Polizeibeamte auf Gehweg am Donaukanal
APA/Herbert P. Oczeret
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Chronik

Polizisten wegen Coronavirus im Dauereinsatz

Für Polizisten sind die Aufgaben während der CoV-Pandemie deutlich mehr geworden, etwa bei Demonstrationen, im Grenzeinsatz und bei der Unterstützung der Gesundheitsbehörden. Laut Gewerkschaft sei die absolute Leistungsgrenze erreicht.

Die Polizistinnen und Polizisten sind derzeit an vielen Fronten im Einsatz. Seit Beginn der Pandemie vergangenes Frühjahr kontrollieren sie etwa, ob Maskenpflicht und Abstand eingehalten werden. Wegen Verstößen gab es in Niederösterreich bisher fast 7.800 Anzeigen. Mit dem Lockdown im Herbst kam die Überwachung der Ausgangsbeschränkungen sowie der Wirte und Gastronomen dazu, die geschlossen haben müssen. Mehr als 64.000 Lokale wurden bisher kontrolliert, 450 Betreiber angezeigt.

Mehrmals täglich klopfen Beamte derzeit auch an private Haustüren und überprüfen, ob die Quarantäneauflagen eingehalten werden. In den meisten der 91.000 Fälle waren die Betroffenen zuhause, nur 450 Menschen wurden angezeigt. Die Kontrollen, die nur bei konkreten Verdachtsfällen gemacht werden, erfolgen immer im Auftrag der Gesundheitsbehörden – der Bezirkshauptmannschaften oder Magistrate – und würden im Zuge des Streifendienstes durchgeführt, heißt es.

Kontrollen der Polizei und des Bundesheers am Grenzübergang Berg
ORF / Novak
An den Grenzübergängen zu Tschechien und der Slowakei, wie hier in Berg, wird seit Jahresbeginn wieder streng kontrolliert

Grenzkontrollen mit Bundesheer

Seit Jahresbeginn werden auch die Grenzen zu Tschechien und der Slowakei wieder streng kontrolliert – gemeinsam mit dem Bundesheer. Wer einreisen will, muss einen negativen Coronavirus-Test vorlegen können. Die Einschränkungen wurden zuletzt nochmals verschärft.

Am sichtbarsten war die Polizei zuletzt bei den Demonstrationen gegen die Coronavirus-Schutzmaßnahmen der Bundesregierung im Einsatz, etwa in Wiener Neustadt mit mehr als 2.500 Teilnehmern. Maskenpflicht und Sicherheitsabstand wurden dabei oft ignoriert, teilweise wurde auch zu Gewalt aufgerufen. Diese Einsätze würden viele Polizisten zunehmend belasten, betonen Beamtenvertreter. Weitere Aufgaben dürften nur dann kommen, wenn es an anderer Stelle Entlastungen gibt, fordern Polizeigewerkschafter.

„Unmut“ der Bürger nimmt zu

Die Zunahme an verschiedenen Aufgaben bestätigt auch Landespolizeidirektor Franz Popp. Im „NÖ heute“-Interview betonte er aber, dass dafür andere Aufgabenbereiche weggefallen sein, etwa bei Sportveranstaltungen. Die Coronavirus-Maßnahmen der Bundesregierung würden in Niederösterreich großteils eingehalten, stellt Popp fest, allerdings sei gerade „in den letzten Wochen doch stärker der Unmut spürbar“.

noe.ORF.at: Herr Landespolizeidirektor, Demonstrationen, Grenzkontrollen, Quarantäneüberprüfungen – es ist mit der Coronavirus-Pandemie viel Neues auf die Polizei zugekommen. Sehen Sie auch – wie die Gewerkschafter – eine Grenze bereits erreicht?

Franz Popp: Es stimmt, dass im Rahmen der Coronavirus-Pandemie viele Aufgaben auf unsere Kolleginnen und Kollegen zugekommen sind, aber nicht alle gleichzeitig und man darf auch nicht vergessen, dass viele interne Maßnahmen wie Aus- oder Fortbildungen weggefallen sind und auch viele andere Aufgabenfelder deutliche Rückgänge zu verzeichnen hatten.

Polizei Coronavirus Kontrollen Bilanz
ORF
Punktuell würde die Aggressivität gegenüber den Polizisten steigen, sagt Landespolizeidirektor Franz Popp im Interview mit Werner Fetz

noe.ORF.at: In welchen Bereichen gibt es Rückgänge und kann man es prozentuell festhalten, wie sehr die unterschiedlichen Coronavirus-Maßnahmen, eben von der Demonstration bis zur Kontrolle, die Polizistinnen und Polizisten in Niederösterreich binden?

Popp: Nach unseren internen Auswertungen haben wir etwa zehn Prozent unserer Dienstzeit für Aufgaben im Auftrag der Gesundheitsbehörden verrichtet. Andere Veranstaltungen, etwa im Sportbereich, sind aber ganz weggefallen – wie Fußballspiele. Und daher hat sich das ziemlich ausgeglichen.

noe.ORF.at: Die Coronavirus-Maßnahmen, die viele betreffen, nerven viele bereits nach zwölf Monaten. Wie sehr wirkt sich das auf die Disziplin der Niederösterreicher bei den Kontrollen aus und wie hat sich das im Laufe der Monate verändert?

Popp: Ich muss der niederösterreichischen Bevölkerung ein Kompliment machen. Sie haben großteils bis jetzt die Maßnahmen mitgetragen und sich auch an die rechtlichen Rahmenbedingungen gehalten. Die Disziplin war während des ersten Lockdowns am besten, hat sich im Laufe der Zeit etwas geändert und in den letzten Wochen ist doch stärker der Unmut spürbar und damit auch eine geringere Form der Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen.

noe.ORF.at: In Wien hat es zuletzt bei einer Demonstration auch verletzte Polizisten gegeben. Wird die Stimmung den Beamten gegenüber auch aggressiver?

Popp: Punktuell vernehmen wir doch eine spürbare Zunahme der Aggressivität, aber im Großen und Ganzen gelingt es uns immer wieder, durch Dialog und Deeskalation eine Eskalation zu vermeiden.

noe.ORF.at: Jetzt hat die Pandemie für alle Lebensbereiche eine Sondersituation gebracht, auch für die Kriminalität. In den ersten Monaten hat es immer wieder geheißen, dass die Zahl der Einbrüche etwa stark zurückgegangen ist. Wie hat sich das über die Monate entwickelt?

Popp: Die Einbruchskriminalität ist eindeutig zurückgegangen – mit Ausnahme der Kellereinbrüche, die waren zuletzt ziemlich steigend. Es sind viele anderen Formen zurückgegangen. Etwas gestiegen sind Sexualdelikte und Delikte nach dem Fremdenpolizeigesetz. Das hängt mit den Aufgriffen von illegalen Grenzgängern zusammen. Und teilweise sind auch die Betrügereien gestiegen.

noe.ORF.at: Im Zusammenhang mit der Pandemie wurde auch befürchtet, dass die häusliche Gewalt, also die Gewalt gegen Frauen und Kinder, steigt. Hat sich das bewahrheitet?

Popp: Die Gewalt gegen Frauen bzw. die Gewalt in der Privatsphäre ist laut unseren Auswertungen um etwa 17 Prozent gestiegen, aber sie ist nicht in diesem Ausmaß gestiegen, wie wir es ursprünglich befürchtet hatten.

noe.ORF.at: Bezüglich der Schlepperkriminalität hat man das Gefühl, dass gerade in den vergangenen Wochen immer wieder Gruppen von Flüchtlingen ausgesetzt und dann entlang von Autobahnen entdeckt werden. Nimmt das zu? Wie bereitet man sich da für die nächsten Wochen und Monate vor?

Popp: In den letzten Wochen und Monaten konnten wir hier einen Anstieg feststellen, vergangene Woche war jene mit den höchsten Aufgriffen. Wir versuchen hier mit entsprechenden Schwerpunktaktionen der Schlepper habhaft zu werden und das ist auch die Herausforderung, die uns auch in den nächsten Tagen und Wochen begleiten wird.