Coronavirus

Ärztin verteidigt verschärfte Maskenpflicht

Ab heute, Freitag, gilt die Maskenpflicht wieder in Supermärkten, Banken und der Post. Susanne Rabady, Mitglied des Expertenstabs im Gesundheitsministerium, verteidigt diese Maßnahme: „Die Hoffnung ist, dass die Leute durch die Maske mehr auf Distanz bleiben.“

Die Ausweitung der Maskenpflicht auf weite Teile des öffentlichen Lebens wurde teilweise kritisiert, weil etwa bis dato kein Fall einer Infektion dezidiert einem Supermarkt zugeschrieben wurde. Susanne Rabady, Vizepräsidentin der Öster­reichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin, Ärztin in Windigsteig (Bezirk Waidhofen an der Thaya) und Mitglied des Expertenstabs des Gesundheitsministeriums verteidigt im Interview diese Maßnahme.

„Ich denke, dass es eine reife und kluge Entscheidung ist, zu schauen, dass uns das auf keinen Fall aus dem Ruder läuft und dass wir nicht wieder massivere eingreifende Maßnahmen brauchen“, sagte Rabady im Interview mit ORF-NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler.

noe.ORF.at: Sie haben am 14. Juni in der Sendung „NÖ heute“ gesagt: „Mir ist es leid um die Maskenpflicht.“ Jetzt gilt sie wieder. Waren die sechs Wochen Aussetzen der Pflicht ein Unsinn?

Susanne Rabady: Nein, das glaube ich nicht. Das sieht man an den Zahlen. Auch wenn wir leichte Steigerungen haben, haben wir die Geschichte noch immer gut im Griff. Aber ich denke, dass es eine reife und kluge Entscheidung ist, zu schauen, dass uns das auf keinen Fall aus dem Ruder läuft und dass wir vor allen Dingen nicht wieder massivere eingreifende Maßnahmen brauchen.

noe.ORF.at: Kritiker sagen, dass es in Supermärkten bis jetzt überhaupt keine bestätigten Fälle gibt – warum also dort eine Maskenpflicht. Was sagen Sie dazu?

Rabady: Wir haben nur eine begrenzte Anzahl von Möglichkeiten. In vielen Situationen, wo mehr Leute zusammenkommen, kann man nicht eingreifen. Sie können bei Familienfeiern oder im Privatbereich schlecht die Maske verordnen. Wir haben nur bestimmte Stellen, wo man eingreifen kann. Der Supermarkt ist so eine, dort kommen viele Leute zusammen. Wenn man dort verhindern kann, dass beispielsweise Leute, die einem Cluster zugehören, andere infizieren, bevor noch klar ist, dass sie einem Cluster zugehören – das hat ja immer eine Verzögerung bis zu einigen Tagen – ist die Chance geringer, dass sie ihre Viren verteilen, bevor sie noch wissen, dass sie solche im Körper haben.

Es ist sicher auch das keine 100-prozentige Maßnahme und Sicherheit. Das ist aber die Situation, in der wir uns bewegen. Wir haben im Moment weit mehr Ungewissheit als Sicherheit und wir müssen nach dem handeln, wie wir es im Moment nach dem Stand der Wissenschaft verantworten können und müssen.

Robert Ziegler im Interview mit Susanne Rabady
ORF

noe.ORF.at: Es gibt aber keine generelle Pflicht beim Einkaufen, es ist ein bisschen ein Fleckerlteppich entstanden. Im Supermarkt und auf der Post gilt die Maskenpflicht, in Trafiken und anderen Geschäften nicht. Wie sinnvoll ist das?

Rabady: Es ist schon so, dass die Gefahr wächst, je mehr Leute auf einem Fleck sind. Wie es in Supermärkten zeitweilig ausschaut, das wissen wir alle. Es ist so, dass dieses Abstand halten, das am Anfang sehr gut funktioniert hat, schon wieder deutlich schlechter funktioniert hat. Das Bewusstsein dafür, dass man seinen Mitmenschen nicht zu Leibe rückt, lässt ordentlich nach. Die Hoffnung ist, dass die Maske deutlich zeigt, dass man ein bisschen auf körperlicher Distanz bleibt.

noe.ORF.at: In Niederösterreich ist die Situation regional sehr unterschiedlich. Es gibt viele Bezirke mit kaum neuen Infektionen, es gibt nur ein paar wenige Cluster. Orten Sie Verständnis bei den Menschen für die Maskenpflicht?

Rabady: Dass keine Gefahr besteht, ist ein gewagter Ausdruck. Sie wissen nicht, ob der, der neben Ihnen steht, ein asymptomatischer Überträger ist. Keine Gefahr besteht im Moment nirgends. Die Gefährdungen sind unterschiedlich stark. Wo ich lebe und arbeite, leben wir in einem Ort mit sehr wenigen Infektionen. Trotzdem ist die Akzeptanz bei meinen Patienten relativ hoch. Mir haben auch in den vergangenen Wochen Patienten gesagt, dass sie sich mit Maske sicherer fühlen würden, nur wenn es sonst niemand tut, kommen sie sich blöd vor. Dieses „Wenn sonst keiner tut“ ist jetzt zumindest an ein paar neuralgischen Stellen weg.

noe.ORF.at: Wie lange soll es die Maskenpflicht Ihrer Meinung nach jetzt geben?

Rabady: Bis genügend Leute geimpft sind.