1963 eingerichtet, übersiedelte das damals noch junge Militärkommando Niederösterreich fünf Jahre später von Wien nach St. Pölten – in die Hesserkaserne. Der Umzug war insofern ungewöhnlich, als dass das niederösterreichische Militärkommando damit österreichweit das einzige war, das nicht in einer Landeshauptstadt angesiedelt war. Dass St. Pölten 1986 zur Landeshauptstadt Niederösterreichs ernannt wurde, sei „unter anderem auch auf das Bundesheer zurückzuführen“, zeigte sich Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) bei der Jubiläumsfeier am Mittwochabend am St. Pöltner Rathausplatz überzeugt.
Stadler zufolge sei es „gerade das Militärkommando Niederösterreich“ gewesen, das „neben anderen Institutionen wie der Gebietskrankenkasse schon damals Flagge gezeigt hat und unsere Position auf dem Weg zur eigenen Landeshauptstadt gefestigt und begünstigt hat“. In der Hesserkaserne ist das Militärkommando auch heute noch untergebracht. Rechnet man alle Bataillone Niederösterreichs zusammen, sind dort laut Auskunft des Verteidigungsministeriums mehr als 1.200 Menschen: knapp 300 Berufssoldatinnen und -soldaten, fast 400 Grundwehrdiener sowie mehr als 540 Zivilbedienstete.
Mehr als 60 Assistenzeinsätze in 60 Jahren
Zur Jubiläumsfeier blickte Michael Lippert, Niederösterreichs stellvertretender Militärkommandant, auf bewegte Jahrzehnte zurück, unter anderem auf mehr als 60 Assistenzeinsätze: „Die Einsätze reichten von Hochwasser, Schnee und Grenzschutz über Waldbrand, Atomunfall, Zugsunglücke und Unterstützung der Polizei mit Panzern bis zu Covid.“ Er mache sich „für die nächsten 60 Jahre keine Sorgen, dass uns die Aufträge ausgehen werden“.
Von den Einsatzgebieten konnte sich am Mittwoch auch die Bevölkerung ein Bild machen konnte: sowohl historisch bei einer Fotoausstellung als auch aktuell inmitten von Bundesheer-Fahrzeugen, die über den gesamten Rathausplatz verteilt zugänglich waren. Dass nationale Bundesheerthemen sowie Militärschauen auf Bundesgebiet nicht ohne Anspielungen und Bezüge auf den Krieg in der Ukraine vonstatten gehen können, wurde trotz der Jubiläumsstimmung auch bei den Festreden deutlich.
„Quo vadis Europa?“
Durch einen Krieg auf europäischem Boden sei das Militär allgemein wieder mehr ins öffentliche Bewusstsein gerückt, war bei der Jubiläumsveranstaltung immer wieder zu hören – auch in der Festansprache von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP). Sie fragte: „Was hilft es, wenn wir die Gerätschaften und hoffentlich auch das qualifizierte Personal haben, wenn wir nicht wissen, was wir zu verteidigen haben?“ Sie appellierte, auch für die „geistige Landesverteidigung" einzutreten“ und „für die Werte, die wir so lange Zeit als selbstverständlich betrachtet haben: Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Menschlichkeit.“
Auch Bürgermeister Stadler stellte eine Frage: „Quo vadis Europa?“ (Wohin gehst du, Europa; Anm.) – in Anlehnung an eine Kunstinstallation am St. Pöltner Rathaus mit ebenjener Aufschrift. „Ich wünsche uns für die nächsten Jahrzehnte eine so gute Zusammenarbeit, dass wir alle Herausforderungen und Krisen bewältigen und dass uns vor allem der Friede in Europa erhalten bleiben möge.“
Ungewöhnlich friedlich für eine Feldpoststelle waren wohl die Botschaften, die von Gästen bei dem am Mittwoch vom Bundesheer eingerichteten Feldpostamt aufgegeben werden konnten. Jubiläumsjubel auf österreichischem Boden und Besorgnis über Entwicklungen im Ausland liegen gerade beim Thema Verteidigung dicht beisammen.