Kinderarzt hört Bauch eines Buben ab
APA/ZB/Waltraud Grubitzsch
APA/ZB/Waltraud Grubitzsch
Gesundheit

Kinderärzte weiterhin dringend gesucht

In Niederösterreich werden derzeit 13 Kinderärztinnen oder Kinderärzte für einen Kassenvertrag gesucht. In der Landeshauptstadt St. Pölten gibt es seit Jahreswechsel keinen Kinderarzt auf Kasse mehr. Am längsten vakant ist eine Praxis in Lilienfeld.

Seit 1. Jänner 2017 steht die Ordination in Lilienfeld leer. Laut Ärztekammer Niederösterreich (ÄKNÖ) kam für die in Stelle in viereinhalb Jahren Suche noch nie ein Hearing zustande, weil es bei mehr als 50 Ausschreibungen noch keine einzige Bewerbung gab. Im Bezirk Lilienfeld gibt es zudem seit 2019 auch keinen Wahlarzt für Kinder- und Jugendheilkunde, weshalb viele Betroffene zu Hausärzten und in andere Bezirke ausweichen.

Die Stelle wurde auch reduziert, mittlerweile reichen bereits zehn Ordinationsstunden pro Woche. Damit sollen Ärzte angesprochen werden, die etwa aus der Karenz wieder einsteigen möchten oder die bereits eine Kassenstelle haben und mehr Stunden möchten.

Landeshauptstadt ohne Kinderarzt mit Kassenvertrag

Ein ähnliches Schicksal teilt die Stadt St. Pölten seit dem Jahreswechsel. Der letzte Kinderarzt mit Kassenvertrag ging mit Jänner in Pension, vier Stellen sind derzeit ausgeschrieben, eine davon in einer Gruppenpraxis. Bei den Wahlärztinnen und -ärzten gibt es in St. Pölten drei Mediziner. Auch im Bezirk St. Pölten-Land überwiegen Privatärzte. In Böheimkirchen gibt es die einzige Kassenärztin, die drei Halbtage pro Woche offen hat.

Eine Lösung für dieses Problem ist nicht in Sicht, sagte Dietmar Baumgartner, Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte in der ÄKNÖ. Auch wenn von Zeit zu Zeit einige Stellen besetzt werden könnten, drohe die nächste Pensionierungswelle. „Die Situation wird prekärer, weil wir einige haben, die nun 70 Jahre alt werden, und dann muss man seinen Kassenvertrag zurücklegen. Die verlängern von Jahr zu Jahr, weil der Bedarf so groß ist“, so Baumgartner gegenüber noe.ORF.at. Dass es in einer Landeshauptstadt keinen Kinderarzt mit Kassenvertrag mehr gibt, sei ein großes Problem: „Das ist katastrophal und eigentlich ein Worst-Case-Szenario“, sagte Baumgartner.

Wenig Hoffnung auf entspanntere Situation

Woran das liegt, könne nicht eindeutig gesagt werden. „In Wr. Neustadt hatten wir zum Beispiel drei offene Stellen sehr schnell nachbesetzt, in St. Pölten jetzt nicht“, so Baumgartner. Der Vizepräsident der ÄKNÖ arbeitete jahrzehntelang selbst als Kinderarzt. Die Bezahlung ist laut ihm heute kein Thema mehr, da die Honorarsätze in den vergangenen Jahren regelmäßig erhöht wurden. „Im Bundesländervergleich sind wir da an zweiter Stelle hinter Wien.“ Junge Medizinerinnen und Mediziner würden aber Spitäler mit bestimmten Spezialisierungen im Bereich Kinderheilkunde einer niedergelassenen Ordination vorziehen.

Um mehr Bewerber zu bekommen, werden auch Ausschreibungskriterien erleichtert, etwa für eine Stelle in Purkersdorf (Bezirk St. Pölten). „Interessenten müssen sich nicht in Purkersdorf niederlassen, sondern können den Ort ihrer Niederlassung im Bezirk frei wählen“, heißt es dazu von der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Auch Stellen mit weniger Ordinationszeiten oder Zusammenarbeit in Gruppenpraxen sollen ein Anreiz für Mediziner sein. Von der ÖGK heißt es, dass man an zusätzlichen Konzepten arbeite, um die Situation zu verbessern.

Dietmar Baumgartner plädiert, bereits in der Ausbildung anzusetzen. Die Aufgaben eines niedergelassenen Arztes sollten besser vermittelt werden, etwa durch eine Lehrpraxis, bei der Studierende bei einem Allgemeinmediziner oder Kinderarzt für einige Zeit mitarbeiten. Viele Bewerbungen würden bei der derzeitigen Ausschreibung nicht erwartet werden. Vor zehn Jahren habe man nach solchen Ausschreibungen acht bis zehn Hearings mit mehreren Kandidaten für einen Vertrag gehabt, nun ergebe sich meistens ein einzelnes Vorstellungsgespräch, weil sich nur eine Person bewirbt oder Bewerberinnen und Bewerber keine ausreichenden Qualifikationen mitbringen.