Pflegekraft fährt mit Bewohnerin spazieren
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Soziales

Pflegekräftemangel: Berufschancen steigen

Die Bevölkerung altert, der Pflegebedarf wird in den nächsten Jahren drastisch steigen. Die Anzahl der offenen Stellen in Pflege- und Sozialberufen ist seit 2017 um das Vierfache angewachsen. Für Junge bringt das viele Möglichkeiten bei der Berufswahl.

Seit zehn Monaten wird Silvia Krenauer im Pflege- und Betreuungszentrum Klosterneuburg (Bezirk Tulln) betreut. „Ich fühle mich bestens aufgehoben. Wenn es der Körper braucht, muss man dankbar sein, dass es diese Möglichkeit gibt“, so die 70-Jährige. Eine ihrer Pflege- und Betreuungspersonen ist Michaela Haschberger, die seit 22 Jahren im Gesundheitsbereich tätig ist.

Trotz teils schwieriger Umstände betont sie die positiven Seiten, die der Beruf mit sich bringt. „Wenn ich am Abend heimkomme, weiß ich, ich habe wieder so viel Gutes getan, auch wenn ich müde bin. Das motiviert mich jeden Tag aufs Neue“, so Haschberger. Damit eine derartige Betreuung in Niederösterreich gewährleistet werden kann, braucht es allerdings bis 2030 zusätzlich 9.500 Pflegekräfte – mehr dazu in Mehr Ausbildungsstandorte für Pflegeberuf (noe.ORF.at; 14.01.2023).

Gleich nach Ausbildung Job gefunden

Die Anzahl der offenen Stellen im Pflege- und Sozial-Bereich ist seit 2017 kontinuierlich gestiegen: Gab es damals laut Arbeitsmarktservice Niederösterreich noch 1.640 offene Stellen, waren es letztes Jahr bereits durchschnittlich über 6.300. Miteingerechnet sind dabei nicht nur Gesundheitsberufe wie Krankenpflege, Alltagsbegleitung oder Ordinationshilfe, sondern auch Sozialberufe wie beispielsweise Flüchtlings- oder Suchtberatung.

Durch die hohe Anzahl an offenen Stellen würden sich tolle Berufschancen ergeben, sagt Sabine Zolles, Fachsozialbetreuerin in Laxenburg (Bezirk Mödling). Sie hat die Ausbildung an der Schule für Sozialbetreuungsberufe (SOB) Biedermannsdorf im Bezirk Mödling vor zwei Jahren als Quereinsteigerin abgeschlossen, danach habe sie sofort einen passenden Job gefunden. „Auch für die anderen aus meinem Jahrgang war das leicht, weil wirklich viele Kräfte gesucht werden“, so Zolles gegenüber noe.ORF.at.

Arbeit in Krankenhaus, Arztpraxen oder zu Hause

Auch nach der Pension, die sie in wenigen Jahren antritt, möchte Sabine Zolles gerne in diesem Bereich weiterarbeiten. Die Möglichkeiten reichen von Krankenhäusern, Ambulatorien, Kuranstalten und Reha-Zentren bis zu Arztpraxen, Seniorenheimen, Beratungsstellen, Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, sozialpsychiatrischen Einrichtungen und der Hauskrankenpflege.

Pflegekraft gibt Bewohnerin ein Wasserglas
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Michaela Haschberger – hier mit Bewohnerin Silvia Krenauer – arbeitet im Pflegeheim

„Wir müssen auf Quereinsteiger setzen“

Den Pflegekräftemangel könne man kaum über neue Kräfte decken, sagt Manuela Mieder, Lehrgangs-Leiterin in Biedermannsdorf: „Ich bin davon überzeugt, dass wir Quereinsteiger brauchen, die über den zweiten Bildungsweg in die Pflege kommen.“ Mittlerweile sei der Druck größer geworden, gute Leute auszubilden, so Mieder. Denn es gebe „riesengroße Fluktuationen“ in den Pflegeheimen. Umso besser müssten die wenigen Pflegekräfte, die nachkommen, qualifiziert sein.

Dabei sei der Stundenplan in der SOB Biedermannsdorf extra auf Abendunterricht ausgelegt, um Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger besser ansprechen zu können, so die Lehrgangs-Leiterin. Möglich ist eine einjährige Ausbildung zur Pflegeassistenz oder eine zweijährige Ausbildung zur Pflegefachassistenz, bei der der Schwerpunkt entweder auf die Betreuung von älteren Personen oder von Menschen mit Behinderungen gelegt werden kann.

Auch Sundeep Khela ist Quereinsteiger, zuvor hat er in einer Bank gearbeitet. Dabei habe ihm aber das Zwischenmenschliche gefehlt: „In der Pflege kann man viel besser nachfragen, was den Menschen fehlt und welche Bedürfnisse sie haben.“ Es gehe nicht „nur um Putzen und Waschen“, sagt Schülerin Melven Chibole, sondern vielmehr auch um Aktivitäten und gemeinsame Zeit. „Viele fühlen sich alleine oder haben keine eigene Familie mehr. Durch uns fühlen sie sich weniger einsam.“

Interesse ist unterschiedlich stark

Aktuell befinden sich in Niederösterreich 4.350 Personen in Pflege- und Betreuungsberufen. Vor Beginn der Pandemie gab es durchschnittlich 60 Anmeldungen für den Pflege-Lehrgang in der SOB Biedermannsdorf, berichtet Mieder. Letzten Sommer waren es dann auf einmal nur mehr 18 Interessierte. Diesen Trend kann man in den Landespflegeschulen allerdings nicht bestätigen. Hier steige die Zahl der Anmeldungen aktuell sogar leicht, heißt es seitens der Landesgesundheitsagentur.