Chronik

Wölfe: Über 30 Individuen nachgewiesen

Wolfssichtungen nahe oder gar in Siedlungen, wie am Mittwoch in Schrems, sind in Österreich eine Seltenheit. Abseit menschlicher Infrastruktur wird der Wolf aber immer öfter beobachtet: 2022 wurden 70 bis 80 Wolfsindividuen nachgewiesen, heuer sind es bislang 33.

Seit Jahresanfang hat es bis knapp ins zweite Quartal hinein laut „Österreichzentrum – Bär Wolf Luchs“ in etwa 33 gesicherte Nachweise gegeben – und damit schon etwas mehr als jene 31 Tiere, die bis August 2022 registriert worden waren. Gesichert nachgewiesen wird der Aufenthalt eines Wolfs per DNA, außerdem gibt es Fotofallen. Eine gewisse Dunkelziffer bleibt naturgemäß, sagte Albin Blaschka, Geschäftsführer des „Österreichzentrums – Bär Wolf Luchs“.

Zur aktuellen Sichtung am Mittwoch in einem Siedlungsgebiet in Pürbach, einer Katastralgemeinde von Schrems (Bezirk Gmünd), betonte der Experte grundsätzlich: Wölfe wie diesen müsse man beobachten und das Verhalten analysieren, um dann auch entsprechend und rechtzeitig reagieren zu können. Er plädiert für einen pragmatischen Umgang: „Es ist eine gesellschaftliche Herausforderung. Trotz aller Emotion sollten sich alle Beteiligten auf eine fachlich fundierte Diskussion und auch solche Maßnahmen einlassen.“

Junge, unerfahrene Tiere verlassen Stammrudel

„Wölfe sind Wildtiere und haben Scheu vor Menschen. Sie sind aber auch intelligente Tiere und können zwischen der Anwesenheit von Menschen und menschlicher Infrastruktur unterscheiden“, merkte der Wildtierexperte an. Aktuell sei zudem jene Jahreszeit im Entwicklungszyklus der Wölfe, in der jüngere, unerfahrene und dadurch wohl auch neugierigere Individuen ihr angestammtes Rudel verlassen und sich ein eigenes Gebiet suchen. „Diese jüngeren Wölfe ziehen jetzt herum.“ Generell sei mit einem häufigeren Auftauchen zu rechnen: „Die Zahl der Wölfe steigt, damit steigt auch die Zahl der Sichtungen“, gerade im dicht verbauten Österreich.

Grafik zeigt Verbreitung von Wölfen und Bären in Östereric
Grafik: APA/ORF; Quelle: Österreich Zentrum Bär Wolf Luchs

Sieben Rudel wurden bisher österreichweit per genetischem Nachweis festgestellt, vier davon im nordwestlichen Niederösterreich. Jenes im Bereich von Allentsteig (Bezirk Zwettl) ist dort seit 2016 ansässig, jenes bei Gutenbrunn (Bezirk Zwettl) hält sich vermutlich das dritte Jahr dort auf. Dazu komme im Norden Österreichs ein weiteres im Dreiländereck Böhmerwald, von diesem gebe es aktuell aber keinen Nachweis auf heimischem Gebiet, berichtete Blaschka.

Im Süden gelten zwei Rudel in Kärnten als gesichert, eines beim Hochstadel an der Grenze zu Osttirol, ein weiteres rund um den Kreuzeck. Für mehrere weitere Rudel in der Kärntner Region stehe der gesicherte Nachweis noch aus, es gab aber mehrfach Hinweise.

100 Kilometer in 24 Stunden: Tiere auf Durchreise

Auf eine exakte Zahl „festnageln“ kann man den herumstreifenden „Beutegreifer“ offenbar ohnehin schwer: Zu bedenken sei, dass Wölfe große Strecken innerhalb kurzer Zeit bewältigen. „Wenn es ein Wolf darauf anlegt, kann er in 24 Stunden bis zu 100 Kilometer zurücklegen“, sagte Blaschka.

Aus den italienischen Alpen zuwandernde Tiere etwa, die einen großen Teil der „heimischen“ Population ausmachen, könnten demnach in der Früh am Brenner auftauchen und am Abend schon fast im deutschen Allgäu sein. Die bis zu 80 Tiere, die im gesamten Jahr 2022 nachgewiesen wurden, seien dementsprechend nicht alle gleichzeitig hier aufhältig gewesen, sondern vielfach auf Wanderschaft oder überhaupt der Durchreise gewesen.