Universitätsklinikum St Pölten von außen
ORF.at/Christian Öser
ORF.at/Christian Öser
Coronavirus

Intensivstation: Personalstand „limitierend“

Die jüngsten Infektionszahlen vergrößern die Sorge, dass das Gesundheitssystem bald überlastet sein könnte. Wichtig sind vor allem die Kapazitäten für Intensivpatienten. Dabei kommt es weniger auf die Zahl der Betten als auf den Personalstand an.

Fünf Covid-19-Patientinnen und -Patienten werden derzeit auf der Intensivstation des Universitätsklinikums St. Pölten behandelt. Auf den ersten Blick sieht das nicht sehr besorgniserregend aus. Der Eindruck täuscht, denn die aktuellen Negativrekorde bei der Zahl der Neuinfektionen sind hier noch nicht berücksichtigt.

Viele Covid-19-Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf müssten frühestens acht bis zehn Tage nach dem Beginn ihrer Erkrankung auf die Intensivstation verlegt werden, sagt Christoph Hörmann, Leiter der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin. „Wie sich die zuletzt hohen täglichen Infektionszahlen auswirken, werden wir erst im Lauf der nächsten Woche wirklich abschätzen können.“

Covid-19-Patienten bleiben zehnmal so lang in der Klinik

Insgesamt 45 Covid-19-Patientinnen und -Patienten hat sein Team im Universitätsklinikum bereits intensivmedizinisch behandelt. Die Erfahrungen zeigen, dass sie im Schnitt 40 Tage lang auf der Intensivstation bleiben – zehnmal so lang wie andere Patienten. „Wenn ich ein Intensivbett mit einem Covid-19-Patienten belege, dann habe ich das nicht wie bei anderen Intensivpatienten nach vier Tagen wieder frei“, erklärt Hörmann, „sondern ich muss damit rechnen, dass das Bett fünf, sechs, sieben Wochen lang belegt ist“.

Primar Christoph Hörmann im Universitätsklinikum St. Pölten
ORF
Christoph Hörmann, Primar für Anästhesie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum St. Pölten

Trotz der aktuellen Entwicklung rechnet er nicht damit, dass die Zahl der Intensivbetten in St. Pölten demnächst knapp wird, „zumal wir ja im Notfall auch in Aufwachräumen oder OP-Räumen eine Form der Intensivtherapie durchführen können. Das wirklich Limitierende ist irgendwann das Intensivteam“. Das betreffe sowohl Pflegepersonal als auch Ärztinnen und Ärzte. Kurzfristige Unterstützung aus anderen Abteilungen könnte das Problem jedenfalls kaum lösen: „Intensivtherapie ist etwas sehr Spezielles, das kann man nicht im Schnellsiedekurs in zwei Wochen lernen.“

Vor- und Nachteile der Sicherheitsmaßnahmen

Ein größerer Personalausfall könnte schnell gravierende Auswirkungen haben. Nicht zuletzt deshalb will man CoV-Cluster im eigenen Haus unbedingt vermeiden. Unter anderem behandle man jeden Akutpatienten so, als ob er infiziert sei.

„Noch ist die überwiegende Mehrzahl der Patienten mit Fieber oder Atemproblemen Covid-negativ, aber wir müssen sie trotzdem isolieren, bis ihr Testergebnis vorliegt“, sagt Hörmann. Diese Sicherheitsmaßnahmen sind auf der einen Seite erfolgreich – bisher sei es in St. Pölten zu keiner einzigen Ansteckung zwischen Patienten und Personal gekommen. Auf der anderen Seite ist „der Betreuungsaufwand ungleich höher“, das bindet noch mehr Personal als sonst.

Keine Auswirkungen hatte die zweite CoV-Welle laut Hörmann bisher auf geplante Untersuchungen und Operationen. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern musste man diese in St. Pölten noch nicht verschieben. Auf die aktuelle zweite Welle sei das Universitätsklinikum jedenfalls vorbereitet, betont der Primar: „Die Zeit seit dem Frühjahr haben wir genutzt.“

Zusatzausbildungen und mehr Beatmungsgeräte

Auch Konrad Kogler, Vorstand der Landesgesundheitsagentur, weiß, dass „der limitierende Faktor“ das Personal sei, wie er in „Niederösterreich heute“ sagte. Man habe deswegen in Niederösterreich entsprechende Maßnahmen gesetzt: „Wir haben zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich ausgebildet und weitere Beatmungsgeräte beschafft, um hier ein größeres Potenzial vor Augen zu haben“, so Kogler.

Er appellierte an die Menschen, die Sicherheitsmaßnahmen weiterhin einzuhalten: „Wenn es gelingt, die Menschen davon zu überzeugen, die Hygienemaßnahmen einzuhalten und dass soziale Kontakte auf das notwendige Ausmaß beschränkt werden, dann werden wir auch wieder den Erfolg eines Rückgangs haben.“