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Filzmaier: „Mikl-Leitner muss sich neu erfinden“

Am Freitag wurden die Details zum ÖVP-FPÖ-Regierungspakt präsentiert. Politologe Peter Filzmaier ortet die schwarz-blaue Zusammenarbeit in Niederösterreich als möglichen Wegweiser für den Bund. Mikl-Leitner müsse aber ihre Rolle neu finden, so Filzmaier.

Mehrmals betonte ÖVP-Parteivorsitzende Johanna Mikl-Leitner bei der am Freitag einberufenen Pressekonferenz, dass das Verhältnis zwischen der ÖVP und der FPÖ in Niederösterreich bei weitem nicht das beste sei. Es habe zuletzt Streitereien und große Differenzen gegeben. Das sei auch der Grund, warum man ursprünglich mit dem Drittplatzierten (der SPÖ, Anm.) Verhandlungen gestartet habe – mehr dazu in ÖVP und FPÖ: Details zum Regierungspakt (noe.ORF.at, 17.03.2023).

Dass es zwischen ÖVP und FPÖ keine Liebeshochzeit ist, sei eine schwere Untertreibung, so Filzmaier gegenüber noe.ORF.at. Es führe außerdem zu einer bizarren Situation. Nachdem die FPÖ sich weigere, Johanna Mikl-Leitner bei der konstituierenden Landtagssitzung am 23. März zur Landeshauptfrau zu wählen, sei es so, als würde die FPÖ vor dem Traualter stehen und weder „Ja“ noch „Nein“ sagen, sondern sich einfach enthalten und die Hochzeit finde trotzdem statt, analysierte der Politologe.

Analyse von Peter Filzmaier

Politologe Peter Filzmaier analysiert das Arbeitsübereinkommen zwischen ÖVP und FPÖ in Niederösterreich.

Bei der Zusammenarbeit ortet Filzmaier eine Zweckehe, denn die ÖVP habe der FPÖ bei der Pressekonferenz mehrmals ausgerichtet, dass man eigentlich gerne mit der SPÖ gearbeitet hätte. Nachdem das aber schief gegangen sei und man keinen Gesichtsverlust riskieren wollte, habe man sich eben einen anderen Partner gesucht, so Filzmaier.

Konflikte zwischen ÖVP und FPÖ vorprogammiert

Was für Mikl-Leitner jetzt notwendig sei, sei eine „neue Rolle“ zu finden. Denn die „allumfassende Landesmutter“, die immer betont, es herrsche Einigkeit im Land, die auch immer bewiesen hätte, sogar noch im Wahlkampf, wie viele Regierungsbeschlüsse einstimmig und im allgemeinen Konsens getroffen worden sind – diese Landesmutter gibt es laut Filzmaier jetzt nicht mehr.

Es sei damit zu rechnen, bei allen Schwierigkeiten, die es bereits in den Verhandlungen gegeben habe, dass es auch Konflikte zwischen den Partnern des Arbeitsübereinkommens gibt und dass generell die Polarisierung steigen werde, so Filzmaier. Somit sei es für Mikl-Leitner so gut wie unumgänglich, sich neu zu positionieren.

ÖVP und FPÖ: Einigung auf Arbeitsübereinkommen

ÖVP und FPÖ haben sich auf ein Arbeitsübereinkommen geeinigt und dieses heute Mittag in groben Zügen skizziert.

„Bundes-ÖVP sollte sich bei ÖVP NÖ bedanken“

Die Kritik an der De-facto-Koalition ist von vielen Seiten groß – mehr dazu in Viel Kritik an schwarz-blauem Paket (noe.ORF.at, 17.03.2023). Bei FPÖ-Beteiligungen in anderen Bundesländern wie Kärnten, Burgenland, Vorarlberg oder Oberösterreich sei die Kritik nicht ganz so heftig ausgefallen, so Filzmaier.

Niederösterreich sei aber ein Spezialfall. Die Parteien hätten sich im Wahlkampf und in den letzten Jahren nicht nur politische Fehler oder Irrtümer vorgeworfen, sondern Konflikte auch auf persönlicher Ebene ausgetragen, erklärt der Politologe. Zudem seien die Vorstellungen der Parteien immer auseinander gegangen: „Johanna Mikl-Leitner hat Udo Landbauer bei der vorletzten Landtagswahl nicht ausgeschlossen, weil sie ihn persönlich nicht mochte, sondern aus grundsätzlichen demokratiepolitischen Erwägungen. Und umgekehrt“, so Filzmaier. Damals ging es um die Liederbücher mit nationalsozialistischen Texten, die bei der Burschenschaft Udo Landbauers gefunden wurden.

Für die Bundespolitik könnte das neue Abkommen wohl ein möglicher Wegweiser sein. ÖVP und Grüne würden aller Voraussicht nach bis nächstes Jahr, bis zum Herbst oder bis knapp vor dem Sommer, weitermachen wie bisher. „Aber die ÖVP Bundespartei kann eigentlich der niederösterreichischen ÖVP dankbar sein, dass sie ihr nun, ein Jahr vor der Bundeswahl, die Diskussion abnimmt: Soll man mit Blau wieder zusammengehen oder nicht?“, so Filzmaier. All diese Diskussionen erlebe man jetzt in Niederösterreich und da würde sich die Bundes-ÖVP dann leichter tun, sollte sie eine Regierungsbeteiligung mit der FPÖ in Betracht ziehen.