Würth in Böheimkirchen, Lagerhalle
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Wirtschaft

Schwierige Suche nach qualifiziertem Personal

Für viele niederösterreichische Betriebe wird die Suche nach qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern immer schwieriger. Das Land und die Sozialpartner starten nun konkrete Projekte im Bereich Aus- und Weiterbildung.

Trotz schwieriger Rahmenbedingungen – Stichwort Ukraine-Krieg, steigende Energiekosten und hohe Inflation – rechnet Niederösterreichs Wirtschaft derzeit mit einem Wachstum von 3,7 Prozent. Die Arbeitslosenquote ging im März auf sechs Prozent zurück. Angesichts der Weltlage gute Ausgangsbedingungen für den Gipfel „Wirtschaft & Arbeit im Dialog“, bei dem die Arbeitswelt der Zukunft im Mittelpunkt stand.

Angesichts des Facharbeitermangels war der Bereich „Mitarbeiterfindung und -bindung“ ein Hauptthema der Gespräche in der Firmenzentrale von Würth in Böheimkirchen (Bezirk St. Pölten). Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gab beim Gipfel das Ziel vor, Niederösterreich „gemeinsam mit den Sozialpartnern zur Heimat der besten Köpfe zu machen“. Dabei spiele die Kompetenzorientierung eine Rolle: „Wir planen in den Sommermonaten die ‚NÖ Kompetenztour‘, um die vielfältigen Angebote, die der niederösterreichische Arbeitsmarkt bietet, direkt zu den Menschen in die Regionen zu bringen“, so Mikl-Leitner.

Webinare für Unternehmerinnen und Unternehmer

Ein weiteres konkretes Projekt sei der „Talente-Magnet“ von Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ) und landeseigener Wirtschaftsagentur ecoplus, so die Landeshauptfrau. „Dieses Projekt soll Unternehmerinnen und Unternehmer bei der Findung und Bindung von Mitarbeitern unterstützen und das eigene Unternehmen noch besser positionieren.“

Dialog „Arbeit und Wirtschaft“ von Landesregierung mit Sozialpartnern
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Vertreter der Landesregierung und der Sozialpartner diskutierten in Böheimkirchen über Projekte gegen den Facharbeitermangel

Die Unternehmen sollen sozusagen Magnete für Talente werden. Wirtschaftslandesrat Jochen Danninger (ÖVP) ergänzte: „Wir setzen mit dem Talente-Magnet ab Ende Mai auf Webinare der WKNÖ, in denen die Unternehmen mit Tipps und Tricks samt Best-Practice-Beispielen unterstützt werden. Zusätzlich gibt es Checklisten und geförderte Experten-Beratung."

Firmen sollen lernen, sich besser zu positionieren

Aus- und Weiterbildung sei das beste Investment für die Zukunft, so der für den Arbeitsmarkt zuständige Landesrat Martin Eichtinger (ÖVP). „Mit der ‚NÖ Kompetenztour‘ verfolgen wir das Ziel, eine breitgefächerte Zielgruppe anzusprechen, insbesondere Menschen auf verschiedenen Ausbildungsebenen und mit unterschiedlichen Berufserfahrungen“, so Eichtinger.

Die Arbeitswelten hätten sich in den letzten Jahren rasant geändert, der Mangel an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mache sich in allen Branchen bemerkbar, sagte der Präsident der WKNÖ Wolfgang Ecker. „Daher wollen wir als Wirtschaftskammer gemeinsam mit dem Land unsere Betriebe mit gezielten Employer-Branding-Maßnahmen unterstützen. Wir geben ihnen dabei praxistaugliche Werkzeuge, um sich als noch attraktiverer Arbeitgeber zu positionieren“, so Ecker.

Büro bei Würth in Böheimkirchen
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In allen Branchen würde mittlerweile Personal fehlen, heißt es von der WKNÖ. Wegen der geburtenschwachen Jahrgänge wird der Mangel eine Herausforderung bleiben.

Könnte eigenes Schulfach Trendwende bringen?

Markus Wieser, Arbeiterkammer-Niederösterreich-Präsident und Niederösterreich-Vorsitzender des Gewerkschaftsbundes, spricht sich für ein Pflichtfach „Berufsorientierung, Sozial- und Alltagskompetenz" für die fünfte bis achte Schulstufe an allen Schulen aus: „Um die Vielfalt der Arbeitswelt und der dualen Lehrlingsausbildung kennenzulernen, ist frühzeitige Berufsorientierung wichtiger denn je. Seit 1980 ist die Anzahl der Lehrlinge um 45 Prozent gesunken, die Berufsorientierung muss daher im Schulsystem fix verankert werden.“

Der Präsident der Industriellenvereinigung Niederösterreich, Thomas Salzer, beschreibt, dass die Industrie vor allem Fachkräfte aus dem MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) suche: „Aufgrund der demografischen Entwicklung – geburtenschwache Jahrgänge und Pensionierungen – ist der aktuelle Fachkräftemangel nur ein Vorbote zu dem, was noch auf uns zukommt." Nach abgeschlossener Industrielehre verdiene man teilweise gleich gut oder sogar besser als mit einem Hochschulabschluss, so Salzer.

Sven Hergovich, Landesgeschäftsführer des AMS Niederösterreich, möchte einen Ansatz vorantreiben, bei dem Jobsuchende direkt in Firmen am konkreten Arbeitsplatz ausgebildet werden: „Die Personalnachfrage der niederösterreichischen Wirtschaft ist kräftig. Unser Ziel ist, dass heuer rund 73.000 beim AMS gemeldete Stellen mit einer Arbeitskraft besetzt werden."