Bildung

Experte: „Gigantische Summe“ für Kinderbetreuung

Arbeits- und Sozialrechtsexperte Wolfgang Mazal kann dem angekündigten Ausbau der Kinderbetreuung in Niederösterreich viel abgewinnen. Er spricht von einer „gigantischen Summe“, die investiert wird, stößt sich aber am Begriff Rechtsanspruch.

750 Millionen Euro sollen in den kommenden Jahren in den Ausbau der Kinderbetreuung fließen. „Ich glaube, hier hat man sehr viel Geld in die Hand genommen. Rechnen wir das auf Österreich als Gesamtstaat um, wären das fast vier Milliarden Euro. Das ist eine gigantische Summe, die in die Hand genommen wird, um mittelfristig die Situation von Familien an das anzupassen, was sie sich erwarten“, sagt Mazal gegenüber noe.ORF.at.

Positiv bewertet der Arbeits- und Sozialrechtsexperte das Schließen der sogenannten Karenzlücke, indem das Eintrittsalter in den Kindergärten mit September 2024 auf zwei Jahre gesenkt wird. Damit liege Niederösterreich an der Spitze der Bundesländer. 600 neue Kindergartengruppen sollen entstehen.

„Gute Betreuungsleistung möglich“

Dass man das notwendige Personal für die zusätzlichen Kindergartengruppen aufstellen kann, sei laut dem Experten machbar: „Ich halte das für realistisch, wenn man sich überlegt, welche Qualifikationen wir hier brauchen. Es wird nicht möglich sein, in dieser kurzen Zeit, also in den nächsten zwei, drei Jahren, 600 zusätzliche hochqualifizierte elementarpädagogische Kräfte auszubilden und in den Einrichtungen zu halten und anzustellen. Aber es wird möglich sein, mit einem Mix von Qualifikationen dennoch eine gute Betreuungsleistung zu organisieren.“

Derzeit gibt es in vielen Kindergärten keine Nachmittagsbetreuung. Geplant ist nun, dass es auch nach 13.00 Uhr eine Kinderbetreuung geben soll. Das soll flächendeckend der Fall sein und somit auch in ländlicheren Gebieten.

„Wir wissen auch aus anderen Bundesländern, dass Gemeinden in diesem Punkt gut kooperieren können. Das ist in Niederösterreich bereits an etlichen Punkten der Fall, gehört aber ganz klar ausgebaut. Ich habe mich sehr gefreut, dass in den letzten Tagen in Gesprächen auch die Gemeindevertreter quer über alle politischen Gruppen zugesagt haben, dass sie hier zusammenarbeiten werden, um den Wünschen der Bevölkerung Rechnung zu tragen“, erklärt Mazal.

Gesetz sieht keine Klagbarkeit vor

Einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, wie etwa von SPÖ und Grünen gefordert, wird es nicht geben. Mazal kann die Diskussion darüber nicht nachvollziehen: „Es ist für mich sehr interessant, mit wem immer man von Parteien auch spricht. Das Vokabel Rechtsanspruch ist schlichtweg das falsche Vokabel. Jeder ist bemüht, den Wünschen der Menschen so viel wie möglich entgegenzukommen, aber Rechtsanspruch verbindet man nun einmal mit Klagbarkeit. Und die Durchsetzbarkeit solcher Ansprüche ist dem österreichischen Recht fremd. Hier wird mit einem Begriff aus meiner Sicht fast Schindluder getrieben. Das passt nicht.“

Dass die Ankündigung rund um eine Reform der Kinderbetreuung mit der Anfang 2023 bevorstehenden Landtagswahl zu tun haben könnte, glaubt Mazal nicht. Weil Zweijährige erst ab 2024 in den Kindergarten gehen können, würde das den Menschen derzeit noch gar nichts nützen, somit würden sie während des Wahlkampfes nicht davon profitieren. Die ersten Neuerungen zur Kinderbetreuung treten bereits nächsten Herbst in Kraft. Ab dann soll die Vormittagsbetreuung im Kindergarten kostenlos sein.