Der Angeklagte mit Anwalt Wolfgang Blaschitz
APA/ROBERT JAEGER
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Chronik

Ehefrau und Kinder getötet: Lebenslange Haft

Ein 32-Jähriger ist am Dienstag in Wr. Neustadt wegen dreifachen Mordes nicht rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Zudem wurde er in eine Anstalt eingewiesen. Er soll in Kottingbrunn (Bezirk Baden) seine Ehefrau und seine beiden Kinder getötet haben.

Die Hauptfragen nach Mord wurden von allen acht Geschworenen bejaht. Bei der Strafbemessung wurden das Geständnis und die Unbescholtenheit als mildernd gewertet. Als erschwerend wurden nach Angaben der vorsitzenden Richterin das Zusammentreffen von drei Verbrechen, die Verübung der Gewalttat gegenüber Kindern und der Ehefrau sowie das Verwenden einer Waffe erachtet – mehr dazu in Prozess um Dreifachmord: Urteil erwartet (noe.ORF.at; 7.9.2020).

Der österreichische Staatsbürger mit türkischen Wurzeln soll seine 29-jährige Partnerin am 27. Oktober 2019 im gemeinsamen Wohnhaus in Kottingbrunn (Bezirk Baden) mit vier Messerstichen in den Oberkörper umgebracht haben. Die zweijährige Tochter erlitt nach Angaben des gerichtsmedizinischen Sachverständigen Wolfgang Denk zwei wuchtige Stiche mit demselben Küchenmesser mit einer 20,5 Zentimeter langen Klinge, der elf Monate alte Sohn starb an den Folgen eines mehrere Minuten andauernden Erstickungsversuchs. Nach Aussage des Beschuldigten war ein Streit, bei dem die Frau mit Scheidung gedroht hatte, Auslöser für die Tat. Der Mann bekannte sich am ersten Prozesstag in der Vorwoche schuldig.

Mögliches Tatmotiv: Frau drohte mit Scheidung

„Auf die grauenhaften Taten möchte ich gar nicht mehr eingehen“, sagte die Vertreterin der Anklagebehörde nach dem Ende des Beweisverfahrens. Die Frage nach dem Wieso werde sich ohnehin wohl niemals eindeutig klären lassen. Weiters zweifelte die Staatsanwältin an den Aussagen des Beschuldigten: „Ich glaube dem Angeklagten fast nichts, außer die Tatsache, dass er seine Familie ermordet hat.“

Im Mittelpunkt des zweiten Verhandlungstages stand am Dienstag das psychiatrische Gutachten, das zwischen dem Sachverständigen Manfred Walzl und Verteidiger Wolfgang Blaschitz für längere Diskussionen sorgte. Walzl ortete beim Beschuldigten „eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit ausgeprägten narzisstischen und dissozialen Anteilen“ sowie eine „hegemoniale Männlichkeit“. Hinzu sei im Laufe des Ermittlungsverfahrens ein ausgeprägtes Simulationsverhalten gekommen, vor allem deshalb, weil der 32-Jährige während der Tat Stimmen gehört haben will.

Verteidiger bezweifelt Gefährlichkeitsprognose

Woran sich Blaschitz vor allem störte, war die Gefährlichkeitsprognose für seinen Mandanten. Walzl befand, dass davon auszugehen sei, dass der Angeklagte „zu Tathandlungen der gleichen Art bis hin zum Mord innerhalb der Familie“ neigen werde, und empfahl daher eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß Paragraf 21 Absatz 2 Strafgesetzbuch. Zwei von Blaschitz kurzerhand ins Treffen geführte Gegengutachten vermochten das Schwurgericht letztlich nicht vom Gegenteil zu überzeugen.

Gerhard Eisinger (ORF) über den Dreifachmord-Prozess

ORF-Reporter Gerhard Eisinger berichtet über den Prozess um den Dreifachmord in Kottingbrunn und das Urteil.

Walzl und die ihn unterstützende psychologische Expertin Anita Raiger hätten in ihrer Expertise nachvollziehbar die Gefährlichkeit des 32-Jährigen darstellen können, sagte die vorsitzende Richterin im Rahmen der Urteilsverkündung. Blaschitz meldete nach einer kurzen Unterredung mit seinem Mandanten Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung an, die Staatsanwältin verzichtete auf Rechtsmittel.