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Daniela Neuhofer
Daniela Neuhofer
Kultur

Nitschs „Walküre“: „War wie ein Dirigent“

Der Aktionskünstler Hermann Nitsch hat im Sommer bei den Bayreuther Festspielen die konzertante Version von Richard Wagners „Die Walküre“ szenisch begleitet. Viele seiner neuen Werke sind nun in Mistelbach zu sehen, Nitsch selbst sagt: „War wie ein Dirigent.“

Vom Boden bis zur Decke, die Werke von Nitschs „Walküre“ tauchen die Halle des nitsch museum Mistelbach in einen wahren Farbrausch. Die Ausstellung „Hermann Nitsch. Bayreuth Walküre“ besteht aus großen Schüttbildern und Bodenbildern, die während drei Aufführungen der „Walküre“ sowie der Generalprobe entstanden sind. Außerdem werden Einblicke in die Aufführungen in Bayreuth gewährt.

Hermann Nitsch, der in Prinzendorf (Bezirk Gänserndorf) wohnt, nennt die Ausstellung, die am Wochenende eröffnet wurde, „seismografierte Malaktion“. Der neue Farbraum besteht aus großen Schüttbildern, die ob der Dimensionen des Festspielhauses am Grünen Hügel beinahe nicht in die weite Halle in Mistelbach gepasst hätten – mehr dazu in Nitschs „Walküren“-Bilder in Mistelbach (noe.ORF.at; 3.10.2021). Die Ausstellung, die bis September 2022 zu sehen ist, versteht sich als Vorbote auf das 6-Tage-Spiel in Prinzendorf, das nächsten Juli stattfinden soll.

noe.ORF.at: Herr Nitsch, Sie haben in Bayreuth mit zehn Malassistentinnen und -assistenten gearbeitet und diese angeleitet. Das unterscheidet sich doch sehr von der „typischen“ Arbeit eines Malers. Wie war diese Arbeit für Sie?

Hermann Nitsch: Irgendwie war meine Funktion der eines Dirigenten sehr ähnlich. Ich hab genau bestimmt, welche Farben eingesetzt werden, welche man runterschüttet, welche man am Boden verwendet. Und im Zuge der Proben war es mir möglich, mich immer mehr auf das auch sehr farbenfrohe Werk Wagners einzustellen.

noe.ORF.at: Sie empfinden Wagners Partitur als farbenfroh?

Nitsch: Die Partitur von Wagner ist voll von Klangfarben. Ich wollte das nicht nachmachen, sondern etwas ähnliches in meiner Malaktion erzielen. Ich habe das mit optisch zu registrierenden Farben gemacht, Wagner hat die Klangeinheiten seines Orchesters benutzt.

noe.ORF.at: Sie gelten als Bewunderer von Richard Wagners Musik. Wie würden Sie Ihre Beziehung zu ihr beschreiben?

Nitsch: Ich habe Richard Wagners Musik immer geliebt, weil sie etwas Berauschendes, Narkotisierendes hat. Das hat mich schon als junger Mensch sehr begeistert. Mich hat die Musik von Wagner, jenseits aller politischen Gedankenverbindungen, an sich fasziniert.

noe.ORF.at: Wie war Ihre Reaktion also auf die Anfrage aus Bayreuth, Wagners „Walküre“ künstlerisch zu begleiten?

Nitsch: Ich hätte das gerne früher schon gemacht. Ich hätte gerne den „Parsifal“ dort inszeniert. Ich bin so alt und möchte mich eigentlich nur mit meiner eigenen Arbeit beschäftigen. Mir fehlt die Kraft dazu, fremde Werke zu inszenieren. Aber in diesem besonderen Fall … Man hat mir erzählt, die „Walküre“ wird konzertant aufgeführt und ich dürfe in allen drei Akten auf der Bühne machen, was ich will. Das hat mich überredet, eine Malaktion neben den Ablauf der „Walküre“ zu stellen. Und ich glaube, das ist mir gelungen.

noe.ORF.at: Sind Sie also stolz darauf?

Nitsch: Ich bin stolz darauf. Jede dieser Aufführungen hat meine ganze positive Kraft aktiviert, und ich bin stolz, dass es so gelaufen ist, wie es gelaufen ist. Ich habe Wagner keine Schande gemacht.

noe.ORF.at: Benedikt Stegmayer, der Kultur- und Tourismusreferent der Stadt Bayreuth, hat sogar von einer Kongenialität gesprochen. Jetzt aber noch zur Musik im Allgemeinen. Wie wichtig ist sie für Ihr Schaffen?

Nitsch: Mein Orgien Mysterien Theater ist ohne Musik, ohne Klang nicht denkbar. Ich werde nächstes Jahr mein 6-Tage-Spiel vielleicht in der vollkommensten Form aufführen. Da wird der Klang, die Musik die ganz entscheidende, innigste Rolle spielen.