Birnbaumblüte
ORF/Robert Salzer
ORF/Robert Salzer
Landwirtschaft

Krankheit bedroht Birnbäume im Mostviertel

Zwei Drittel der Birnbäume im Mostviertel sind mittlerweile von einer Krankheit befallen, dem Birnenverfall, der die Bäume absterben lässt. Die Mostbäuerinnen und -bauern versuchen eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Gleichzeitig läuft die Suche nach resistenten Sorten.

Der Birnenverfall wird durch Bakterien ausgelöst, die den Baum so lange schwächen, bis er abstirbt – das kann mehrere Jahre dauern. „Das erste Anzeichen ist meist, dass sie violett in den Herbst gehen. Schweizer Wasserbirnen und Speckbirnen sind sehr anfällig. Dann wird alle Jahre einmal ein Ast kaputt, dann der nächste Ast. Das Virus geht im Winter runter, danach im Frühjahr wieder rauf und befällt einen anderen Ast. Der Baum wird nach fünf bis zehn Jahren kaputt“, sagt Bernhard Datzberger, Sprecher der bäuerlichen Obstverarbeitung in Österreich und selbst Mostbauer in Amstetten.

Laut Datzberger sind mittlerweile zwei Drittel der Birnbäume im Mostviertel von der Krankheit befallen. Auch Mostbauer Leopold Reikersdorfer aus Neuhofen an der Ybbs (Bezirk Amstetten) blickt mit Sorge auf das Aushängeschild und den Namensgeber des Mostviertels. „Es ist eine gewisse Überalterung da, es fehlen Bäume im Alter zwischen 30 und 50 Jahren. Damals hat man gesagt, es stehen genug Birnbäume da, und vergessen nachzusetzen. Momentan wird relativ viel nachgesetzt. Da haben wir auch ein bisschen Sorge, ob wir die richtige Qualität setzen, damit die Bäume in Zukunft die Klimaveränderungen aushalten.“

Suche nach resistenten Sorten

„Wenn die Bäume einmal krank sind, kann man nichts mehr tun“, sagt Monika Riedle-Bauer, sie forscht an der HBLA für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg (Bezirk Tulln) zu dem Thema. „Es geht eventuell darum, die Erkrankung zu verhindern. Aber in erster Linie geht es darum, die Toleranz der Bäume gegen die Krankheit zu erhöhen.“

Birnbäume werden laut Riedle-Bauer durch Veredelung vermehrt, bestehen also aus zwei Sorten oder Birnenarten. „Man muss versuchen, bei beiden tolerante oder vielleicht sogar resistente Typen zu finden, die in Zukunft in der Vermehrung eingesetzt werden können.“ Die Forscherin verweist auf „Unterlagen“ aus Deutschland, die bereits erfolgversprechend seien und die derzeit in Klosterneuburg und auch an Standorten im Mostviertel ausgepflanzt werden, um ihre Toleranz gegen den Birnenverfall zu untersuchen.

Radikaler Baumschnitt als Gegenmaßnahme

Im Mostviertel versucht man unterdessen, die weitere Ausbreitung des Birnenverfalls durch radikalen Baumschnitt einzudämmen. Dazu hat sich vor einigen Jahren ein Verein gegründet und eine Hebebühne angeschafft. „Wenn man glaubt, dass der Baum kaputt ist, schneidet man ihn auf vier, fünf Meter retour“, sagt Datzberger. Die Methode scheint erfolgreich zu sein. „Die treiben voll durch, und nach drei, vier Jahren kommt wieder Obst herunter.“

Fotostrecke mit 3 Bildern

Internationaler Birnenkongress
Moststraße
Beim Internationalen Birnenkongress in Neuhofen an der Ybbs wurde über aktuelle Herausforderungen diskutiert
Internationaler Birnenkongress
Moststraße
Die Teilnehmer kommen aus verschiedensten Ländern, u.a. Deutschland, Frankreich und Kanada
Monika Riedle-Bauer beim Birnenkongress
Moststraße
Monika Riedle-Bauer, Forscherin an der HBLA für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg, präsentierte neueste Erkenntnisse zum Thema Birnenverfall

Auf dem Internationalen Birnenkongress in Neuhofen an der Ybbs (Bezirk Amstetten) wird in diesen Tagen unter anderem über den Birnenverfall diskutiert. Das Problem betrifft nicht nur das Mostviertel, sondern auch andere Länder, die meisten davon in Europa. Die Krankheit wird durch den Klimawandel begünstigt. „Zum einen ist der Baum anfälliger, in trockenen Phasen erkranken die Bäume schneller und schwerer. Zweitens wird die Krankheit über Insekten übertragen, den Birnblattsauger. Die meisten Insekten fühlen sich unter trockenen Bedingungen besonders wohl“, sagt Riedle-Bauer.

Nur noch 300.000 bis 500.000 Birnbäume

Früher gab es im Mostviertel mehr als eine Million Birnbäume, mittlerweile schätzt man, dass es nur noch 300.000 bis 500.000 sind. Um seinen Namen müsse das Viertel aber nicht zittern, sagt Michaela Hinterholzer, Obfrau der Tourismusregion Moststraße.

„Das Mostviertel soll das Mostviertel bleiben, auch in den zukünftigen Generationen. Wenn man weiß, wie alt die Bestände sind – die großen knorrigen Bäume sind mehrere hundert Jahre alt – dann ist es höchste Zeit zu handeln, nachzusetzen und im Kopf mitzunehmen, dass der Birnbaum nichts Lästiges ist, sondern etwas ganz Wichtiges. Aus dem Produkt kann man etwas erzeugen, es macht das Mostviertel einzigartig.“

Die Birnbaumblüte im Mostviertel lässt derzeit noch auf sich warten, wird aber in den nächsten Wochen erwartet. Das Naturschauspiel ist mittlerweile zu einem wichtigen touristischen Faktor geworden und lockt zahlreiche Gäste in die Region, die sich dann wieder in ein weißes Blütenmeer verwandelt.