Geburtshaus und Dollfuß-Museum in Texingtal
wikimedia commons/GT1976
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Chronik

Dollfuß-Museum: Bürger gestalten mit

Im Rahmen der Neukonzeption des Dollfuß-Museums in Texingtal (Bezirk Melk) hat ein Bürgerbeteiligungsprozess begonnen. Das Interesse der Bevölkerung sei groß, heißt es. Als Partner konnte das oberösterreichische Museum Arbeitswelt Steyr gewonnen werden.

Seit vergangenem Mai betreut der Verein „MERKwürdig. Zeithistorisches Zentrum Melk“ die Neukonzeption der bisherigen Gedenkstätte. Das Geburtshaus des Diktators soll zu einem Ort für Geschichtsvermittlung umgestaltet werden – mehr dazu in Dollfuß-Museum: Bevölkerung soll mitwirken (noe.ORF.at; 22.11.2022). Zentrale Säule des Projekts ist ein Bürgerbeteiligungsprozess, der vor kurzem anlief.

Bei einem ersten Informationstermin sei das Projekt auf „reges Interesse“ in der Bevölkerung gestoßen, erzählt Christian Rabl, der die Neukonzeption wissenschaftlich anleitet. Die Diskussionen seien wie erwartet kontroversiell verlaufen. Bürgerinnen und Bürger, die am Neugestaltungsprozess mitwirken möchten, konnten sich für zwei Workshop-Gruppen mit etwa zehn bis 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmern anmelden. „Die beiden Gruppen sind bunt zusammen gewürfelt mit Menschen aus der Region, die ein offenes Interesse haben, am Prozess mitzuwirken“, so Rabl gegenüber noe.ORF.at.

Museum Arbeitswelt Steyr ist Partner

Ziel sei, ein Bewusstsein für die Probleme der Gedenk- und Erinnerungskultur in der Region zu schaffen. Rabl wünscht sich, dass die Interessierten längerfristig an der Neukonzeption des Museums mitwirken: „Es war von Anfang an die Überlegung, die interessierte Bevölkerung einzubinden. Wir wollen nicht von außen kommen und sagen: ‚Das ist alles falsch‘, sondern in den Diskurs gehen“.

Als Partner konnte der Verein das oberösterreichische Museum Arbeitswelt Steyr gewinnen. „Das Museum bringt viel Expertise im Umgang mit Museumsräumen mit, genauso gibt es dort viel Erfahrung mit Vermittlungsprozessen“, so Rabl. Von dieser Erfahrung und Expertise wolle man in Texingtal profitieren. Geplant sind etwa Besuche der Workshop-Gruppen in Steyr.

Schild Dollfuß-Platz
Lorenz Paulus / hdgö
„Aus unserer Sicht bedarf es einer Umbenennung“, sagt Wissenschaftler Rabl

Verein empfiehlt Umbenennung des Manker Dollfuß-Platz

Dass sich die Auseinandersetzung mit dem Erbe Dollfuß nicht auf Texingtal beschränkt, zeigt ein Blick in die Nachbargemeinden. In Mank (Bezirk Melk) etwa läuft derzeit ein Prozess zur Umbenennung des Dr.-Dollfuß-Platzes. „Was wir anbieten können, ist eine Entscheidungsgrundlage für die Gemeinderäte“, erklärt Rabl. Man wolle inhaltlichen Input über das Dollfuß-Regime liefern. Die Empfehlung allerdings sei klar: „Aus unserer Sicht bedarf es einer Umbenennung, weil in unserer Gegenwart kein Platz nach einem Diktator benannt sein sollte.“ Im Herbst soll die Entscheidung darüber im Gemeinderat fallen.

Das wichtigste im Bürgerbeteiligungsprozess sei Fingerspitzengefühl, so Rabl. „Es braucht viel Behutsamkeit, man muss sich die Zeit nehmen und in aller Ruhe die Dinge besprechen.“ Das Interesse am Prozess wertet Rabl als Erfolg. Vor der Pandemie hätten durchschnittlich 100 Personen pro Jahr das Museum besucht. „Wir erreichen jetzt schon ein Vielfaches davon, und das mit einem kritischen und reflektierten Zugang“, freut sich Rabl.