Klimaneutral sein, bedeutet keine klimaschädlichen Emissionen mehr zu verursachen bzw. wenn sie anfallen, zu kompensieren. Dieses Ziel bis 2030 zu erreichen, ist vor allem für Städte ambitioniert. Jahrelange Routinen und Gewohnheiten müssen aufgebrochen werden. „Über Jahrzehnte war der Maßstab, die Priorität, an der wir uns orientiert haben, das Auto – die autogerechte Stadt. Und jetzt kommt es eben zu diesem Paradigmenwechsel“, sagt Stadtplanerin Daniela Allmeier vom Planungsbüro Raumposition.
Sie erarbeitete den Klimafahrplan für St. Pölten gemeinsam mit weiteren Experten sowie Vertreterinnen der Stadt. In St. Pölten soll der Verkehr nun an Radfahrern und Fußgängerinnen ausgerichtet werden. Im Klimafahrplan wird beschrieben, wie das organisiert ablaufen kann.
Bereits jetzt zeigt das Stadtbild viele Baustellen im Straßenverkehr. Derzeit wird der Europaplatz umgebaut, es folgt die Promenade. In beiden Fällen soll es mehr und breitere Fuß- und Radwege geben. „Auch in der Kremser Landstraße haben wir das, wo breitere Gehsteige, breitere Fahrradwege gebaut werden – mehr Bäume, mehr Grün und weniger Fahrbahn“, so Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) bei der Präsentation des Klimafahrplans.
Städte sind bereits Hitzeinseln
Warum der Wechsel zur Klimaneutralität mitunter lebenswichtig ist, erklärte der Meteorologe Simon Tschannett. Er ist auf Stadtklimatologie spezialisiert und war ebenfalls beim Klimafahrplan eingebunden: „Die Dörfer und Städte sind nicht für das heutige Klima gebaut worden.“ Zwischen 40 und 50 Hitzetage gebe es jährlich in Österreichs Städten. „Das bedeutet, dass die Übersterblichkeit zunimmt. Das ist die Spitze des Eisbergs, Menschen sterben durch Hitze. Hitze ist eine der größten Naturkatastrophen, die wir in Europa haben“, warnt Tschannett.
Etwa 100 Handlungsvorschläge beinhaltet der Plan – die meisten betreffen die Mobilität, den Bereich Energie und das Bauen. Hier möchte die Landeshauptstadt künftiger eher höher bauen als in die Fläche: „Da werden wir das eine oder andere Stockwerk zusätzlich bewilligen müssen“, so Bürgermeister Stadler.
Keine freie Hand beim Verdichten
Bei all den Vorhaben ist St. Pölten aber auch rechtlich eingeschränkt. Stadler sprach u. a. viele unbebaute, als Bauland gewidmete, Grundstücke an, die „gehortet“ würden. So kämen Gemeinden und Regionen immer wieder unter Druck, grüne Wiesen umzuwidmen. „Ich könnte ein paar Liegenschaften in der Stadt aufzählen, wo sich Jahrzehnte nichts tut, die aber Wohnbauwidmung und Attraktive haben. Dass das unverändert in der Zukunft so festgeschrieben ist, freut uns natürlich nicht und es unterstützt uns bei diesen Aktivitäten auch nicht.“
Den Städten müsse man mehr Instrumente geben, etwa bei Widmungen, die vor mehreren Jahrzehnten ausgesprochen wurden, so Stadler. Dass das „heikel und ein Eingriff in Besitzrechte ist“ sei ihm klar, aber das „wird man sich auch mal überlegen müssen, in welche Richtung man da geht“.
Betont wird, dass der Umbau zur klimaneutralen Stadt viel Geld koste. St. Pölten bewarb sich als „Pionierstadt – Partnerschaft für klimaneutrale Städte“. Bei einer Aufnahme würde die Stadt bis zu zwei Millionen Euro bekommen. Damit würde man u. a. eine Klimakoordinierungsstelle im Rathaus gründen, so Stadler, die dann für die Umsetzung des Klimafahrplans verantwortlich wäre.