Nahversorger Mannswörth
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Wirtschaft

Energiepreise: Nahversorger vor dem Aus

Unter den stark gestiegenen Energiepreisen leiden nicht nur Haushalte, sondern auch viele Betriebe. Besonders betroffen sind Nahversorger, die eine geringe Handelsspanne haben. Wenn sich die Energiekrise weiter verschärft, könnte das für viele das Aus bedeuten.

Maria Höllermann führt seit drei Jahren den Nahversorger in Mannswörth (Bezirk Bruck an der Leitha). Sie macht ihren Job gerne und voller Tatendrang, aber die aktuelle Energiekrise bereitet der Kauffrau Kopfzerbrechen. Ihre Strompreiskosten hätten sich mehr als verdoppelt, erzählt Höllermann. „Ich habe dieses Jahr auch einen zweiten Standort eröffnet und ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Das Problem ist, dass man als Nahversorger einfach nicht viele Rücklagen hat.“

Der Stromfresser Nummer eins in Maria Höllermanns Geschäft sind die Wandkühlungen, Kühltheken und Gefriertruhen. Minus 18 Grad 24 Stunden lang, sieben Tage pro Woche – das geht bei den aktuellen Preisen ins Geld. Und dennoch kann und will Höllermann ihre Kosten nicht eins zu eins an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben. „Ich kann nicht plötzlich sieben Euro für ein Kilo Brot verlangen. Das geht einfach nicht. Das kann sich keiner leisten.“

Nahversorger Tiefkühltruhe
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Kühlregale und Gefriertruhen ziehen den meisten Strom und verursachen hohe Kosten

Nahversorger können mit Diskontpreisen nicht mithalten

Den Kundinnen und Kunden bleibe weniger im Börserl, und das merke sie auch bei den Kaufentscheidungen, erzählt Höllermann. „Ich sehe, dass unsere günstige Einstiegsmarke in letzter Zeit öfter gekauft wird.“ Darauf hat die Kauffrau bereits reagiert und bietet nun mehr Produkte der Eigenmarke an.

Etwa 140 Kilometer weiter westlich – in St. Martin am Ybbsfelde (Bezirk Melk) – hat Markus Mayr ähnliche Sorgen. Als selbstständiger Kaufmann hat er keinen großen Konzern im Hintergrund, der ihm den Rücken stärkt. Die Handelsspanne ist gering, mit den Aktionspreisen der Supermarktketten kann Mayr nicht mithalten. „Wenn bei den Ketten eine Filiale nicht so gut läuft, dann gleicht das eine andere Filiale aus.“ Preise wie bei Diskontern wären für Mayr ein Nullsummenspiel, vor allem bei den aktuellen Energiepreisen.

Forderung nach Unterstützung beim Strompreis

Wie viele seiner Kolleginnen und Kollegen hofft Mayr auf Unterstützung seitens der Bundesregierung. „Jetzt wird schon nach dem Gießkannenprinzip verteilt, aber die kleinen und mittleren Betriebe sind noch nicht erwähnt worden. Eine Lösung wäre zum Beispiel, dass man den Stromverbrauch vom letzten Jahr mit zehn Cent pro Kilowattstunde deckelt, das wäre dann planbar und kalkulierbar“, meint der Kaufmann, denn das Schlimmste sei die Ungewissheit, ob die Preise weiter in die Höhe schnellen.

Nahversorger Kaffeehaus
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In vielen Orten ist der Nahversorger gleichzeitig auch Ortstreff und Kaffeehaus

Denn bei aller Liebe zu ihrer Arbeit müssen die Kaufleute auch die Zahlen im Blick haben. „Man muss realistisch bleiben. Wenn es sich für uns Kaufleute nicht mehr ausgeht, dann muss ich zum Beispiel mein Geschäft schließen. Ich kann mir das sonst einfach nicht leisten“, schildert Höllermann. Das wäre in ländlichen Gebieten aber jedenfalls ein herber Schlag sowohl für ältere Menschen, die nicht mobil sind, als auch für junge Familien, die nur ein Auto haben, so die Kauffrau. Sie erzählt von Kolleginnen und Kollegen, die ihre Geschäfte Ende des Jahres schließen müssen. Die Nahversorgung auf dem Land werde definitiv zurückgehen, ist sich Höllermann sicher.

Aus für Nahversorger „Verlust an Lebensqualität“

Und es wäre nicht nur die Versorgung mit Lebensmitteln, die auf einen Schlag aus dem Ort verschwinden würde. Die kleinen Geschäfte sind oft viel mehr als das – oftmals fungieren sie als Ortstreff bzw. Kaffeehaus und im Fall der Familie Mayr sogar als Pizzaservice. Das Aus vieler Nahversorger wäre gleichbedeutend mit einem Verlust an Lebensqualität, meint Mayr. „Wo sollen sich die Leute austauschen? Es gibt kein Wirtshaus mehr, es gibt kein Kaffeehaus. Die Leute brauchen das einfach. Wenn man keinen Nahversorger mehr hat, wird es traurig.“