Sitzung des Rechnungshof-Ausschusses im Landtag
ORF/Felix Novak
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Politik

Massive Kritik an Rechnungshof-Berichten

Die ersten drei Prüfberichte des Landesrechnungshofs zur Inseratencausa werden am Donnerstag im Landtag diskutiert. Zuvor hagelte es bereits Kritik von SPÖ, FPÖ, NEOS und Grünen. Die vier Parteien wollen die Berichte nicht zur Kenntnis nehmen.

Die letzte Landtagssitzung der Legislaturperiode ist zugleich die letzte für etliche langgediente Abgeordnete, Klaus Schneeberger (ÖVP) etwa oder Karin Renner (SPÖ). Der Fokus der Parteien und auch der Medien liegt an diesem Tag allerdings anderswo. Am Dienstag hatte der Landesrechnungshof nach achtmonatiger Prüfung drei von elf beauftragten Berichten veröffentlicht: jene der Landesgesundheitsagentur (LGA), der Radland GmbH und der NÖ Familienland GmbH – mehr dazu in Inserate: Erste Prüfberichte veröffentlicht (noe.ORF.at; 13.12.2022). Diese werden nun im Landtag debattiert.

Zuvor, am Donnerstagvormittag, war bereits Edith Goldeband, die Direktorin des Landesrechnungshofs, in eine Sitzung des Rechnungshof-Ausschusses in den Landtag geladen. Auskunftsfreudiger als in den Berichten zeigte sie sich aber auch hier nicht, kritisierten zumindest mehrere Parteien im Anschluss an die nicht öffentliche Sitzung.

Sitzung des Rechnungshof-Ausschusses im Landtag
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Ein Foto vor Beginn der nicht öffentlichen Sitzung des Rechnungshof-Ausschusses im Landtag

SPÖ und FPÖ sehen Prüfauftrag nicht erfüllt

Die SPÖ etwa kündigte an, dem Bericht nicht zuzustimmen, der Prüfauftrag sei nicht erfüllt worden. Landesparteivorsitzender und Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl sah bei einer Pressekonferenz in den drei Berichten keinen Beitrag „zu mehr Transparenz, in welche ÖVP-nahen Kanäle Steuergelder versickern“. Zudem ortete der Landesvize, dass im Vergleich von Roh- und Endbericht Passagen „verändert oder geschönt“ wurden. Dies erhärte den Verdacht, dass es „massiven Aufklärungsbedarf“ gebe. Geprüft werde von der SPÖ die Beantragung eines U-Ausschusses für den Zeitraum nach der Landtagswahl am 29. Jänner 2023, unterstrich der SPÖ-Politiker.

Ähnlich wie Schnabl äußerte sich Udo Landbauer, Landespartei- und Klubobmann der FPÖ. Der Landesrechnungshof sei dem „expliziten und unmissverständlichen Prüfauftrag nicht nachgekommen“, sagte er bei einer Pressekonferenz. Es gehe um „nichts weniger als Korruption“, Inseratenschaltungen in ÖVP-nahen Magazinen würden „vertuscht, verschleiert und verschwiegen“. Landbauer sah darüber hinaus eine „Verhöhnung der parlamentarischen Kontrolle“, die ÖVP spanne den Landesrechnungshof vor den Karren ihrer parteipolitischen Interessen.

Massive Kritik von NEOS und Grünen, ÖVP kontert

NEOS-Landessprecherin Indra Collini las in den Berichten zwar Summen und Zahlen, „aber keine Infos darüber, in welchen Medien wie oft und zu welchen Tarifen inseriert wurde“. Der Landesrechnungshof begründe die offen gebliebenen Antworten mit Datenschutz, dies sei aber kein Argument. Dass sich der Roh- im Vergleich zum Endbericht hinsichtlich genannter Medien verändert habe, lässt bei Collini den Eindruck hochkommen, dass die ÖVP „ihre Finger im Spiel“ und „womöglich Druck“ ausgeübt habe. Gefordert wurden von den Pinken und auch von der SPÖ Nachbesserungen in Form eines vertraulichen Zusatzberichts des Landesrechnungshofs.

Nur 48 Stunden vor der Landtagssitzung seien die drei Berichte im Landtag angekommen, kritisierte Helga Krismer, Landessprecherin der Grünen. Sie schloss sich der ablehnenden Haltung der anderen drei Parteien an: „Ich bedauere das als Opposition sehr, aber der Kern der Fragen wurde nicht beantwortet. Das ist der Würde des Landtages unzumutbar.“ Nun gehe es darum, wie die Mehrheiten nach der Wahl am 29. Jänner aussehe, um die Kontrollrechte des Landtags zu stärken – „dass auch das Kontrollorgan Landesrechnungshof jetzt mittlerweile zu schwächeln beginnt, tut mir als Opposition in der Seele weh“, so Krismer.

Die ÖVP Niederösterreich hingegen konnte die massive Kritik am Donnerstag nicht nachvollziehen. Der Landesrechnungshof arbeite seit jeher korrekt und halte sich an alle Gesetze. Die Prüfberichte würden zeigen, „dass in Bezug auf Inserate und Werbeeinschaltungen kein Fehlverhalten feststellbar ist“, so Bernhard Ebner, Geschäftsführer der Landespartei, gegenüber noe.ORF.at. „Es geht nicht um Aufklärung, es geht einzig und allein um Wahlkampf.“ Für ihn sei es „schäbig, den schwarzen Peter zum Landesrechnungshof zu schieben“.

Darum geht es im Detail

Auftraggeber der Prüfung waren SPÖ, FPÖ, Grüne und Neos. Sie hatten den Rechnungshof im April aufgefordert, dem Verdacht von verdeckten Parteispenden an die ÖVP nachzugehen. „Der Antrag nannte die ‚Niederösterreich Zeitung‘ und das Magazin ‚Partei intern‘ sowie die ‚Innova Verlags GmbH‘, die Einnahmen aus Inseraten im Jahr 2019 mit 13.000 Euro beziffert habe“, heißt es im LGA-Prüfbericht. Der konkrete Verdacht im Zusammenhang mit diesen Medien im ÖVP-Umfeld: „Vor allem Unternehmen des Landes NÖ hätten trotz des hohen Tarifs von 10.000 Euro für eine Seite Anzeigen geschaltet.“

Allerdings müsse der Rechnungshof immer „auf Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen unter Wahrung des Datenschutzes sowie der Geschäftsgeheimnisse“ arbeiten. Das Ergebnis laut Bericht: „Inserate und Werbung dienten bis auf wenige Ausnahmen dazu, die NÖ Landesgesundheitsagentur als Dach der NÖ Gesundheitseinrichtungen sowie als attraktive Arbeitgeberin in der Öffentlichkeit bekannt zu machen und Personal zu gewinnen.“

Wohin das Geld – immerhin knapp zwei Millionen Euro – floss, wird nicht ersichtlich. Der Rechnungshof gibt stattdessen nur Sammelkategorien wie „Printmedien“ oder „Onlinemedien“ und anonymisierte Stichproben an – aus den erwähnten Gründen des Datenschutzes.

Stellungnahmen ergänzt

In den drei Endberichten wurden die bereits zuvor bekannt gewordenen vorläufigen Ergebnisse um Stellungnahmen der betroffenen Unternehmen und der Landesregierung ergänzt. Der Landesrechnungshof nahm diese Statements jeweils zur Kenntnis. Im Kern wurden in den Überprüfungsergebnissen vorwiegend strukturelle Dinge bemängelt. Von Unternehmensseite und der Landesregierung wurde die Setzung entsprechender Schritte angekündigt bzw. auf bereits erfolgte Änderungen hingewiesen.

Insgesamt werden vom Landesrechnungshof elf Berichte verfasst. Überprüft werden Zahlungsflüsse von März 2017 bis Mai 2022 in Verbindung mit Inseraten und Werbung, Förderungen, Spenden, Sponsorings, Dienstleistungen im Beratungs-, Veranstaltungs- und Agenturwesen, Kooperationen und Mitgliedschaften in Vereinen. Evaluiert werden etwa Konzepte für Kommunikation oder Social Media sowie Verträge bzw. Vereinbarungen für einzelne Zahlungen. SPÖ, FPÖ, Grüne und NEOS vermuten illegale Parteienfinanzierung durch die Volkspartei. Die ÖVP weist die Vorwürfe zurück.