr dazu in Wiener Stadtwerke vor EVN-Beteiligung? (noe.ORF.at; 4.3.2020).

EVN nimmt ihren neuen Großaktionär positiv auf

Die EVN mit ihrem derzeitigen Aktien-Marktwert von 2,8 Milliarden Euro gehört zu 51 Prozent dem Land Niederösterreich. Sie nimmt ihren neuen Großaktionär positiv auf, wie es in einer ersten Stellungnahme am Donnerstagnachmittag hieß. Die Wiener werden damit zum zweitgrößten EVN-Aktionär nach dem Mehrheitseigentümer Land Niederösterreich.

„In Hinblick auf die Herausforderungen und Chancen in Bezug auf Klimaschutz und den Systemumbau in Richtung erneuerbare und sichere Energiezukunft begrüßt die EVN als börsenotierter Energie- und Umweltdienstleister das Engagement der Wiener Stadtwerke GmbH als künftiger Aktionär“, lautete die erste Reaktion der EVN. Eine langfristig orientierte und stabile Aktionärsstruktur mit dem Mehrheitseigentümer Land Niederösterreich sei für die EVN eine gute Basis, den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen.

„Aufsichtsrat und Vorstand der EVN AG bedanken sich beim langjährigen Investor EnBW und seinen Vertretern für die gute Partnerschaft“, hieß es weiters. Die EnBW ist seit dem Jahr 2001 an der EVN beteiligt und hat diese Beteiligung Ende 2013 im Rahmen eines CTA-Modells treuhänderisch auf den EnBW Trust e.V. übertragen. In Wien sorgte die Beteiligung am Donnerstag unterdessen für großen Wirbel – mehr dazu in Wirbel um Stadtwerke-Beteiligung an EVN (wien.ORF.at; 5.3.2020).

Stadtwerke und EVN kooperieren seit Jahrzehnten

Die Stadtwerke und die EVN sind schon zwei Jahrzehnte in einer gemeinsamen Vertriebspartnerschaft, der „EnergieAllianz“, verbunden. Beim Verbund haben die beiden Unternehmen ihre Stimmrechte gebündelt. Nun sind die Wiener Stadtwerke an der EVN durch die Übernahme des EnBW-Anteils auch beteiligt.

Die Wiener Stadtwerke sind Österreichs größter regionaler Energieversorger, zu ihnen gehören neben dem Energiebereich unter anderem auch die Wiener Linien, die Bestattung Wien und die Garagenfirma Wipark. Eigentümer der Wiener Stadtwerke GmbH ist zu 100 Prozent die Stadt Wien. Beschäftigt sind im Konzern mehr als 15.000 Mitarbeiter. Der Umsatz betrug 2018 über 3,4 Mrd. Euro. Der größte Teil davon stammte mit rund 2,85 Mrd. Euro aus dem Energiegeschäft. Investiert wurde 2018 fast 1 Mrd. Euro.

Bis 2023 sind 4,15 Mrd. Euro Investitionen vorgesehen, davon werden rund 1,7 Mrd. Euro in den U-Bahn-Ausbau sowie in neue Öffi-Fahrzeuge fließen. 1,343 Mrd. Euro sind für Erweiterungen bei den Wiener Netzen geplant. In erneuerbare Energien sollen 943 Mio. Euro fließen, Schwerpunkt ist dabei die Photovoltaik. Ausgebaut werden auch die Ladestationen für E-Autos.