Drahtwurm
Uni Innsbruck/M Traugott
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Landwirtschaft

Kritik an Reduktion von Pflanzenschutzmitteln

Dass die Erdäpfelernte heuer unterdurchschnittlich ausfällt, ist unter anderem auf einen Drahtwurmbefall zurückzuführen. Landwirtschaftskammer-Vizepräsident Lorenz Mayr kritisiert deshalb EU-Pläne zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln.

Der sogenannte Green Deal der Europäischen Kommission sieht vor, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln um die Hälfte reduziert werden soll – gerade in Jahren, in denen die Ernte etwa bei den Erdäpfeln von Schädlingsbefall überschattet wird, ist das für die Landwirtschaftskammer eine unrealistische Forderung.

Und das sei nicht die einzige Herausforderung für Bäuerinnen und Bauern, hinzu komme etwa auch die Teuerung, wie Lorenz Mayr, Vizepräsident der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, im Interview in der Fernsehsendung „NÖ heute“ sagt.

noe.ORF.at: Es wird ja im Rahmen des Green Deals der EU noch zu weiteren Reduzierungen beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln kommen. Müssen sich die Landwirtinnen und Landwirte nicht mittel- und langfristig sowieso etwas Anderes überlegen?

Lorenz Mayr: Wir sind hier vor der Herausforderung, 50 Prozent der Pflanzenschutzmittel zu reduzieren. Das ist aber nicht nur für die Landwirtschaft eine Herausforderung, sondern für alle. Das heißt, die Versorgungssicherheit ist gefährdet. Wir haben es am Beispiel der Erdäpfel gesehen. Im Jahr 2018 haben wir 130 Tonnen Erdäpfel weggeschmissen, weil der Drahtwurm sie geschädigt hat. Und diese Auswirkungen fürchten wir auf viele andere Kulturen auch. Deshalb fordern wir, diese Reduktion zu überdenken und das Ganze gezielt mit praxistauglichen Beispielen umzusetzen.

noe.ORF.at: Wird es heuer genug Erdäpfel geben, um den Bedarf der Konsumentinnen und Konsumenten decken zu können?

Mayr: Das ist ein Blick in die Glaskugel. Zur Zeit sehen wir, dass wir eine geringere Ernte haben als im Vorjahr. Die Erdäpfel werden jetzt eingelagert, verarbeitet und gewaschen. Erst nach dem Waschen sieht man, wie viele man wegwerfen muss, weil sie vom Drahtwurm befallen sind. Eine seriöse Aussage können wir da erst im Februar oder März machen. Wir bitten auch die Konsumentinnen und Konsumenten, uns zu helfen. Also wenn zum Beispiel ein Erdäpfel an einer Stelle nicht so schön ist, kann man das wegschneiden und wenn es ein Erdäpfel in Herzform ist, dann ist das ein herzlicher Gruß vom Bauern, den sollte man annehmen und nicht entsorgen.

noe.ORF.at: Wäre es nicht gescheiter, die Erdäpfel für die Stärkeproduktion zu nützen als sie wegzuwerfen?

Mayr: Wenn sie am Feld weggeworfen werden, kommen sie ja sowieso wieder in den Kreislauf, weil Stickstoff wieder aufs Feld retour kommt. Und die, die schon im Lager aussortiert sind, kommen in die Stärkeproduktion oder kommen in die Biogasanlagen, wo Gas daraus gemacht wird – in der heutigen Zeit eh ein ganz wichtiger Punkt für uns alle.

Lorenz Mayr Studiogespräch
ORF
Lorenz Mayr im Gespräch mit „NÖ heute“-Moderatorin Nadja Mader

noe.ORF.at: Ein großes Problem ist die Trockenheit, das wird uns in den nächsten Jahren wohl so erhalten bleiben. Was kann man denn da tun? Mehr bewässern? Ist das möglich und wird das reichen?

Mayr: Wir setzen als Landwirtschaftskammer Niederösterreich hier sehr viel um. Ein Punkt wird sein, den Wind zu bremsen, denn Wind verstärkt immer die Trockenheit. Der andere Punkt ist, wenn Regen fällt, diesen am Feld zu halten und zu bremsen. Das machen wir mit Zwischenfrüchten, mit Direktsaat, bei Erdäpfeln zum Beispiel mit Zwischendämmen, um hier das Wasser zurückzuhalten. Und trotzdem wird es irgendwann notwendig sein, gewisse Wassergaben in die trockenen Regionen zu bringen, denn hier geht es um Qualität und auch um Quantität. Das Thema Wasser betrifft nicht nur die Landwirtschaft, sondern uns alle in Österreich.

noe.ORF.at: Wie kompliziert, wie langwierig ist das, Wasser dorthin zu bringen, wo es notwendig ist?

Mayr: Das ist sicher ein Projekt für die nächsten zehn bis 20 Jahre, denn wir haben genug Wasser in Niederösterreich. Wir haben nur mit der regionalen und zeitlichen Verteilung ein Problem.

noe.ORF.at: Kurze letzte Frage: Inwiefern belasten denn die hohen Energiepreise und die Inflation auch die Landwirtinnen und Landwirte?

Mayr: Da geht es uns genau so wie allen anderen. Die hohen Treibstoffkosten und auch die Kosten für die Düngemittel etc. sind enorm. Wir bekommen hier Gott sei Dank für den Versorgungssicherheitsbeitrag vom Bund Unterstützung und es wird auch jetzt zum Energieausgleich etwas kommen, doch es bleibt trotzdem sehr herausfordernd für die Betriebe.