Baustelle Ehemalige Synagoge Frühjahr 2023
AHP GmbH
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Kultur

Ein neuer Ort der Erinnerung und Vermittlung

Die Ehemalige Synagoge in St. Pölten, die seit Herbst renoviert wird, soll ab April 2024 ein modernes Zentrum für Ausstellungen, Veranstaltungen und Geschichtsvermittlung werden. Der Umbau ist ein zentrales Projekt des Kulturschwerpunktes 2024 in der Landeshauptstadt.

Bei einer Baustellenbesichtigung wurde am Mittwoch über den aktuellen Stand der Umbau- und Renovierungsarbeiten in der Ehemaligen Synagoge in St. Pölten informiert. Martha Keil, wissenschaftliche Leiterin des Instituts für jüdische Geschichte Österreichs (Injoest) und der Generalplaner und Architekt Wolfgang Pfoser führten durch die Baustelle. 4,6 Millionen Euro werden in den Umbau investiert, das Geld kommt vom Nationalfonds der Republik Österreich, dem Bundesdenkmalamt, dem Land Niederösterreich und der Stadt St. Pölten.

Das Jugendstilgebäude, geplant von Theodor Schreier und Viktor Postelberg aus dem Jahr 1913, wird generalsaniert, rollstuhl- und kinderwagengerecht zugänglich gemacht und am 18. April 2024 wiedereröffnet. Im Kantorhaus, dem Nebengebäude der Synagoge, entstehen Räume für das Injoest und die Vermittlungsaktivitäten. Die zukünftige Nutzung regelt ein Bestandsvertrag zwischen der Israelitischen Kultusgemeinde Wien als Eigentümerin und der NÖ Museum Betriebs GmbH als Betreiberin des Standorts.

Mikl-Leitner: „Vorbild in der Welt sein“

„Wir bringen die Synagoge, ein historisches Gebäude mit einer unglaublichen Geschichte, auf die Höhe der Zeit“, sagte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). „Es geht darum, jüdische Geschichte in den Vordergrund zu rücken, zu verstehen, um am Weg nach vorne die richtigen Entscheidungen treffen zu können.“ In der Geschichte Österreichs gebe es ein „sehr dunkles Kapitel, das nie verloren gehen darf. Daran sollten wir uns immer erinnern, um nicht die gleichen Fehler nochmals zu machen“, so die Landeshauptfrau.

Visualisierung Ehemalige Synagoge nach der Renovierung
Architekt DI Wolfgang Pfoser ZT GmbH
So wird die Ehemalige Synagoge St. Pölten ab April 2024 aussehen

Niederösterreich sei mit dem Institut für jüdische Geschichte Österreichs, das seit 35 Jahren seinen Sitz in der Ehemaligen Synagoge hat, Vorreiter. Mikl-Leitner: „Ich denke, dass wir mit unseren Kulturangeboten und mit der Synagoge Strahlkraft entwickeln können, weit über die Grenzen Österreichs und Europas hinaus.“ Man könne mit der Erinnerungskultur Vorbild in der Welt sein.

Stadler: „Wichtig, neue Funktionen zu finden“

St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) sagte, er sei stolz darauf, dass die Synagoge in den 1980er-Jahren nicht weggerissen worden sei, „sondern, dass bereits damals umfassende Renovierungsarbeiten durchgeführt worden sind." Jetzt sei es an der Zeit gewesen, wieder die Weichen neu zu stellen, zu renovieren und neue Funktionen zu finden.

Auch die Landeshauptstadt setze viele Aktivitäten mit der Aufarbeitung dieses Kapitels der Geschichte. „2024 wird es eine umfassende Ausstellung zur NS-Thematik in der Stadt geben. Wir möchten außerdem alle jüdischen Baudenkmäler in die Zukunft bringen, da ist die Synagoge natürlich ein Kernbereich“, so der Bürgermeister.

Fotostrecke mit 9 Bildern

Synagogen-Besichtigung
ORF/Reinhard Linke
Die ehemalige Synagoge in Sankt Pölten wird seit Herbst des Vorjahres renoviert
Synagogen-Besichtigung
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Die Synagoge soll ein modernes Zentrum für Ausstellungen, Kulturveranstaltungen und Geschichtsvermittlung werden
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Der Umbau soll im kommenden Frühjahr fertig sein
Synagogen-Besichtigung
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Die Umbauarbeiten sind notwendig, um das Jugenstilgebäude langfristig zu erhalten
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Bei der Geschichtsvermittlung soll die jüdische Geschichte in den Vordergrund gerückt werden
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Die Renovierung kostet 4,6 Millionen Euro
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Die Wiedereröffnung ist für kommenden April geplant
Synagogen-Besichtigung
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Durch die Renovierung sollen auch barrierefreie Zugänge geschaffen werden
Synagogen-Besichtigung
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Finanziert wird die Renovierung jeweils zu etwa einem Drittel von Bund, Land und Stadt

Keil: „Ein Vermittlungsort für die nächsten Generationen“

Martha Keil, wissenschaftliche Leiterin des Injoest, sprach von einem „großen Fortschritt“ gegenüber dem früheren Status, wenn im April 2024 dieses Haus wiedereröffnet werde: „Mit der Renovierung und Adaptierung werden nicht nur notwendige bauliche Maßnahmen für eine nachhaltige Erhaltung dieses Jugendstiljuwels, sondern auch Maßnahmen für eine funktionelle und zeitgemäße Geschichtsvermittlung und Veranstaltungskultur gesetzt."

Allein zu wissen, dass diese eine der ganz wenigen Synagogen in Österreich als Baudenkmal und als Haus sicher ist, sei von „großer Bedeutung“. Vom Inhalt her müsse und werde es ein Haus sein, das „für alle bedeutungsvoll ist. Es ist kein neutrales Haus, es ist nicht nur ein schöner Veranstaltungsraum, sondern es hat eine ganz besondere Geschichte. Es ist ein einmaliges Haus, das keine Gemeinde mehr hat. Und diese Gemeinde ist unersetzbar, diese Geschichte ist unwiederbringlich verloren. Aber wir können sie erzählen und weitergeben. Es muss ein ganz großer Vermittlungsort für die nächsten Generationen sein“, unterstrich Keil.


v. l. n. r.: Konsul Herzel Edri in Vertretung von Botschafter Mordechai Rodgold (Staat Israel), Architekt Wolfgang Pfoser, Martha Keil (wissenschaftliche Leiterin Ehemalige Synagoge), Danielle Spera (Buchautorin und ehemalige Leiterin des Jüdischen Museum Wien), Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Bürgermeister Matthias Stadler, Klaus Hoffmann (Generalsekretär Israelitische Kultusgemeinde Wien)
NLK/Pfeffer
Beim Baustellenbesuch waren Konsul Herzel Edri, Architekt Wolfgang Pfoser, Martha Keil (Injoest), die Autorin Danielle Spera, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Bürgermeister Matthias Stadler und Klaus Hoffmann von der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (v.l.)

Klaus Hoffmann, Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, sagte, er sei sehr froh über die Sanierung der Ehemaligen Synagoge: „Wir freuen uns, wenn sie fertiggestellt sein wird. Die Erwartungshaltung ist jene, dass hier das Erinnern und Gedenken an die jüdische Gemeinde in St. Pölten aufrecht bleibt. Mit dem Kulturprogramm, das dann hier abgehalten wird, haben wir die Möglichkeit, um an die jüdische Geschichte und die Gemeinde zu erinnern.“