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St. Pölten will Schadenersatz für S34

Die Traisental-Schnellstraße (S34) kommt in der geplanten Form nicht, das hat Klima- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) im Dezember verkündet. St. Pölten stellt nun rechtliche Schritte in den Raum, konkret geht es um Schadenersatz.

Man habe in den vergangenen Jahren auf den geplanten und gesetzlich fixierten Bau der S34 vertraut und im „guten Glauben“ darauf den Süden der Stadt ausgebaut, argumentiert die Stadt laut einem Bericht des „Kurier“. Kein anderes der umstrittenen Projekte sei so weit fortgeschritten wie die Schnellstraße im St. Pöltner Umland. „Man braucht es nicht noch einmal evaluieren, evaluiert wird es schon seit 1975“, wird Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) von der Zeitung zitiert.

Zur Erinnerung: Dem heiß umstrittenen Lobautunnel und damit dem Lückenschluss der Wiener Außenring Schnellstraße (S1) hatte Ministerin Gewessler im Vorjahr eine endgültige Absage erteilt. Zur Marchfeld Schnellstraße (S8) überlege man sich Alternativen, die S34 komme in einer kleineren Form, hatte es damals geheißen – mehr dazu in Gewessler: S34 wird kleiner, S8 erneut geprüft (noe.ORF.at; 1.12.2021).

Leonore Gewessler
APA/Herbert Neubauer
Klimaministerin Gewessler bei der vielbeachteten Pressekonferenz im Dezember

Auf Nachfrage von noe.ORF.at bestätigt die Stadt St. Pölten das geplante Vorgehen. Die rechtlichen Vorbedingungen für den Bau der S34 seien bis auf eine Ausnahme gegeben, Einsprüche gegen die erlassenen Bescheide bereits geprüft worden. Dementsprechend wäre aus rein baurechtlicher Sicht wohl ein Baubeginn noch heuer möglich – und damit deutlich früher als bei der S8 oder gar beim Lobautunnel.

Sinnlose Brücken, falsche Widmungen

Man habe bereits Vorleistungen erbracht, argumentiert nun die Stadt, insbesondere im St. Pöltner Gewerbegebiet. So gebe es neben Widmungen, die von der S34 abhängig seien, auch neue Brücken, die ohne die geplante Schnellstraße ins Nichts führen würden. Die Stadt bzw. die Steuerzahlerinnen und -zahler seien durch die neuerliche Evaluierung finanziell geschädigt – hier wolle man das verlorene Geld ersetzt bekommen.

Wie genau das rechtlich passieren soll und an wen sich die Klage richtet, ist noch nicht klar. Das hängt in erster Linie von einem Gutachten ab, das der Verfassungsjurist Heinz Mayer aktuell für die Stadt erstellt. Er hat zuvor auch schon im Auftrag der Wiener Wirtschaftskammer geprüft – damals ging es allerdings um Gewesslers Absage des Lobautunnels.

Mayer brachte in diesem Zusammenhang im April sogar eine Ministerklage gegen Gewessler ins Spiel, sollte sich herausstellen, dass diese eine Weisung an die ASFINAG zur Einstellung des Baus erteilt habe. Eine solche Weisung des Ministeriums an die ASFINAG wäre dem Juristen zufolge nicht möglich und rechtswidrig – und hätte „in weiterer Folge auch zivil- und strafrechtliche Folgen“, wie Mayer damals sagte.

Bußjäger: Amtshaftung möglich, aber schwierig

Eine ähnliche Ansicht äußerte bereits im Dezember der Verfassungs- und Verwaltungsjurist Peter Bußjäger von der Universität Innsbruck. Im ORF-Radio sagte er – ebenfalls zum Lobauprojekt –, dass die ASFINAG beim Bau zwar einen großen Handlungsspielraum habe, aber der gesetzliche Auftrag für eine Schnellstraße bestehe.

Auf die Frage, welche rechtlichen Schritte aus Wien und Niederösterreich kommen könnten, um das Projekt juristisch noch zu retten, antwortete Bußjäger im Dezember: „Man kann natürlich an Amtshaftung aus dem Grunde eines rechtswidrigen Verhaltens der Bundesministerin prinzipiell denken, aber dann muss man unter anderem auch einen entstandenen Schaden nachweisen im Vermögen der beiden Länder. Also hier wird es wahrscheinlich nicht ganz einfach sein, das durchzusetzen.“

Unterschiede zwischen Lobau und Traisental

Klar ist: Das Projekt des Lobautunnels unterscheidet sich in mehreren Aspekten von jenem der S34. In erster Linie, weil es bei der Traisental-Schnellstraße keine klare Absage des Projekts gibt, sondern nur eine Redimensionierung angekündigt wurde. Diese Neuplanung der Straße – samt unweigerlicher zeitlicher Verzögerung – könnte womöglich vom angesprochenen Handlungsspielraum der ASFINAG abgedeckt sein.

Wichtig wäre in diesem Szenario nur, dass die gesetzlich garantierten Arbeiten an einer S34 weiterlaufen. Juristisch gesehen also eine durchaus verzwickte Lage. Die Behörden, Anwälte, Gerichte und die Öffentlichkeit dürfte diese Causa dementsprechend noch Jahre beschäftigen.