Am Samstag war die Verzweiflung in den zwei schwer betroffenen Gemeinden nach wie vor groß. Mit allen Kräften wurde versucht, hunderte Hausdächer provisorisch zu reparieren. Aus dem Katastrophenschutzlager des Landesfeuerwehrverbandes wurden tausende Quadratmeter Kunstfolien ins Einsatzgebiet gebracht. Die Arbeiten seien ein Kampf gegen die Zeit, wie es von der Feuerwehr hieß, denn die Angst vor weiteren Unwettern ist groß.
In Schrattenberg bei Poysdorf ist der schlimmste Fall bereits eingetreten: Nachdem in der 834 Einwohner zählenden Gemeinde bereits am Donnerstag die Dächer von etwa 250 Objekten von Hagelkörnern durchlöchert worden waren, sorgten am Freitag große Niederschlagsmengen für Probleme.
Die Ortsbewohner und die Feuerwehrleute waren von diesen plötzlichen und nicht vorangekündigten Wassermengen überrascht, sagten sie gegenüber noe.ORF.at. Mit Kübeln, Töpfen und Schüsseln versuchten die Bewohnerinnen und Bewohner noch, ihr Hab und Gut vor den Niederschlägen zu schützen – doch vergeblich, noch am Samstag tropfte das Wasser von der Decke.
Notquartier in Volksschule eingerichtet
Viele Gebäude ohne intakte Dachkonstruktion wurden überflutet. Für Bewohner wurde ein Notquartier in der örtlichen Volksschule eingerichtet. Fünf Feuerwehren kämpften mit mehreren Fahrzeugen gegen die Wassermengen an, berichtete Claus Neubauer vom Bezirkskommando Mistelbach. Gezählt wurden bis spät in die Nacht hinein etwa 110 Einsatzstellen. Einige Objekte seien „dermaßen betroffen“ gewesen, „dass ein weiteres Wohnen darin nicht mehr möglich war“. Deshalb sei das Notquartier mit Feldbetten des Roten Kreuzes Mistelbach eingerichtet worden.
Langwierige Aufräumungsarbeiten
Am Samstagvormittag wurden Spezialgeräte der Feuerwehr – u. a. zwei Teleskopmastbühnen und ein Telelader – nach Schrattenberg verlegt. Angefordert wurde weiters eine Höhenrettungsgruppe. Die Arbeiten der Helfer fanden unter besonderen Sicherungsmaßnahmen statt, da die Dachkonstruktionen zum Teil sehr in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Es wurden mehrere Absturzsicherungen des Landesfeuerwehrkommandos in den Weinviertler Ort gebracht.
Ein Großteil der beschädigten Häuser muss komplett neu gedeckt werden, sagte ein Sachverständiger vor Ort gegenüber noe.ORF.at. Es werde laut Schätzungen wohl bis nächstes Jahr dauern, um alle Dächer vollständig zu reparieren.
Das Ausmaß der Schäden durch das Unwetter vom Donnerstagabend hatte in Schrattenberg für blankes Entsetzen gesorgt. Am Freitag hatte sich auch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zu einem Lokalaugenschein in die Weinviertler Gemeinde aufgemacht – mehr dazu in „Schock und Entsetzen“ nach Unwetternacht (noe.ORF.at; 25.6.2021).
Auch Allentsteig zum Katastrophengebiet erklärt
Vom Unwetter am Donnerstagabend schwer getroffen worden war auch Allentsteig (Bezirk Zwettl). Auch hier waren Dutzende Dächer vom Hagel beschädigt worden. 250 Helfer waren am Freitag mit den Aufräumarbeiten beschäftigt gewesen. Das Bundesheer war seitens der Gemeinde zu einem Assistenzeinsatz angefordert worden und hatte 21 Soldaten und zivile Bedienstete entsandt.
In den Gemeinden sind fast 500 Einsatzkräfte der freiwilligen Feuerwehren aus der näheren Umgeben seit zwei Tagen im Dauereinsatz. Am Samstag stand auch der Katastrophenhilfsdienst der Feuerwehr in dem Waldviertler Ort im Einsatz. Zwei KHD-Züge aus dem angrenzenden Bezirk Waidhofen an der Thaya und einer aus dem Bezirk Zwettl waren nach Angaben der Helfer an Ort und Stelle. Zudem wurden Kranfahrzeuge aus verschiedenen Bezirken in den Norden des Bundeslandes beordert.
Bundeskanzler sicherte Bürgermeistern Unterstützung zu
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nahm telefonisch Kontakt zu den Bürgermeistern von Allentsteig (Johann Bauer) und Schrattenberg (Jürgen Koppensteiner) auf, um sie der vollen Unterstützung der Bundesregierung zu versichern. „Die Ausmaße der Zerstörungen durch den Hagel sind enorm. Als Bundesregierung stehen wir den Betroffenen zur Seite und werden überall wo es möglich ist versuchen, die Not der betroffenen Bewohner zu lindern, das konnte ich auch den beiden Bürgermeistern direkt zusagen“, so Kurz.
Die Hilfe aus dem Katastrophenfonds lief bereits an. Betroffene können sich an die jeweilige Gemeinde wenden, die dann nach Angaben von Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) Schadenskommissionen zusammenstellt und gemeinsam mit Experten eine Bewertung vornimmt. Die Anweisung der Hilfsgelder werde durch das Land „umgehend und binnen Tagen erfolgen“, wurde angekündigt. Am Freitag waren bereits die ersten Kommissionen unterwegs, auch am Samstag wurden Schäden bewertet.
Verteidigungsministerin besuchte Soldaten in Allentsteig
Am Samstag besuchte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) gemeinsam mit Landesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) und dem Militärkommandanten von Niederösterreich Martin Jawurek die in Allentsteig im Assistenzeinsatz eingesetzten Soldaten und zivilen Bediensteten des Bundesheeres.

„Ich bin zutiefst betroffen über das Ausmaß der Schäden, die das Unwetter in der Region angerichtet hat. Gemeinsam mit den zivilen Einsatzkräften unterstützen unsere Soldatinnen und Soldaten die schwer getroffene Bevölkerung bei den Aufräumungsarbeiten. Mein aufrichtiger Dank an alle Beteiligten für die rasche Hilfe“, sagte Tanner.
Das österreichische Bundesheer unterstützt die Stadtgemeinde Allentsteig mit Soldaten, zivilen Bediensteten und technischen Geräten bei der Bewältigung der Unwetterschäden im Rahmen eines Assistenzeinsatzes. Bedienstete des Truppenübungsplatzes Allentsteig sind bereits seit Freitag im Einsatz, zur Verstärkung wurden auch Pioniere des Pionierbataillons 3 aus Melk nach Allentsteig verlegt.