Politik

Ärztekammer will Kassenverträge attraktiver machen

Die neue Führungsriege der niederösterreichischen Ärztekammer hat am Mittwoch ihre Pläne vorgestellt. In erster Linie sollen Stellen für Kassenärzte wieder attraktiver werden, zudem will man Jungmedizinerinnen und -mediziner im Land halten.

„Wir haben weniger einen Mangel, sondern vielmehr ein Ausbildungsproblem. Und zwar ein massives“, merkte der neue Präsident der niederösterreichischen Ärztekammer, Harald Schlögel, bei einem Pressegespräch in Wien an. Der Turnus decke vielerorts fehlende Personalkapazitäten ab und spare an der Ausbildung. „Das ist ein Verrat an allen Jungärztinnen und Jungärzten.“

Schlögel verwies dazu auch auf die Agenda von Kurienobmann Wolfgang Walentich, der sich intensiv der Strukturqualität der medizinischen Versorgung widmen und damit einhergehend die Ausbildungs- und Qualifikationsstandards in den Spitälern vorantreiben wolle.

„Die Ärztinnen und Ärzte, die Pflegerinnen und Pfleger haben dieses Land maßgeblich durch die Pandemie getragen. Viele sind erschöpft und ausgebrannt“, erinnerte Schlögel zudem. Kassenstellen könnten nicht mehr besetzt werden, der Nachwuchs fehle.

Comeback des Gemeindearztes?

Große Anstrengungen vonseiten des Landes und der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) werde es brauchen, um dem Ärztemangel im niedergelassenen Bereich entgegenzuwirken. Schlögel will etwa die Wiedereinführung der Gemeindeärztin bzw. des Gemeindearztes. „Die Hausapotheken sind in der Niederlassung essenziell, um eine Ordination rentabel und damit zukunftsfähig zu führen. Wir brauchen hier mit den Apotheken flexiblere Lösungen als bisher, wenn wir die ärztliche Versorgung flächendeckend aufrechterhalten wollen“, meinte der Präsident.

Für Kurienobfrau Martina Hasenhündl ist das Halten von Ärztinnen und Ärzten im Kassenvertrag besonders wichtig: „Jeder aus Unmut über Bürokratie, Arbeitsdruck und unwirtschaftliche Honorarsätze zurückgelegte Kassenvertrag ist ein Systemversagen. Es braucht faire Honorare, eine Verbesserung der Work-Life-Balance durch verschiedene Möglichkeiten der Kooperation und den verbrieften Anspruch auf eine Hausapotheke bzw. das Dispensierrecht.“

Schlögel kündigte auch an, mit dem Land Niederösterreich gemeinsam weitere Ausbildungsstellen schaffen und die Ausbildung systematisieren zu wollen. In der Kammer soll eine Anlaufstelle für Karriereplanung eingerichtet werden, um Jungmedizinerinnen und -medizinern auch im eigenen Land eine Perspektive zu geben.

Vertrauensverlust in Ärzteschaft und Bevölkerung

Die Perspektive dürfte vielen auch bei der Ärztekammerwahl gefehlt haben. Die niedrige Wahlbeteiligung und dass etwa jede zehnte abgegebene Stimme an die impfkritische „Liste MFG“ ging, sieht Schlögel als Zeichen des Vertrauensverlusts und als „klaren Auftrag“. „Hier gilt es, ein offenes Ohr zu haben.“ Er habe bereits einen Termin mit den Vertretern der MFG vereinbart, wo er sich deren Anliegen und Ideen anhören möchte.

Aber auch das Vertrauen der Bevölkerung in die Medizin soll wieder gestärkt werden – auch in Hinblick auf das Thema Impfpflicht. Schögel: „Diese Pflicht als Notlösung der Politik ist bis zu einem gewissen Grad verständlich, aber ich vertraue doch darauf, dass, wenn wir dieses Vertrauen zurückgewinnen, wir dann mit Sachargumenten, mit Risikoabwägung, mit Beratung – da sind wir wieder beim Problem, dass diese Beratung nicht bezahlt wird und Zeit kostet – dass wir hier, glaube ich, weit, weit mehr erreichen.“ Mit Druck erzeuge man hingegen eher Widerstand, so der neue Ärztekammer-Niederösterreich-Präsident.