„Es ist ein Schlag ins Gesicht“, beschreibt bei einem Lokalaugenschein von noe.ORF.at am Dienstag einer der Mitarbeiter die Nachricht, die den 150 Beschäftigen am Montagvormittag „für alle überraschend“ präsentiert wurde. „Uns hat’s aus die Schuhe g’haut“, sagt ein anderer im Dialekt, der mehr als 43 Jahre im Werk arbeitet. Andere sind einfach nur fassungslos, einige betreten mit gesenktem Kopf das Werksgelände, denn das Geschäft läuft normal weiter.
„Wir haben in den letzten Jahren Rekorde geschnitten und produziert, für uns ist das komplett unverständlich“, sagt Betriebsrat Wolfang Reiter, der von der Konzernführung nur wenige Minuten vor den Mitarbeitern informiert wurde. 2018 wurde Hirschwang zudem noch zum „Werk des Jahres“ innerhalb des Konzerns gewählt. Nun wird die gesamte Kartonsparte geschlossen. Laut Unternehmen soll nur ein kleiner Teil der Beschäftigten – etwa 20 Angestellte – bleiben.

Schließung ist „Super-GAU“
Diesen drastischen Einschnitt sieht der Betriebsrat als „Super-GAU“: „Wir haben einige Ehepaare, die hier arbeiten, Vater und Sohn, einige arbeiten seit mehr als 40 Jahren und das noch immer mit Leidenschaft. Wenn man gestern in die Gesichter geschaut hat, da sind Welten zusammengebrochen, da gehen Existenzen jetzt zu Grunde.“ Ein fixes Datum für die Schließung gibt es noch nicht, sie soll aber noch im vierten Quartal, also bis Ende Dezember, erfolgen.
Die Konzernspitze erklärt die Schließung in einer Aussendung mit Alter und Bauart der Maschine sowie gestiegene Marktanforderungen, die einem Fortbestand entgegenstehen. Die großen Kunden könne man nicht mehr auf einem so kleinen Standort bedienen, sagt ein Sprecher gegenüber noe.ORF.at, langfristig hätte man zu viel Geld verloren. Am Standort, an dem auch die Sparte Faltschachtelproduktion sitzt, will Mayr-Melnhof jedoch festhalten.

Gemeinde fordert Hilfe vom Land
Für die Gemeinde, die damit auch Einnahmen aus der Kommunalsteuer verliert, ist die Schließung ein überregionales Problem. Bürgermeister Johann Döller (ÖVP) verweist auf die wenigen Jobalternativen in der Region: „Wir sind im oberen Schwarzautal mit Arbeitsplätzen nicht gesegnet, es ist eine überregionale Herausforderung, die wir bewältigen müssen, und da brauchen wir natürlich auch Hilfe vom Land und jedem, der uns da unterstützen kann.“
Für die von der Kündigung betroffenen Mitarbeiter wird bereits ein Sozialplan ausverhandelt. Einen ersten Entwurf des Konzerns wies der Betriebsrat aber als „nicht akzeptabel“ zurück: „Ich frage mich, was machen wir mit Mitarbeitern, die noch ein, zwei Jahre bis zur Pension haben? Was machen wir mit den Neuen, wir haben erst im September Lehrlinge aufgenommen? Was passiert mit den Mitarbeitern, die in den Werkswohnungen wohnen? Das müssen wir alles noch klären.“ Das Konzern sei hier aber gesprächsbereit, wird betont.