Feinstaubbelastung in Salzburg, eine Person schützt sich mit einem Mundschutz
APA/Barbara Gindl
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Wissenschaft

Stickstoff-Feinstaub kostet Lebensjahre

Feinstaub aus Stickstoffverbindungen kostete 2013 weltweit 23,3 Millionen Lebensjahre, berechneten Forscherinnen und Forscher, die unter anderem in Niederösterreich arbeiten. Die Studienergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht.

Es gehe nicht nur um die hohe Zahl an vorzeitigen Todesfällen. Sie würden in weiterer Folge einen Wohlstandsverlust von 429 Milliarden US-Dollar (362 Milliarden Euro) verursachen, rechneten die Wissenschafter mit Beteiligung des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg (Bezirk Mödling) vor. Vor allem in der Landwirtschaft müsse man die Stickstoffemissionen senken, was beim Verkehr bereits aufwendig geschehen sei.

Von 1990 bis 2013 stieg der Anteil von Feinstaub, der durch Stickstoff verursacht wird, von 30 auf 39 Prozent und die Anzahl der von reaktiven Stickstoffverbindungen geraubten Lebensjahre somit von 19,5 auf 23,3 Millionen, erklären die Forscher um Mark Sutton vom UK Centre for Ecology and Hydrology in Penicuik (Großbritannien). Die beiden stickstoffhaltigen Verbindungsklassen Ammoniak (NH3) und Stickstoffoxide (NOx) sind neben Schwefeldioxid die bedeutendsten Ausgangsstoffe für Feinstaub (winzige Staubpartikel mit einem durchschnittlichen Durchmesser von 2,5 Mikrometern, Anm.).

Reduktion am effektivsten in der Landwirtschaft

„NH3 kommt vorwiegend aus der Tierhaltung – vor allem Harnstoff im Urin der Tiere zersetzt sich leicht zu Ammoniak“, erklärte Wilfried Winiwarter vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg der APA. Das Gas wird in den Ställen freigesetzt, wenn Gülle gelagert oder auf den Feldern ausgebracht wird, aber auch bei Weidetierhaltung. Die Emissionen kann man mindern, wenn man den Kontakt der Gülle mit der Luft gering hält, indem man etwa die Ställe häufig reinigt, Güllelager abdeckt und sie rasch in den Boden einbringt.

Ein Traktor zieht einen Güllewagen, mit dem ein Feld gedüngt wird
APOA/dpa/Ingo Wagner
Ammoniak kommt hauptsächlich aus der Tierhaltung, es wird freigesetzt, wenn Gülle auf Feldern ausgebracht wird

„Vermeiden sollte man auf jeden Fall das Ausbringen mittels Prallplatte, was ja ein Verstreuen der Gülle weit in die Luft bedingt“, so der Forscher. Auch Kunstdüngerverwendung mindert den Ammoniakausstoß der Landwirtschaft. „Eine verlässlich gute Maßnahme ist freilich immer die Minimierung der Mengen bei der Tierhaltung und beim Düngereinsatz“, meinte Winiwarter.

Stickstoffoxide entstehen bei Verbrennungsprozessen

„Stickstoffoxide entstehen hingegen vor allem bei Verbrennungsprozessen, insbesondere bei hohen Temperaturen“, so der Forscher. Die Hauptschuldigen sind demnach Kraftwerke, der Verkehr, die Zementproduktion und in geringeren Maßen Hausbrand und Waldbrände wie zuletzt in Hirschwang an der Rax (Bezirk Neunkirchen). Weil die Verbrennungsgase meist durch einen Schlot oder Auspuff müssen, könne man sie technisch gut aus den Abgasen entfernen, zum Beispiel mit einem Drei-Wege-Katalysator oder durch „DeNOx“-Anlagen wie dem „AdBlue-System“ bei Dieselmotoren.

In der Vergangenheit wurde bereits viel investiert, um NOx-Emissionen zu reduzieren, so Winiwarter: „Maßnahmen wie der Drei-Wege-Katalysator sind durchaus aufwendig und mit Kosten verbunden, aber analoge Maßnahmen in der Landwirtschaft fehlen.“ Aus diesem Grund wäre es kostengünstiger und einfacher, die Stickstoffemissionen durch eine Reduktion von Ammoniak zu mindern, als durch weitere Minimierung der Stickstoffoxideausstöße. „Aber diese Kosten müssten von jemandem getragen werden – das bedeutet entweder erhöhte Preise von Nahrungsmitteln oder größere, zielgerichtete Unterstützung durch die öffentliche Hand, wie sie durchaus angedacht, aber noch zu wenig umgesetzt wird“, erklärte der Forscher.