ABD0056_20230615 – ST. P…LTEN – …STERREICH: ++ THEMENBILD ++ Illustration zum Thema Mšbelkette Kika / Leiner aufgenommen am Donnerstag, 15. Juni 2023, in St. Pšlten. – FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
APA/HELMUT FOHRINGER
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Wirtschaft

Insolvenzverwalter: „Jobgarantie gibt es nicht“

Die Möbelkette kika/Leiner will laut Insolvenzverwalter Volker Leitner mit rund 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in die Zukunft gehen. In Stein gemeißelt ist die Zahl nicht: „Eine Jobgarantie gibt es in einem Insolvenzverfahren nicht“, sagte der Jurist bei einer Pressekonferenz.

Masseverwalter Volker Leitner stellte sich am Donnerstag in St. Pölten den Fragen der Medien und sorgte dabei für Missverständnisse in Bezug auf den Mitarbeiterabbau. Der Jurist kündigte an, dass von den 3.296 Beschäftigten im Möbelhaus etwa 1.300 Job gestrichen werden. Nicht um ihren Arbeitsplatz bangen müssten laut Leitner jene rund 600 Personen, die bei den – nicht insolventen – Gastrogesellschaften beschäftigt sind, hieß es am Vormittag.

Ein Sprecher der kika/Leiner-Gruppe bestätigte am Nachmittag auf Anfrage, dass die Gastromitarbeiterinnen und -mitarbeiter zwar nicht von der Insolvenz betroffen sind, aber trotzdem abgebaut werden. Der Möbelkonzern streicht damit wie bisher angekündigt etwa 1.900 Arbeitsplätze, etwa 2.000 Beschäftigte sollen nach der Umstrukturierung im Unternehmen verbleiben.

Den Mitarbeitern von kika/Leiner sei das Gehalt bis Ende Mai bezahlt worden. Offen an Insolvenzforderungen und anmeldbar beim Insolvenzentgeltsicherungsfonds seien daher die Zahlungen von 1. Juni bis zur Eröffnung des Sanierungsverfahrens am 13. Juni, die mit „nicht allzu großer Verspätung“ überwiesen werden dürften. Ab 14. Juni, also im Massezeitraum, „werden die Entgeltansprüche wieder pünktlich bezahlt, zur Gänze aus der Fortführung“.

Fortführung von „110 Jahren Tradition“

Bei den 23 Filialschließungen sind laut Leitner keine Änderungen geplant, hier soll das bestehende Konzept im Sanierungsverfahren umgesetzt werden. „Das Unternehmen mit 110 Jahren Tradition“ soll „weitergeführt werden mit den verbleibenden 17 Filialen. Man kann nur hoffen, dass das alles auch gelingt.“ Beabsichtigt sind die Filialschließungen im Zeitraum von 15. Juni bis 15. August, voraussichtlich nach dem nun laufenden Abverkauf. Hinsichtlich Kündigungsfristen wird im Schnitt mit drei Monaten gerechnet.

ABD0039_20230615 – ST. P…LTEN – …STERREICH: Pressesprecher Michael Slamanig und Insolvenzverwalter Volker Leitner am Donnerstag, 15. Juni 2023, anl. der PK mit dem Kika/Leiner-Insolvenzverwalter in St. Pšlten. – FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
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Insolvenzverwalter Volker Leitner stellte sich am Donnerstag den Fragen der Medien

Vorliegend sei „ein sehr plausibles Liquiditätskonzept, das auch die Fortführung gewährleistet“. Hinsichtlich der von den neuen Eigentümern Hermann Wieser und Supernova bereitgestellten Mittel wurde bei der Pressekonferenz von einem „hohen zweistelligen Millionenbetrag“ gesprochen. Bei einer Annahme des Sanierungsplans im Rahmen der Abstimmung am 25. September sei ein Verfahrensende „Mitte Oktober möglich“, blickte Leitner voraus.

Kein Kommentar über mögliche Insolvenzverschleppung

Zu Prüfungen der Vergangenheit sowie zu allfälligen daraus resultierenden Ansprüchen sagte der Insolvenzverwalter mit Verweis auf das nicht öffentliche Verfahren nichts Konkretes. Es werde aber selbstverständlich „genau geprüft, ob Ansprüche des Unternehmens gegen Dritte, gegen ehemalige Gesellschafter wie auch immer gegeben sind“. Nicht kommentiert wurden auch Fragen nach einer möglichen Insolvenzverschleppung bzw. zu etwaigen Steuerstundungen.

Während von Leitner in vielerlei Hinsicht also keine Zahlen genannt wurden, zitierte der „Kurier“ (Donnerstag-Ausgabe) aus der noch nicht veröffentlichten Bilanz der Leiner & kika Möbelhandels GmbH für das Geschäftsjahr 2021/22. Die Rede ist von einem Bilanzverlust von 130,7 Mio. Euro und Stundungen gegenüber dem Finanzamt in Höhe von 52,5 Mio. Euro.

Ins Treffen geführt werden vom „Kurier“ ebenso wie vom „Standard“ stark gestiegene Mietkosten für kika/Leiner. Von Signa wird das in einem der APA übermittelten Statement unterdessen bestritten. Seit der Übernahme 2018 sei es „zu keinen Erhöhungen der marktüblichen Mieten“ gekommen.

Kika/Leiner beschäftigt auch Politik

Generell beschäftigte kika/Leiner am Donnerstag weiterhin auch die Politik. „Auffälligkeiten gibt es mehrere, und denen wird jetzt auch nachgegangen“, sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am Rande einer Pressekonferenz in Wien. Die Gruppe Kika/Leiner und Rene Benko selbst haben offensichtlich eine „ganz schöne Rallye hingelegt, mit Pirouetten, die für andere nicht immer nachvollziehbar waren“, meinte Kogler.

„Ich bin guter Dinge, dass jetzt genau draufgeschaut wird, was überhaupt die Vorgänge sind“, so der Vizekanzler. Für ihn sei es „eine sehr, sehr gute Nachricht“, dass der Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, „der sich schon öffentlich zum Teil geäußert hat, aber noch lange nicht über alles, was er selber schon weiß und tut“, nun alles durchleuchte, damit die Ansprüche der Republik nun entsprechend geltend gemacht werden können. „Ehrlich gesagt, interessiert es mich auch, was damals vorgegangen ist.“

SPÖ fordert Lösung für Gastromitarbeiter

Die SPÖ-Tourismussprecherin Melanie Erasim forderte in einer Aussendung, dass es auch für die Angestellten in der Gastronomie Lösungen geben solle. Deren Arbeitgeber, die LeiKi GmbH, sei zwar nicht insolvent, aber von den Schließungen bei kika/Leiner „massiv betroffen“. Erasim fordert daher eine Arbeitsplatzgarantie für die Gastromitarbeiterinnen und -mitarbeiter. Leitner sah am Donnerstag die Lage für die Betroffenen nicht allzu düster. Es heiße nicht, „dass der Vermieter dann, nur weil kika/Leiner dort nicht mehr drinnen ist, das Restaurant nicht mehr geöffnet hat“.

Leitner zeigte auch Verständnis für die Unsicherheit der Kundinnen und Kunden. Sämtliche Gutscheine seien aber gesichert, diese können weiterhin eingelöst werden. „Dies ist deswegen möglich, weil von Eigentümerseite auf einem eigenen Fremdgeldkonto ein Betrag hinterlegt wurde, mit dem die Gutscheine bezahlt werden können. Über dieses Konto bin nur ich verfügungsberechtigt, als Insolvenzverwalter.“ Dadurch komme es auch nicht zu einer Schmälerung der Masse, so Leitner.