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Niederösterreich impft

Anfragenflut zu CoV-Risikoattesten

Seit Freitag können sich in Niederösterreich Hochrisikopatienten zur Impfung anmelden. In einer Verordnung ist geregelt, wer das benötigte Covid-19-Risikoattest bekommt. Medizinerinnen und Mediziner berichten von einer Flut an Patientenanfragen.

Die gelisteten Krankheitsbilder in der Verordnung betreffen durchwegs schwer erkrankte Menschen, heißt es von der Ärztekammer Niederösterreich. Viele Patientinnen und Patienten, die derzeit bei ihren Hausärztinnen und -ärzten wegen eines Attests anfragen, seien zwar krank, aber nicht so schwer wie es in der Verordnung vorgeschrieben sei. Ausstellen kann das Attest jeder Arzt. Die Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner versinken aber in der Menge der Anfragen, heißt es.

Verordnung

In der COVID-19-Risikogruppen-Verordnung sind jene Krankheiten gelistet, mit denen Menschen derzeit ein Attest bekommen.

Nur ein Bruchteil der Patienten erhält Attest

Auch bei Allgemeinmedizinerin Martina Hasenhündl, die eine Praxis in Stetten (Bezirk Korneuburg) führt und Vorstandsmitglied in der Ärztekammer Niederösterreich ist, laufen die Telefone diese Woche heiß. Zeitweise seien die Leitungen blockiert gewesen. Atteste könnten aber nur einem sehr kleinen Teil der Patienten auch tatsächlich ausgestellt werden, meinte sie.

„Die Verordnung ist sehr genau. Es reicht nicht Diabetes zu haben. Man muss zum Beispiel auch über einem bestimmten Wert liegen“, so die Ärztin gegenüber noe.ORF.at. Bei einer Krebserkrankung führt die Diagnose allein zu keinem Attest. Man muss in den vergangenen sechs Monaten auch in Behandlung gewesen sein oder an einer metastasierenden Krebserkrankungen leiden. Personen, die eine Krebserkrankung überstanden, erfüllen die Voraussetzungen für ein Attest aktuell nicht – auch, wenn sie regelmäßige Kontrolluntersuchungen haben.

„Seien Sie froh, Sie sind zu gesund“

Bei der chronischen Lungenkrankheit COPD bekommen Betroffene ab dem dritten, und vorletzten, Stadium ein Attest. Da ist die Lungenfunktion bereits um 50 bis 70 Prozent reduziert. „Das sind alles Krankheiten mit denen ein schwerer Verlauf bei einer Coronavirus-Infektion hochwahrscheinlich ist, genauso wie eine intensivmedizinische Betreuung“, sagte Hasenhündl. Die strenge Einordnung in der Verordnung sei also in gewisser Weise notwendig, um das Gesundheitssystem und vor allem die Intensivstationen zu entlasten.

Sich ärgern, weil man nicht krank genug ist – das klingt absurd, war aber in den vergangenen Tagen bei vielen Menschen der Fall, wird berichtet. Die Ärztekammer spricht von zahlreichen Beschwerden von Personen, die keine Atteste bekommen haben. Martina Hasenhündl versucht, ihre teils schwer enttäuschten Patientinnen und Patienten zu beruhigen: „Ich sage oft: ,Seien Sie froh, Sie sind zu gesund für eine Risikoeinstufung.’ Wenn einmal genügend Impfstoff in den nächsten Monaten vorhanden ist, werden sicherlich alle, die es wollen, geimpft“, so die Ärztin.

Zugehörigkeit muss beim Anmelden bekannt sein

Es gebe zwar Spielraum für Ärztinnen und Ärzte bei der Attesterstellung, aber dieser sei sehr begrenzt. „Wenn ich einen Patienten habe, der BMI 39 hat und laut Verordnung ist man erst ab 40 Risikopatient, aber ich weiß als seine behandelnde Ärztin, dass er auch eine schwache Lunge hat und zeitweise an schwerem Asthma leidet, dann kann ich diesem Patienten natürlich ein Attest ausstellen. Bei einem schweren Verlauf gebe es in diesem Fall beatmungstechnisch ein Problem“, sagte Hasenhündl. Genau dafür seien aber die Hausärzte auch da, um einzuschreiten, wenn bestimmte Krankheitsbilder oder Kombinationen von Krankheiten nicht von der Verordnung erfasst seien.

All das muss dokumentiert und bei einer persönlichen Untersuchung festgestellt werden. Über ein Telefonat ist das nicht möglich. Da ein Attest ein Gutachten ist, haften die Medizinerinnen und Mediziner rechtlich dafür. Die Ärztekammer weist aber daraufhin, dass das individuelle Risiko schwer an Covid-19 zu erkranken weiterhin gegeben ist – auch, wenn man kein Attest bekam.

Vorgelegt werden muss das Attest erst beim Impftermin. Bei der Anmeldung zur Impfung ist es noch nicht notwendig, man muss aber trotzdem wissen, dass man eine der Krankheiten gemäß der Verordnung hat, denn eine Zugehörigkeit zur Hochrisikogruppe wird durch einen Klick bestätigt und hat, falls dem nicht so sein sollte, rechtliche Folgen, wie es auf der Homepage von Notruf Niederösterreich heißt. Auch das wird wohl einer der Gründe für die vielen Anfragen bei den Hausärzten sein.